Stunde 20

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Schwach und benommen vernahm er Stimmen um sich herum. Stimmen, die er nicht kannte und eigentlich auch nicht kennen wollte. Sein Körper brannte wie Feuer, besonders an den Armen und er fühlte eine unverkennbare Schwere, die an ihm klebte wie nasse Kleidung. Verwirrt versuchte er, sich aufzusetzen, doch seine Hände und Füße, sogar sein Oberkörper war mit einem schneidenden Seil festgebunden worden. Er konnte sich kaum rühren.
Langsam wurde seine Sicht klarer und erblickte über sich eine grelle Lampe, so dass Shin'ichi mehrmals blinzeln musste, bevor er einigermaßen auch die Umrisse des Strahlers erkennen konnte. Keine zwei Sekunden später beugte sich eine Gestalt über ihn und verdeckte den hellen Schein. Es war ein breitschultriger Mann, der so sehr grinste, dass man meinen könnte, er wolle damit einen Wettbewerb gewinnen.
„Na, wieder wach?", fragte er höhnisch und lachte auf.
Shin'ichi starrte den Mann an und langsam erkannte er sein Gesicht. Es war dieser Jun Mikoshiba, der vor ein paar Wochen bei dem Coup von Kaito dabei war.
Kaito...
Wie es ihm wohl ging? Hatten sie mit dem Dieb dasselbe angestellt wie mit ihm?
Bei dem Gedanken lief ihm eine Gänsehaut über dem Rücken. Irgendwie machte es ihm Angst, dass Kaito etwas passiert sein könnte. Er malte sich alle möglichen Szenarien aus, was in der Zwischenzeit, während er hier gelegen hatte, geschehen sein könnte. Eine schlimmer als die andere.
„Hat es dir die Sprache verschlagen?", fragte Mikoshiba.
Shin'ichi biss sich auf die Lippe, bis sie blutete.
„Warum... sind wir hier?", fragte er heiser und starrte Mikoshiba scharf an. Was ihm jedoch mehr schlecht als recht gelang, da seine Sicht verschwamm und er wieder blinzeln musste. Auf seiner Stirn war er komplett verschwitzt.
Das stetige Grinsen auf dem Gesicht vor ihm machte ihn verdammt wütend.
„Weil es hier Leute gibt, die sich bei euch rächen wollen", meinte er. „Überleg doch mal, was du vor ein paar Monaten angerichtet hast. Du hast nicht nur eine der größten Organisationen, die im Untergrund gearbeitet hat zerstört, sondern auch das Leben derjeniger, die dort gearbeitet haben. Und genauso hat es auch dieser vermaledeite Dieb gemacht. Und deshalb seid ihr hier. Weil wir Rache wollen. Schließlich seid ihr Schuld an diesem ganzen Schlamassel."
Rache...
Na klar. Es war logisch, dass diese Typen Rache an ihnen nehmen wollten. Und wie es im Moment aussah, würde es auch nie einen Ausweg geben. Niemand Bekanntes von Shin'ichi wusste wo er war und er hatte auch niemanden von seinem kleinen „Ausflug" erzählt, da er keinen beunruhigen wollte.
Und Kaito hatte es wahrscheinlich auch nicht getan. Immerhin hätte er damit seine Identität als Dieb in Gefahr gebracht.
Moment... Hatte Mikoshiba nicht gerade gesagt, dass Kaito ebenfalls eine Organisation zerstört hatte? War er deshalb zu einem Dieb geworden? Weil er diese Organisation zerstören wollte? Das würde zu mindestens Sinn machen...
„Und? Hast du noch irgendetwas dazu zu sagen?", fragte Mikoshiba.
„Ihr Typen... sprecht die ganze Zeit von Rache", stieß Shin'ichi hervor. Es kostete ihm viel Kraft zu sprechen. Mittlerweile war er wieder fast davor, dass Bewusstsein zu verlieren. Seine Arme brannten immer noch höllisch. Er wusste genau, was mit ihm passiert war, bevor er geschlafen hatte. „Dabei... denkt ihr nur an... euch selbst. Aber... diese Organisation... musste aus einem... bestimmen Grund... zerstört werden... bevor sie..."
Seine Augen klappten zu und sein Kopf kippte zur Seite. Shin'ichi blieb reglos liegen.

