5. Dezember

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Aizawa hatte vielerlei Gründe, um den Winter zu hassen. Die kalten Nächte und eisig glatten Oberflächen waren nur ein paar davon. Tatsächlich fielen im momentan tagtäglich neue Gründe dafür ein. Er fühlte sich halberfroren, als er am nächsten Tag früh am Morgen zurück auf das Schulgelände kehrte. Dabei kam er nur langsam voran, weil er humpelte. Irgendwie hatte er es geschafft, bei der Verfolgung eines Verdächtigen auf den Dächern der Stadt auf eine rutschige Stelle zu treten und war abgestürzt, wobei er sich irgendwo den Kopf angeschlagen hatte. Erst vor ein paar Stunden war er wach geworden und hatte sich hochgekämpft. Nun wollte er einfach nur mehr zurück ins Warme und vor allem in sein Bett. Der Ärger über seine eigene Unfähigkeit stand im quer übers Gesicht geschrieben. Er hätte vorsichtiger sein müssen und darauf aufpassen, dass so etwas nicht passierte. Schließlich hätte es schlimmer ausgehen können, als es ohnehin der Fall war.

Seufzend sank er gegen die Wand im Wohnheim, um sich bei den letzten Metern zu seinem Zimmer abzustützen und sein Bein somit etwas zu entlasten. Bisher hatte ihn zum Glück niemand gesehen und er hoffte, dass es so bleiben würde. Er hatte nur kurz einen Blick auf sich selbst erhaschen können, als er die Spiegelung in der Glasscheibe der Tür gesehen hatte. Eigentlich hatte er schon schlimmer ausgesehen, doch sogar er empfand, dass er im Moment ein elendes Bild abgab. Zum Glück war Wochenende, und er hoffte, dass zumindest bis Montag die Schwellungen in seinem Gesicht abgeklungen waren, damit er normal vor seine Klasse treten konnte. Es würde wohl auch reichen, wenn er ihnen erst da erklärte, was Nedzu vorhatte. Bis dahin würde er sich einfach verkriechen und verstecken, so wie er es früher immer getan hatte.

Doch er kam nicht bis zu seinem Zimmer, bevor ihm seine Kräfte verließen und ihm schwarz vor Augen wurde. Ihm war furchtbar kalt, obwohl es im Wohnheim endlich wieder warm war und er die Schmerzen fühlte, die er dabei empfand, während seine eingefrorenen Gliedmaßen langsam auftauten. Natürlich war es nicht bei weitem so schlimm, doch es fühlte sich so an. Stöhnend ging er in die Knie und rutschte an der Wand zu Boden.

„Ach du meine Güte", erklang es plötzlich entsetzt in seiner Nähe, und Schritte näherten sich ihm. Er hatte allerdings keine Energie mehr dafür, seinen Kopf zu heben, um zu sehen, wer auf ihn zukam. Stattdessen hüllte ihn Dunkelheit ein und er verlor das Bewusstsein.

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Als Shota langsam wieder zu sich kam, war er bedeckt von einem Berg an Decken, die ihn mehr oder weniger bewegungsunfähig machten, aber dafür gesorgt hatten, dass ihm wieder wärmer wurde. Auch eine Wärmeflasche lag auf seiner Brust, die eine angenehme Wärme ausstrahlte, die sich langsam durch seine Gliedmaßen zog. Grummelnd versuchte er seinen Kopf zu heben, doch ein stechender Schmerz hinderte ihn daran.

„Du solltest dich nicht zu viel bewegen. Warte erst einmal, bis du wieder eine normale Körpertemperatur hast", erklärte jemand neben ihm, der plötzlich seine Hand auf seine Wange legte, die wie eine Heizdecke wirkte, aber nicht unangenehm war. Kurz schloss Aizawa seine Augen und seufzte entspannt. „Hast du Schmerzen?", fragte die Stimme.

Vorsichtig versuchte Shota zu nicken, doch sein Kopf schmerzte dabei so höllisch, dass ihm Tränen in die Augen stiegen. „Sh ... alles wird gut", tröstete ihn die Stimme und strich sanft über seine Stirn, „was ist nur passiert, dass du so unvorsichtig gehandelt hast?" Auch wenn es nicht nach einem Vorwurf klingen sollte, hörte es sich für den Dunkelhaarigen genauso an.

Obwohl es wehtat, versuchte er seinen Kopf zu drehen. Sein Blickfeld war verschwommen, doch er konnte Toshinori erkennen, der sich über ihn beugte, und vorsichtig unter seine Decke fasste, um die Wärmeflasche auszuwechseln. Dabei konnte Shota genau fühlen, dass er kein T-Shirt trug, denn er spürte die zarten und warmen Finger seines Kollegen direkt auf seiner Haut. Diese Berührung ließ ihn kurz seufzen, was ihn von Yagi einen besorgten Blick einbrachte.

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