|Achtzehn|

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„Komm, Juli“, hetzte Helena. „Sonst verpassen wir die Löwen-Fütterung!“
„Aber danach müssen wir unbedingt zu den Robben.“
„Ja, machen wir. Aber jetzt sind die Löwen dran.“

Gerade pünktlich kamen die Zwillinge an und sahen sich die Show an. Die Tierpflegerin konnte gut mit den Löwen umgehen und die Löwen waren gut trainiert.

Sie waren ohne ihre Familie und Freunde im Zoo und nutzten ihr Geburtstagsgeschenk von Patrick und Felix vollkommen aus. Nichts konnte ihre Freude stoppen. Nur wegen ihren knurrenden Mägen mussten sie eine kurze Pause einlegen, aber danach ging es direkt weiter. Trotzdem machten sie einen Bogen um das Insekten-Haus. Auf diese konnten die Zwei wirklich verzichten.

Wer mag denn bitteschön Spinnen? Einfach nur wiederlich die Dinger und ein Grund, nicht ins Saarland zu reisen. Einige Spinnen dort sind einfach riesig und wortwörtlich Monster.

„Schau Mal, Hel! Der Streichelzoo ist offen. Die sehen so fluffig aus. Dort müssen wir rein!“

Die nächste Aktion würde Maximilian als 'Power-Kuscheln' betiteln. Die Zwillinge konzentrierten sich voll und ganz auf die Ziegen, Schafe, Ponys und Kaninchen. Obwohl sie die Ältesten im Streichelzoo neben den Wärter:innen waren, interessierte es ihnen nicht.

„Wie süß ist denn die Ziege“, sagte eine kleine Tigerin, die sich zu Helena gesellte.
„Ja und super flauschig. Fühl Mal!“
„Ultra flauschig!“

Die Ziege wirkte überfordert und ging kurz darauf weiter. Trotzdem unterhielten sich das Tiger-Mädchen und die kleine Omega angeregt über die Ziege.

„Wie heißt du eigentlich? Mein Name ist Helena.“

„Ich heiße Caitlynn.“

~~~

Julius lenkte sich derweil mit einem Pony ab und flocht die Mähne zu kleinen Zöpfen. Allerdings hatte er keine Haargummis mit, sodass sie als lose Strähnen wieder auseinander fielen. Das Pony blieb aber ruhig. Dazu strich er sanft über den Rücken des Ponys, was das kleine Pferd ziemlich mochte. Doch dann stoppte er, weil ein sanfter Geruch in seine Nase kam. Er hatte schon eine Vermutung und diese wurde auch von Dario, seinem inneren Wolf, bestätigt. Sein Gefährte war in der Nähe.

Dario wurde unruhig, was sich teilweise auf Julius übertrug. Er stand auf und verließ den Streichelzoo. Sein Blick ging hin und her. Unbedingt wollte er seinen Gefährten entdecken.

Dann saß er da alleine auf der Bank.

Ein Gamma.

Erst wenige Meter bevor Julius sein Ziel erreicht hatte, drehte sich der Gamma in seine Richtung. Seine Augen wirkten so leer, aber sein restliches Gesicht war erstaunt. Allein dies warf viele Fragen in den Kopf von Julius. Aber er ging näher zu ihm. Es dauerte nicht lange und er stellte sich vor dem Gamma und umarmte ihn. Dieser blieb sitzen, umarmte ihn zurück und vergrub sein Gesicht in Julius' Brust.

Das Gefühl seinen Gefährten zum ersten Mal im Arm zu halten war wunderbar. Daran könnte sich der Omega direkt gewöhnen. Dazu roch der Gamma so wunderbar nach frischen Blumen.

Dann lehnte sich Julius etwas nach hinten und beäugte den etwa gleichaltrigen Wolf genauer. Die etwas zu große Nase, die langen dunklen Wimpern, die schmalen kussbaren Lippen, die dunkelbraunen Augen, welche kaum Gefühle verraten, und buschige Augenbrauen formen das wunderbare ovale Gesicht. Julius kam kaum aus dem Starren raus. Erst als es ihm richtig bewusst wurde, merkte er die viele Spucke in seinem Mund. Diese schluckte er mit roten Wangen beschämt runter.

„Ähm...“ Was sollte er denn jetzt nur sagen? Sein Kopf war wie leer gefegt.

„Echt niedlich“, murmelte der junge Gamma, welcher seine Arme weiterhin um seinen Gefährten liegen hatte. Allerdings wurden Julius' Wangen nur noch rötlicher und er legte sein Gesicht in die Halsbeuge des Gammas. Beruhigend strich der größere Wolf über seinen Rücken.

„Juli!“ Direkt sah Julius hoch, als er seine unzufriedene Zwillingsschwester hört. „Du weißt doch, dass Dad nicht möchte, dass wir uns trennen! Warum sagst du mir denn nicht mindestens bescheid, wenn du irgendwo hingehst? Es war schon riskant genug, dass wir alleine in dieser Situation hier hin durften! Das weißt du!“
„Ich weiß, Hel. Ich hab nicht drüber nachgedacht. Aber dafür kann ich dir jetzt meinen Mate vorstellen.“
„Oh, hi. Ich bin Helena, der Zwilling von Julius.“
„Hey, mein Na--“

Ein greller Schrei unterbrach ihn und alle drei machten sich direkt in Alarmbereitschaft. Es dauerte nicht lange und sämtliche Personen rannten in ihre Richtung. Helena griff nach der Hand von Julius und wollte direkt mit ihm losrennen. Allerdings wollte ihr Bruder seinen frisch gefundenen Gefährten nicht verlassen.

„Wir müssen weg von hier! Jetzt!“
„Aber ich will ihn nicht verlassen, nur weil er kämpfen muss.“
„Juli, wir wissen nicht, wer unser Feind ist!“
„Alles gut, Julius. Ich werde nachkommen, für dich“, sagte der Gamma sanft. „Versprochen.“

Mit diesen Worten musste er leider den Omega von sich wegdrücken. Dies nutzte Helena direkt aus und zog ihren Zwilling hinter sich her.

„Wir sehen uns wieder!“, schrie Juli noch, aber war dann aus dem Sichtfeld des Gammas, dessen Namen er weiterhin noch nicht kannte.

Das Rennen waren die Omegas nicht gewöhnt und auch ihr Körperbau war dafür nicht gerade geeignet. Dazu haben sie es irgendwie geschafft, sich zu verlaufen. Sie konnten nur raten, wo sich der Ausgang befand. Mist! Sie hätten ihre Rucksäcke nicht vor dem Streichelzoo ablegen sollen!

„Wo lang jetzt?“, fragte Helena.
„Keine Ahnung, aber ich brauche eine Pause.“
„Ich auch, aber wir müssen weiter.“
„Hörst du das?“
„Was?“
„Versteck dich und sei ruhig!“

Irgendwie konnten sie sich hinter einigen Getränkeautomaten und einem Container verstecken. Dahinter waren viele leere Aluminium-Dosen, welche alle benutzt, zertreten oder nur noch in Kleinteilen dort lagen. Auch Taschentücher und Verpackungen stapelten sich hier. Trotzdem war es für die wenige Zeit ein gutes Versteck.

Die Zwillinge versuchten ruhig zu bleiben, aber das Adrenalin floss durch ihren Körper. Julius wagte einen Blick zwischen zwei Automaten. Dort standen mindestens ein dutzend komische Monster, die er noch nie gesehen hatte.

Doch das war nicht das schlimmste.

Das schlimmste war, dass eines der Monster ihm direkt in die Augen blickte.

[971 Wörter]

Wolves & TigersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt