Kapitel 4

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SEVERUS

Ich war mehr als irritiert nach dem Besuch in Harrys Büro. Ich kannte ihn nicht nervös und still in meiner Nähe. Ich kannte diese Unsicherheit in seinen Augen nicht. Das Aufflackern von Verletzlichkeit. Einzig die Irritiertheit war mir nicht neu. Vertraut wollten man sogar meinen. Eines stand jedenfalls fest: das Ganze hatte mich mitgenommen und das mehr als ich zugeben möchte. Doch hatte ich auch das Gefühl, dass das Zögern ein Zeichen war, dass er nicht vollkommen abgeneigt dem Gedanken gegenüber war. Jetzt musste ich nur einen Plan entwickeln ihn komplett zu überzeugen.

Der Gedanke ließ mich stoppen. Sogar ans Atmen musste ich mich kurz erinnern, damit zumindest diese Funktion weiterging ohne dass ich Schäden davon trug - zumindest nicht mehr als ich schon hatte. Aber, dass ich innerlich so verdammt eifrig war einen Plan zu schmieden, damit Harry mit mir nach Hogwarts zurückkehrt, war verrückt. Aber dann auch wieder war es nicht das, weshalb ich her geschickt worden war?! Ja, das war plausibel. Nur deswegen war ich hier. Deswegen wollte ich mir etwas überlegen. Harry wurde auf Hogwarts gebraucht und ich sollte ihn dorthin bringen. Nichts weiter. Das war mein Auftrag. Simpel. Geradeheraus und klar. Mit einem Auftrag konnte ich was anfangen. War es doch das, was ich jahrelang befolgt hatte.

Ich schob alle anderen Gedanken zur Seite und konzentrierte mich also darauf, wie ich den Auftrag erledigen konnte. Zur vollsten Zufriedenheit von Minerva.

Denn auch ich musste zugeben, dass Harry ein guter Professor für das Fach wäre. Hatte er damals nicht bewiesen, dass er Talent darin hatte, andere zu unterrichten. Und auch wenn die offensichtliche Gefahr vorbei sein mochte, wer wusste schon, wann der nächste machthungrige Zauberer aufstieg und genügend Anhänger hatte, um gefährlich zu werden?!

Als erstes musste ich herausfinden, ob er wirklich unzufrieden war - so wie es angeblich sein sollte. Daher apparierte ich zum Grimmauld Platz 12 - wusste ich doch, dass er seit jeher hier lebte. Vor dem Haus blieb ich unschlüssig stehen. Sollte ich klopfen? Ih einfach hier direkt besuchen? Oder würde ich ihn damit nur verschrecken. Ich beschloss draußen im Schatten zu warten und zu hoffen, dass er den Abend nicht alleine zu Hause verbringen würde. Komischerweise verkrampfte sich mein Magen leicht bei dem Gedanken, dass der Junge ganz alleine war. War er nicht einsam? Traurig? Doch waren diesen Gedanken nicht hypokratisch von mir? War ich doch außerhalb meiner Pflichten auch alleine in meinen Räumlichkeiten. Die Stille und Ruhe, das Alleinsein, war so oft Balsam für meine Seele. Konnte ich in Frieden dem nachgehen, was ich mochte und genoss. So viele Bücher gab es noch zu studieren. Auch Tränke mussten jederzeit perfektioniert werden. Außerdem konnte mich so niemand stören. Ätzende Fragen stellen oder mir Vorhaltungen machen. Und wenn ich dann doch einen warmen Körper in meinen Armen vermisste, schob ich den Gedanken einfach beiseite und stürzte mich in eines meiner Projekte. Wer brauchte Liebe? Sie machte mehr unglücklich als glücklich. Außerdem zweifelte ich daran, dass es da draußen auch nur eine Seele gab, die mich wollte. Die zu mir passte und in mir das sah, was ich längst nicht mehr sehen konnte. Niemand wollte sich den Rest seines Lebens mit jemanden wir mir abgeben. Ich war zu alt - auch wenn dies wohl etwas übertrieben von mir war, war ich doch für Zaubererstandard vergleichsweise jung - hatte zu viele Lasten auf meinen Schultern. Meine Vergangenheit zu prägend und zu bekannt. Und ich glaubte schon lange nicht mehr daran, dass man mich lieben konnte. Wer sollte dazu auch in der Lage sein? Bei diesen Gedanken kam mir immer wieder Lilys Stimme in den Kopf. Immer hatte sie mich ermutigt. Mir versprochen, dass es dort draußen jemanden für mich gab, nur für mich. Und dieser würde all das Gute in mir sehen, welches ich schon immer Probleme hatte zu finden.

Oh wie ich manchmal in meinen dunkelsten Stunden wünschte, dass sie recht hatte. Dass ich nur geduldig genug sein musste, und dann würde ich die Person - oder sie mich - schon finden. Und alles was war, würde irrelevant werden. Ich wollte in solchen Momenten, dass mich jemand ansah, als wäre ich seine Welt. Doch dann rief ich mich wieder zu räson und erklärte mir selber, dass es solch einen Menschen nicht gab. Dass ich für niemanden gut genug war. Und es auch nicht verdient hatte so geliebt zu werden.

Rastlos - bis ich dich findeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt