Kapitel 1

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"Wir ziehen um." Mit diesen Worten sollten meine Eltern mein zukünftiges Leben schlagartig verändern.

Wir fahren gerade mit unserem Auto über irgendeine Landstraße, auf den Weg in ein neues Leben. Juhu.

"Wir sind da Luca." Ich blicke auf zu unserem neuen Haus oder besser gesagt Anwesen. Mom und Dad leiten zusammen eine recht erfolgreiche Firma, das erklärt unser großes Haus.

Ohne ein Wort zu sagen steige ich aus und betrete den Garten. Ich liebe es an der frischen Luft zu sein, deshalb ist es mir auch wichtig, dass unser Garten gemütlich aussieht. Als ich den Garten ordentlich unter die Lupe genommen habe und zufrieden festgestellt habe, dass meine Eltern saubere Arbeit geleistet haben was den Garten anbelangt, gehe ich nun in das Haus. Es ist schon komplett eingerichtet, damit ich mich gleich willkommener fühle, wenn ich morgen aus der Schule zurückkomme. Ja, richtig gelesen, meine Eltern waren so rücksichtsvoll mitten in der Schulzeit umzuziehen, da sie angeblich nur in dieser Woche Zeit haben. Nachdem ich die untere Etage inspiziert habe führt Mom mich in die zweite Etage die so gut wie nur für mich ist. Hier oben befinden sich mein Zimmer, ein Badezimmer, meine eigene kleine Bibliothek mit einer gemütlichen Sitzecke und einer Staffelei vor dem Fenster und um die ganze Etage führte ein Balkon. Ich muss zugeben, dass ich mich jetzt schon mit meinem eigenen kleinen Reich angefreundet habe. Ich gehe freudig nach unten und bedanke mich für diesen schönen Leseraum. Mama will mich als Antwort in den Arm, doch ich winde mich aus dieser. Sie flüstert: "Das sind wir dir schuldig."

Verdutzt drehe ich mich zu ihr und schaue sie fragend an. Doch sie schüttelt nur den Kopf und fängt an den Tisch zu decken. Ich belasse es dabei und gehe nach draußen um Dad beim Ausladen der letzten Sachen zu helfen. Nachdem auch das beendet ist, ruft Mom uns auch schon zum Abendessen. Ich lasse mich gegenüber von meinen Eltern nieder und haue mir eine riesige Portion Nudeln auf meinen Teller. Ohne ein 'Guten Appetit' oder sonstiges fange ich an mein Essen zu verschlingen, da ich einen riesen Hunger habe. Nach einer Weile fällt mir auf, dass meine Eltern verdächtig still sind. Ich lege mein Besteck beiseite und schaue meine Erzeuger erwartungsvoll an. Ich sehen wie mein Vater schlucken muss.

"Was?"

"Wir müssen dir was sagen Schatz."

Nun ist meine Laune komplett im Keller.

"Als ihr das das letzte Mal gesagt habt, sind wir umgezogen." Ich höre Mom seufzen, wende den Blick von meinem Vater aber nicht ab.

"Unsere Firma startet ein neues Projekt in Australien und wir..also wir müssen dort vor Ort sein, da wir die Leiter sind."

"Wie lange?"

"Es wird sehr lang, aber die genaue Zeit wissen wir nicht. Aber wir werden dich so oft wie möglich besuchen"

"Warum zur Hölle sind wir dann umgezogen? Ich habe mich eigentlich ganz wohlgefühlt bei meinen Freunden. Jetzt habe ich Niemanden mehr." Mit jedem Wort steigt meine Wut und meine Eltern scheinen sich mehr und mehr unwohl in ihrer Haut zu fühlen. Besser ist auch.

"Weil in diesem Ort dein Onkel lebt."

Ich schnaube verächtlich "Euch ist schon bewusst, dass ich Onkel Phil nicht ausstehen kann?"

"Das ist uns durchaus bewusst, aber der Rest unserer Verwandtschaft lebt nunmal in Europa und da wollten wir dich nicht hinschicken", antwortet meine Mutter genervt.

"Oh, danke wie gnädig von euch. Außerdem seid ihr gerade nicht in der Position euch das Recht zu nehmen genervt zu sein."

Mit diesen Worten stolpere ich wütend aus der Küche und stampfte nach oben. Zum Ausdruck meiner Wut knalle ich noch die Tür als krönenden Abschluss meines Abganges und lasse mich dann, mit Tränen in den Augen, ins Bett fallen. Ich fange jetzt schon an, mich riesig auf den morgigen Tag zu freuen. Noch verzweifelter als ich es eh schon war schlief ich dann irgendwann ein.

Ich steige gerade in mein Auto und mache mich auf den Weg zur Schule. Ich bin total übermüdet und habe höllische Kopfschmerzen, aber da meine Eltern so nett waren und mich nicht geweckt haben, bin ich doch gleich etwas unpünktlich aufgewacht und hatte keine Zeit mir Tabletten zu holen oder mir einen Kaffee zu machen.

Ich halte vor der Schule und beobachte die anderen Schüler. Es sind verschiedene Altersklassen vertreten. Ich selbst bin 19, falls ich das noch nicht erwähnt haben sollte. Der größte Teil dieser Schüler sieht nach verwöhnten Menschen mit reichen Eltern aus. Auf solche Leute stehe ich gar nicht. Nicht, dass ich es nicht mag mir keine Sorgen um finanzielle Probleme machen zu müssen, aber ich kann keine Leute ausstehen die nur für das Geld leben und damit auch noch rumprotzen.

Also scheint das hier ja der perfekte Ort für mich zu sein. Stöhnend steige ich aus meinem Auto und begebe mich in die Schule, ohne groß Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, da hier ja eh jeder mit sich selbst beschäftigt ist.

Nachdem ich mir meinen Stundenplan abgeholt habe sprinte ich nun zu meinem Kunstkurs. Ich stelle mich schnell dem Lehrer vor und soll mir dann einen Platz aussuchen. Ich setze mich neben ein Mädchen und fange an dem Unterricht zu folgen. Ich schaue mich in meinem Kurs um und bleibe an einer Gruppe Jungs hängen. Ich merke, dass mich einer der Jungs anstarrt und gucke zurück. Kurz darauf wende ich meinen Blick schnell ab und ich höre ein zufriedenes Schnauben. Idiot.

Ich zwinge mich, diesen Typen nicht wieder anzugucken. Doch je mehr ich es mir verbiete, desto größer wird der Drang. Irgendwann schweift mein Blick dann doch zufälligerweise zu ihm rüber und er fängt meinen Blick auf. In diesem Moment klingelt es und auf seinem Gesicht bildet sich ein selbstgefälliges Grinsen. Er wirft seinen Rucksack über die Schulter und verschwindet mit seinen Freunden, aber nicht bevor er mir nochmal zuzwinkert.

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(968 Wörter)
-überarbeitet

Strangers (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt