Severus
Töricht war ich damals anzunehmen der Dunkle Lord wäre die richtige Entscheidung. Spätestens als er mir nahm, was mir am wichtigsten war, wusste ich, er war es sicher nicht. War es ein leichtes Ziehen in der Region, wo sich mein Herz befinden musste, als Lily sich für ihn entschieden hatte, war es nun, als hätte jemand in meinen Brustkorb gegriffen und es herausgenommen. Dachte ich vorher ich wüsste was Schmerz bedeutet, so hatte ich mich geirrt.
Den Verlust der einzigen Person, die mich je so akzeptiert hatte wie ich war, konnte ich nicht einfach so in Kauf nehmen. Doch auch wenn es schien, als hätte der dunkle Lord verloren und sei gefallen, so zweifelte ich nicht daran, dass wenn jemand eine Möglichkeit finden würde zurückzukommen, ganz sicher er es war. Und ich musste bereit sein.
Das Bündel, was er zurückließ, was mich mit den Augen ansah, die immer nur Wärme für mich hatten, musste jedoch beschützt werden. Auch wenn ich dieses kleine unschuldige Wesen kaum ansehen konnte - war er doch der Grund, warum Lily mir genommen wurde - wusste ich, er musste in Sicherheit gebracht werden. Außerdem hatte er ihre Augen. Er war ihr Fleisch und Blut. Nichts durfte ihm je geschehen. Das war ich ihr schuldig.
"Niemand darf es erfahren," presste ich heraus.
"Aber Severus..." Albus bedachte mich mit einem nachdenklichen Blick.
"Niemand!" zischte ich. Ich wollte nicht als Retter dastehen. Als guter, der das Kind gerettet hatte. Er sollte nicht wissen, dass ich mich sorgte. Niemand sollte es. Albus schien mir den Wunsch anzusehen, denn er nickte lediglich.
Ich hasste es, dass er so sehr wie sein Vater war. Brachte sich ständig in Gefahr. Nur Unfug im Kopf hatte dieser Bengel. Und doch. Nicht nur einmal bewahrte ich ihn davor etwas allzu dummes zu machen. Immer ein Auge hatte ich auf ihn gerichtet. Verfolgte seine Taten und war da, wenn er Hilfe brauchte - aber nie so dass er es sah. Er verachtete mich. Wie es beinahe jeder tat. Doch hatte ich dies nicht provoziert? Ich wollte nicht gemocht werden. Wollte nicht beliebt sein. Alle Emotionen musste ich verschließen, Gefühle unterdrücken. Denn sie machten einen nur verletzlich. Sie zeigten Schwäche. Nie wieder wollte ich schwach sein. Und bei dem was vor uns lag, konnte ich es mir nicht erlauben, Schwäche zu zeigen. Und so absurd es klang, doch kalt und unbarmherzig half mir dabei ihn zu beschützen.
Mir war es von Jahr zu Jahr zuwider was Albus dem Jungen abverlangte. Es war ein Junge! Und er zog in den Krieg vollkommen alleine. Bewältigte Aufgaben, an denen selbst große Magier gescheitert waren. Doch Albus versicherte mir, nur so würden wir irgendwann den Sieg erreichen.
Ja der Sieg. Das war es was wir wollten. Und hoffentlich herrsche danach endlich Ruhe und Frieden.
Doch war die Frage, ob dies auch für mich galt. In den Augen aller, war ich ein Verräter. Nur Albus kannte die Wahrheit. Und wer sollte mir schon glauben?
Ich hatte immer gewusst, dass ich den Krieg eventuell nicht überleben würde, doch hatte ich nicht damit gerechnet, wie ich sterben sollte.
Meine Kehle war voll Blut und ich gurgelte lediglich. Kein Wort kam über meine Lippen. Da erschienen die schönsten grünen Augen, die ich je gesehen hatte. Allerdings waren diese eingerahmt von einer Brille. Doch die Besorgnis und Wärme war genauso wie ihre. Kurz schloss ich die Augen. Lily, bald werden wir uns wieder sehen. Ich spürte wie mein Körper den Kampf langsam aufgab. Mit letzter Kraft gab ich dem Jungen, was er dringend brauchte: die Wahrheit. Danach dauerte es nicht lange bis die Schwärze mich eingehüllt hatte.
Als ich die Augen das nächste Mal öffnete, war alles um mich herum weiß. Ich dachte, das war es, hier musste es sein. Etwas überrascht war ich schon wie die Nachwelt aussah - doch was hatte ich erwartet? Hatte ich doch nie genauer darüber nachgedacht. Was mich allerdings mehr verwirrte waren die Gerüche und Geräusche. Es roch nach Desinfektionsmittel. Und ein gleichmäßig Piepsen war zu vernehmen. Als ich den Kopf wand, verspürte ich einen starken Schmerz. Empfand man Schmerzen nach dem Tod? Dies erschien mir doch äußerst suspekt.
Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, als ich erkannte, dass ich nicht tot war. Ich lag in einem Krankenhaus. Alleine. Solch Ironie. Wollte ich doch nichts anderes als zu sterben in dem Moment, als ich in meinem eigenen Blut ertrank. Lily wieder sehen und mich entschuldigen für all die Fehler, die ich begangen hatte. Doch hier lag ich. Gerettet. Geheilt? Zumindest mehr lebendig als tot. Meine Kehle schmerzte, mein Mund war trocken, der Kopf dröhnte. Doch ich war am leben.
Was allerdings bedeutete dies nun für mich?
Die Frage wurde kurze Zeit später erklärt, als Kingsley selber mich besuchte - natürlich nicht alleine. Als sie mein Zimmer betraten rechnete ich damit verhaftet zu werden. Doch dem war nicht so. Abgesehen davon, dass ich mich eh kaum bewegen konnte. Ich war ans Bett gefesselt. Mein Körper gehorchte mir nicht so, wie ich es gerne hätte. Und richtig reden konnte ich auch noch nicht.
"Unschuldig?" krächzte ich. Alleine dieses Wort bereitete mir unendliche Schmerzen, doch
ich musste sicher gehen, dass es kein Scherz war. Dass ich mich nicht verhört hatte.
Kingsley besah mich mit einem Blick, der nur wenig preis gab, dennoch glaubte ich, so etwas wie Anerkennung zu sehen.
"Harry hat für dich ausgesagt. Und er hat es uns gezeigt. Du bist von allem freigesprochen und kannst nun mit deinem Leben machen, was du möchtest. Und nur zur Info, Minerva könnte sicherlich noch einen Professor benötigen."
Damit war Kingsley und Gefolge auch wieder verschwunden und ließen mich perplex und auch ein wenig überfordert zurück.
Doch was sollte ich nun mit meinem Leben machen? Ich musste keine Befehle mehr befolgen. Nicht mein Leben riskieren. Niemanden etwas vormachen. Niemanden mehr beschützen.
Und das war es, oder? Das war das Problem. Der Junge brauchte mich nicht länger. Die Gefahr vorbei. Ich hatte meine Schuld Lily gegenüber getilgt.
Doch warum fühlte es sich an, als würde meine Welt zusammenbrechen?
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Rastlos - bis ich dich finde
Fanfiction5 Jahre nach der Schlacht: Snape ist ein freier Mann und wieder Professor, doch irgendwas fehlt ihm... Harry ist zwar Auror, doch heimlich unglücklich... in der Liebe funktioniert es auch nicht so recht und er hat das Gefühl auf der Suche zu sein, e...