„Jii...", murmelte Kaito und starrte den jungen Mann an. Dieser lächelte leicht und es war definitiv das Lächeln seines Assistenten.
„Was machst du denn hier?", wollte der Oberschüler wissen.
„Auch wenn Ihr gesagt habt, dass Ich euch dieses Mal nicht helfen sollte, da es zu gefährlich wäre, habe ich mir trotzdem die Freiheit genommen und Euch eine kleine Überwachungskamera an den Rucksack gesteckt."
„Du bist wirklich unverbesserlich", meinte Kaito, fühlte jedoch aber auch etwas erleichtert, dass Jii sie gefunden hatte.
„Hast du eine Idee, wie wir hier rauskommen?", flüsterte Kaito und Jii lächelte, bevor er auf einen Knopf zeigte, Kaito ebenfalls grinste und Jii ihn abdrückte.
In weniger als einer Sekunde rangen sämtliche Alarmglocken und weißer Nebel stieg aus den Ritzen der Wände hervor.
„Jii, wo ist Shin'ichi?", wollte Kaito wissen und rannte los, den Gang hinunter.
„Gleich die nächste links und dann die Tür ganz hinten am Gang", sagte Jii.
Kurz bevor Kaito um die Ecke biegen wollte, hörte er Stimmen und blieb abrupt stehen. Er presste sich an die Wand und hielt Jii mit seinem Arm zurück.
„Verflucht... was ist hier los?", fragte eine Stimme.
„Anscheinend brennt es, raus hier!", rief jemand.
„Chef, was ist mit dem Gefangenen?", wollte jemand wissen.
„Lasst ihn liegen, der rührt sich eh nicht mehr", meinte der Chef und die Schritte entfernten sich.
Kaito begann zu zittern. Shin'ichi... rührte sich nicht mehr?
Doch bevor er überhaupt richtig nachdenken konnte, rannte er weiter und beachtete die Personen, die ihm entgegenkamen gar nicht. Er wollte einfach nur diese Tür am Ende des Ganges erreichen.
Er streckte die Hand aus, riss die Tür auf und fand dort...

... eine Gestalt auf einem Tisch, die sich nicht bewegte.
„Shin'ichi!", rief Kaito und stolperte zu diesem Tisch hin. Seine Arme waren verbunden und er war festgebunden. Wütend und schaudernd biss sich Kaito auf die Lippe.
„Ich habe sie ihm verbunden", meinte Jii, der hinter Kaito in den Raum gekommen war. „Allerdings war ich nicht... von Anfang an dabei um es verhindern zu können..."
„Hey, Shin'ichi, komm schon", murmelte Kaito und fühlte schon fast benommen seinen Puls.
„Er lebt noch", flüsterte er erleichtert und begann, die Fesseln von ihm zu lösen. Jii begann ebenfalls an ihnen herumzureißen. Kaum ein paar Minuten später waren alle Fesseln los und Kaito setzte Shin'ichi vorsichtig auf. Er rüttelte ein wenig an ihm, doch er schien noch immer bewusstlos zu sein.
„Junger Herr, der Nebel lichtet sich, wir müssen hier weg", meinte Jii und spähte durch die Tür.
„Ist gut", meinte Kaito und nahm Shin'ichi nun Huckepack. „Dann los jetzt."
Jii nickte und rannte hinaus in den Gang. Kaito folgte ihm. Nicht jedoch ohne vorher einen Blick über seine Schulter auf Shin'ichi zu werfen. Er musste sofort in ein Krankenhaus.

24 Stunden mit Kaito KIDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt