Kapitel 12

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SEVERUS

Sobald ich hinter meiner Tür verschwunden war, bereute ich es direkt. Es war feige und lächerlich. Das wusste ich selber. Allerdings hatte mich die Situation komplett überfordert. Ich wusste auch nicht was über mich kam, dass ich so dreist - so mutig? - war ihn zu küssen. Was jedoch viel überraschender kam war, wie gut es sich angefühlt hatte. Seit Wochen war er eine Versuchung. Seine Nähe gefährlich und beruhigend zugleich. Es war, als würde mein Körper ihn bei mir brauchen und meine Seele ruhen sobald er es war. Doch ihn nur da zu haben reichte nicht. Ich brauchte mehr. Er machte mich verrückt. Jede Berührung, jede Bewegung und jedes Wort, ich beobachtete ihn stets genau. Es war, als wäre mein Körper auf ihn eingestellt und spürte selbst die minimalste Bewegung von ihm.

Alles an ihm hatte sich in mein Gehirn gebrannt und ich bekam es dort nicht mehr raus. So, wenn er vor mir stand und mich so ansah, auf meine Lippen starrte und mich dann mit diesen riesig grünen Augen, in denen ich mich jedes mal verlieren konnte, stürzte jeglicher Widerstand ein und es war als könnte ich nicht anders als ihn zu küssen.

Der Kuss hob meine Welt aus den Angeln und überforderte mich damit sehr. Alles was ich wollte war ihn weiter zu küssen. Nie wieder aufzuhören. Weiter zu gehen. Doch irgendwas in mir weigerte sich. Ich wusste auch was es war. Angst. Angst einen Fehler zu machen. Angst eine Freundschaft zu zerstören. Angst nicht gut genug zu sein, sprach doch so viel gegen mich. Angst mich lächerlich zu machen. Angst alleine zu sein mit meinem Verlangen. Angst mich in ihm zu verlieren.

Und das war es doch am Ende, oder!? Ich hatte solch eine Angst, dass ich derjenige war, der sich in ihm verlor, vollständig ihm ergeben. Jede Faser meines Körpers würde ihm gehören. Mein Herz komplett seins. Meine Seele seinen Namen schreiend. Nur um dann zu erfahren, dass all das für ihn lediglich ein Experiment war. Oder ein Spaß. Oder Zeitvertreib. Allein der Gedanke ließ mich sauer aufstoßen. Mein Magen verdrehte sich und Schweiß stand auf meiner Stirn.

Ich wusste, dass ich dies nicht überleben würde. Nur hatte ich das schleichende Gefühl, dass es längst zu spät war um unbeschadet aus der Sache herauszukommen.

In dem Falle war ich irgendwie erleichtert, dass ich Harry für ein paar Tage nicht sehen würde. So konnte ich in Ruhe nachdenken ohne ihn ständig in meiner Nähe zu haben. So konnte ich einen klaren Verstand bekommen. Und vielleicht mir ein genaueres Bild darüber machen was ich wollte. Und wie es um meine Gefühle stand. Zudem würde ich endlich ein paar Tage nur für mich haben.

Meine innere Stimme schnaufte, beinahe belustigt, bei meinen Gedanken. Als wären sie vollkommen absurd und lächerlich. Als ob mein Verlangen nach Ruhe und Alleinsein abwegig war. Und vielleicht, nur ganz vielleicht, hatte sie recht. Denn einen Abend ohne Harry bei mir war bereits jetzt kaum vorstellbar. Ich schob diesen Gedanken zur Seite. Zu sehr damit beschäftigt immer noch zu leugnen was ich empfand.

Wie ich bereits befürchtet hatte waren die kommenden Tage ... nennen wir es bescheiden. Ich hätte nicht gedacht, dass ich ihn nach so kurzer Zeit bereits vermissen würde. Dieses Gefühl war unbekannt und beängstigend. Ich wusste nicht so recht wie ich damit umgehen sollte.

Am ersten Abend erwartete ich die ganze Zeit, dass er klopfte, bis mir einfiel, dass er nicht da war. Ich saß auf meiner Couch und hatte irgendwann mein Buch vollkommen vergessen. Starrte nur auf den Platz, den er immer einnahm. Ich verlor mich in meinen Gedanken. Gedanken an ihn. Wie er da bei mir saß. Las, über sein Buch immer wieder schaute und lächelte. Wie er seine Beine etwas ausstreckte, sodass sich unsere Füße berühren. Oder wie er mir lauschte, als wäre es das Spannendste, dass er je gehört hatte, wenn ich ihm vorlas. Wie er dann meine Füße in seinen Schoß legte und sanft zu massieren begann. Ich musste gestehen, dass dies jedesmal auch einen ganz anderen Effekt auf mich hatte. Nur dank der Kissen konnte ich immer - zumindest hoffte ich dies - verbergen was seine Hände auf mir mit mir anstellten.

Rastlos - bis ich dich findeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt