Ich überlege. Aber ich will auch nicht im Gesicht berührt werden, Dad hat Mom schon oft genug ins Gesicht geschlagen. Ich schüttel langsam den Kopf und dann nicke ich. Ich kann mich nicht entscheiden. Justin lässt mir Zeit.
"Tut mir leid", flüstere ich und entferne mich von ihm und seiner erhobenen Hand. Ich will nicht, dass er die Macht über mich hat, dass er mir vielleicht wehtun könnte. Dazu bin ich nicht bereit.
"Es ist okay", beschwichtigt er mich und nimmt dann seine Hand runter, "Ich respektiere es und ich werde dein Vertrauen nicht ausnutzen." Ich schaue auf, wische mir selber die Tränen weg und lächle ihn dankbar an. "Ich gehe jetzt rein. Tschüss Justin", ich warte seine Antwort nicht ab sondern öffne die Tür und schließe sie auch sofort hinter mir. Das war irgendwie peinlich. Er war so anders, ich war so anders, wir beide haben uns irgendwie anders benommen. Er war weder eingebildet noch rücksichtslos, Justin war nett, rücksichtsvoll. Ebenso wie ich, ich habe mich ihm geöffnet, habe gezeigt, dass auch ich verletzlich bin und das darf nicht noch einmal vorkommen, denn ich bin nicht verletzlich. Zumindest nicht für die anderen. Wie ich mich innerlich fühle ist egal, das muss keiner mitbekommen. Es reicht schon wenn ich diese Seite von mir ertragen muss, und das nicht gerade selten. Um mich etwas zu beruhigen ziehe ich mir einen Bikini an und gehe dann in unserem Garten in den Pool. Hier kann ich kurze Sachen tragen, hier ist es egal, dass meine Narben und frischen Verletzungen sichtbar sind, denn hier kann mich Niemand sehen. Ich kann ich selbst sein. Manchmal ist es von Vorteil manchmal von Nachteil. Denn ich bin allein und niemand kann mir sagen, was richtig und was falsch ist und ich denke dies ist ein gewaltiger Nachteil. Meine Eltern können nicht für mich da sein, wenn ich eine schwierige Phase durchmache und ich habe das Gefühl, dass diese Phase schon eine sehr lange Weile andauert. Manchmal wünsche ich mir sogar die Zeit mit den Nannys zurück.
Der Pool ist recht kalt, doch bei dieser Hitze tut es eigentlich ganz gut, vor allem wenn man den halben Tag in seinen Klamotten schwitzen musste. Ich schwimme ein bisschen umher und lege mich danach auf die Luftmatratze und bräune meine Haut etwas.
Irgendwann wird es mir zu kalt und ich klettere aus dem Pool direkt zur nächsten Wasserquelle, meine Dusche, denn ich mag diesen Geruch von Chlor auf meiner Haut und in meinen Haaren nicht. Nach dem Duschen mache ich Hausaufgaben und gehe dann ins Bett.
Ich beschließe wieder mit meinem Auto zur Schule zu fahren und nach ein paar Minuten habe ich diese dann auch erreicht. Ich mag dieses College immer noch nicht, diese Grüppchenbildung und vor allem dieses: alle die hübsch sind haben hier das Sagen- Getue. Da könnte ich mich übergeben. Mit guter Laune, man bemerke den Sarkasmus, verlasse ich mein Auto und begebe mich direkt zum Musikunterricht. Ich sehe Dawson, den Kumpel von Lila, dort sitzen und da ich mit den wenigsten hier zutun habe frage ich ihn ob ich mich zu ihm setzen darf. Er nickt und ich lasse mich erleichtert nieder. Ein Korb wäre ganz schön peinlich gewesen. Der Unterricht fängt an und ich muss mich glücklicherweise nicht vorstellen, aber die Lehrerin grüßt mich höflicherweise.
"Eigentlich gehen wir ja immer in der ersten Stunde den Stoff durch und in der zweiten singen wir, aber heute machen wir es etwas anders. Wir werden neue Lieder singen in der ersten Stunde und in der zweiten werde ich jeweils einen Jungen und ein Mädchen zusammenbringen, die sich einen Song ausuchen dürfen und den muss das jeweilige Pärchen vor der Klasse vorsingen, und das nächste Woche", eröffnet sie den Unterricht. Die Jungs wirken genervt, da sie wahrscheinlich zu cool zum Singen sind, aber da müssen die wohl oder übel durch.
"Ich kann überhaupt nicht singen", stöhnt Dawson.
"Glaube mir, ich bin auch nicht gerade gut", lache ich.
Wir müssen uns alle nach hinten in den Raum stellen und jeder muss sich die Texte nehmen und dann beginnen wir auch schon mit dem Singen. Es sind fast nur aktuelle Lieder, aber auch ein bis zwei ältere dabei, eines davon ist Tears in Heaven von Eric Clapton und ein neueres ist Drunk von Ed Sheeran. Eines dieser beiden Lieder würde ich auf jeden Fall vorsingen, dann muss ich nur noch irgendwie meinen unbekannten Partner davon überzeugen, eines davon zu singen.
"Okay, die Lieder habt ihr alle jetzt mehr oder weniger drauf und jetzt dürft ihr Nummern ziehen. Ich habe es mir anders überlegt, da ich nicht Schuld sein will, wenn ihr mit irgendjemanden singen müsst den ihr nicht mögt. So ist es eure eigene Schuld, da ihr den Zettel gezogen habt", lacht sie.
Ich greife in den Behälter und ziehe eine Sechs, die erkenne ich daran, dass unter der Zahl dieser Strich ist.
"Jetzt findet euch zusammen", sagt sie.
"Ich hab die Sechs", höre ich eine Stimme murmeln. Ich drehe mich um und sehe Justin der noch nicht weiß, dass ich seine Partnerin bin, es sei denn.."Ich habe die Neun", rufe ich. Zwei Leute drehen sich verwirrt zu mir "Aber wir haben schon beide die Neun", sagt das Mädchen. Ehe ich mir eine Ausrede einfallen lassen kann kommt die Lehrerin auf uns zu "Lass mal gucken. Das ist eine Sechs Luca."
Blöde Kuh. Die versaut mir gerade den Tag. Ich lächle sie gequält an und gehe dann genervt auf Justin zu, der das Spektakel wohl miterlebt hat. "Das war wohl nichts", lacht er.
"Ja Justin, sehr lustig."
"Ach sei nicht traurig. Mit mir als Partner wirst du eine Eins kriegen."
Nun bin ich diejenige die lachen muss "Ich bezweifle, dass du singen kannst. Wegen dir kriege ich wahrscheinlich eine Sechs oder so."
"Du wirst dich noch wundern was dein Traumtyp noch so alles kann. Ich sehe atemberaubend gut aus, ich kann singen, ich kann sogar Instrumente spielen, ich kann-"
Weiter kommt er nicht, denn ich haue ihn auf den Arm und sage "All das sind Lügen. Du siehst weder gut aus noch bist du musikalisch begabt." Okay, vielleicht bin jetzt ich diejenige die lügt, er sieht nämlich wirklich gut aus, aber das braucht dieser arrogante Typ nicht zu wissen.
"Ich bin dafür wir singen Drunk oder Tears in Heaven", wechsle ich das Thema.
"Das wären auch meine Favoriten. Ich bin dafür, dass wir uns heute Abend bei dir oder mir treffen und dann üben wir beide Lieder. Das Lied, das wir besser können führen wir dann vor", schlägt er vor. Ich bin erstaunt, dass er die gleichen Lieder zur Auswahl hat. Ich nicke.
"Okay, heute Abend bei dir", bestimmt er grinsend.
"Nein, das sehe ich gar nicht ein. Wir gehen zu dir."
"Bei mir sind aber meine Geschwister und die nerven." Idiot. Jetzt bekommt er auch noch seinen Willen.
"Na schön" murmle ich und lass genervt den Kopf hängen. "Super dann bin ich heute so gegen 16 Uhr bei dir."
Das kann ja was werden.
(1166 Wörter)

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Strangers (pausiert)
FanfictionSie zieht um, bringt ihre Geheimnisse mit sich und er ist da um diese aufzudecken.