|Elf|

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Das leise Plättchern des Wassers hallte durch den Raum und durchbrach die Stille. Durch die gleichmäßige Bewegung war das Wasser durchgängig in Bewegung und blieb nicht still. Immer wieder wurde aus dem Becken gedrängt und durch Rillen im Boden zum Filtersystem gebracht. Das verlorene Wasser wurde zeitgleich mit neuem ersetzt. Es war ein regelmäßiger Kreislauf, der nur unterbrochen wurde, wenn man es stoppte. Ebenfalls wurde es ruhiger, wenn der Schwimmer aus dem Wasser ging.

Jonas trat in den Raum hinein, der vor kurzem von einem Lagerraum zu einem Schwimmbad umgebaut wurde. Im Schlepptau hatte er einen Tiger-Jungen, der sich ihn als Kreon vorgestellt hatte. Doch mit reinen Blicken konnte er die Aktivität seines Bruders im Wasser nicht aufhalten.
„Da ist er. Viel Spaß, ihn daraus zu holen. Das klappt nur selten. Selbst unsere Väter haben Probleme dabei. Ich muss los, mein Gefährte wartet.“

So stand Kreon nun allein am Eingang des Raumes und beobachtete genau mit einem Glitzern in den Augen die eleganten Bewegungen seines Gefährten. Marius bewegte sich mit einer schnellen aber genauen Handlungen im Wasser, ohne ein Zeichen von Schwäche zu zeigen. Kreon erkannte innerhalb von Sekunden, dass das Wasser und er wie Eins waren. Sie waren keine Feinde, sie waren Verbündete. Nein! Viel mehr! Sie gehörten genau zusammen, wie zwei Puzzleteile, die sich gegenseitig perfekt ergänzten. Dies wurde nur durch Jonas' Aussage verstärkt. Diese Verbindung war einzigartig.

Langsam ging der Tiger näher zum Beckenrand und setzte sich kurz vor dem Auffangsystem mit den Rillen hin. Dort lagen auch schon eine Trinkflasche und ein Handtuch, welche wahrscheinlich von Marius dort hingelegt wurden. Doch er konnte seinen Blick von diesem Omega nicht anwenden. Für einen Omega war sein Körperbau speziell. Anders als andere Omegas ist eher muskulös als zierlich. Zwar hatte er kein Sixpack, aber man konnte einige Muskeln trotzdem gut erkennen. Speziell um sein Schulterblätter waren sie besonders trainiert, was an dem regelmäßigen Schwimmen lag. Dazu war er mit seinen 167 Zentimetern relativ groß. Dies lag an seinem Dämon, welcher viel zu stark für den Wolf war – Muskelkraft gegen Herz.

Er hatte sowas nicht erwartet. Ebenfalls dachte er auch nicht, dass er direkt bei seinem ersten Besuch seinen Mate beim Schwimmen erwischte. Irgendwie war die Realität immer anders, als er es sich vorgestellt hat.

Nach einigen Minuten stoppte Marius am Beckenrand, um richtig Luft zu schappen. Die konstante Leistung forderte ihre Energie und sein Körper den Sauerstoff. Sein Hals hingegen wollte etwas Trinkwasser in sich haben, da Chlorwasser nicht das leckerste ist. Dann blickte er hoch und sah dem Tiger direkt in die Augen.

„Tut mir leid, dass ich dich nicht bemerkt habe. Musstest du lange warten?“
„Alles gut. Es war irgendwie beruhigend, dir beim Schwimmen zuzusehen. Es sah echt wunderbar aus – voller Eleganz und Grazie. Sowas sieht man nur selten.“
„Danke. Das Schwimmen habe ich von meinem Vater. Es hilft mir, meine Gedanken zu ordnen, und beruhigt mich.“

Marius stemmte sich mit den Armen auf dem Beckenrand und setzte sich neben Kreon. Er wollte ihn zur Begrüßung umarmen, doch der Tiger-Wandler fauchte ihn an und nahm etwas Abstand.

„Wehe, du machst mich nass! Dann gibt's Ärger!“, drohte Kreon, was Marius lächeln ließ.
„Wie eine Katze.“
„Was soll das denn heißen?!“
„Dass wir alle wie unsere inneren Wesen sind. Du verabscheust wie viele Katzen Wasser. Ich hingegen möchte gerne meine komplette Kraft nutzen, indem ich sie gleichmäßig aufteile – wie ein Wolf.“
„Verstehe. Aber du hast Recht. Ich liebe zwar kuscheln, aber bleib bloß weg mit Wasser! Du kannst gerne weiterhin schwimmen, aber mich kriegst du nichtmal in eine Pfütze!“
„Okay. Danke für das Verständnis.“
„Du musst dich doch nicht dafür bedanken. Das ist doch selbstverständlich.“
„Leider nicht für jeden.“
„Warum bist du eigentlich wie ein Geisterkranker ohne Ende weiter geschwommen, obwohl deine Kraft fast weg war?“

Marius seufzte. „Harold und Mino sind komplette Gegenteil. Während Harold so sanft wie Wasser ist, ist Mino so zerstörerisch wie Feuer. Ständig streiten sie sich in mir solange, bis sich einer zurückzieht. Es ist jeden Tag das Gleiche. Irgendeine Kleinigkeiten, die eigentlich komplett neutral und unwichtig ist, löst einen riesigen Streit zwischen den Beiden aus. Das Schlimme dabei ist, dass ich sie nicht beruhigen kann. Nie hören sie mir zu und zerstören Stück für Stück die Verbindung zwischen uns Dreien. Mino akzeptiert die Schwäche eines Omegas nicht. Harold hingegen hasst die Arroganz von Mino. Irgendwann kommt auch der Punkt, wo es mir zu viel wird. In diesen Fällen gehe ich immer schwimmen, was sich in den Jahren immer weiter gehäuft hat. In diesen Momenten spüre ich das Schuldbewusstsein von beiden Seiten. Sie wollen mich Beide schützen, aber keiner von ihnen kann über seinen Schatten springen. Ich bezweifle, dass es sich so schnell ändern wird. Wahrscheinlich muss irgendwas gravierendes passieren, wobei sie zusammen arbeiten müssen. Ansonsten wüsste ich nicht, wie ich diesen kriegähnlichen Streit auflösen kann.“

[805 Wörter]

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Hmmm...

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