Kapitel 14

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Justin kehrt mir den Rücken zu und geht dann die Treppen runter. Ich gehe ihm unsicher hinterher und betrachte seinen Rücken. An der Tür angekommen bleibt er stehen und dreht sich zu mir um. Vor Scham senke ich meinen Kopf. Ich fühle mich als kenne er meine tiefsten Geheimnisse, dabei ist dem gar nicht so. Er hat rein gar nichts gesehen und trotzdem schäme ich mich, ich schäme mich dafür, dass es so weit kommen musste.
"Schau' mich an!", fordert er mich ruhig auf. Ich gucke ihm in die Augen und widerstehe dem Drang in Tränen auszubrechen. "Ich weiß nicht was da drin ist, aber du kannst mir vertrauen. Wie oft soll ich es dir noch sagen?"
Ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann. Aber ich habe ihm schon so viel Vertrauen wie noch niemanden zuvor und trotzdem scheint es nicht zu reichen.
"Justin, ich vertraue dir. Aber es gibt Sachen, Geheimnisse die nicht dafür bestimmt sind von anderen aufgedeckt zu werden", erkläre ich ihm mein Empfinden.
"Gerade diese Sachen, Luca, sind es die am dringendsten aufgedeckt werden müssen."
Ich schüttle den Kopf "Nein Justin, das hier ist eine Sache die nur für mich bestimmt ist. Es ist zu..." Ja was ist es eigentlich? Zu peinlich? Zu schrecklich? Zu krank?, "zu privat", beende ich den Satz da mir nichts passendes einfällt. Justin zuckt mit den Schultern "Wenn du das sagst." Damit ist das Thema beendet und er öffnet die Tür. Vor Justin steht Harry der mit der Hand gerade die Klingel betätigen will. Harry schaut fragend zwischen mir und Justin hin und her.
"Aha, deswegen sollte ich also gehen", grinst er. Ich nicke nur und versuche Justins Blick zu vermeiden. Keine Ahnung warum.
"Na dann, viel Spaß", brummt er und geht an Harry vorbei. Wenn ich mich nicht täusche habe ich eben einen leichten Hauch von Eifersucht herausgehört. Harry drückt mich kurz und geht dann hinein. Ich schließe die Tür und im nächsten Moment höre ich einen dumpfen Knall. Ich zucke zusammen und öffne die Tür wieder, da das Geräusch eindeutig von draußen kam. Dort liegen meine beiden Mülltonnen die glücklicherweise leer sind auf dem Boden. Ich beobachte wie Justin den Garten verlässt.
"Justin", rufe ich, denn ich will ihn fragen was das soll. Was ist denn in ihn gefahren, dass er die Mülltonnen umschmeißt? Aber Justin tut so als hört er mich nicht und braust davon. Ich seufze einmal genervt aus und fahren mir dann durch die Haare.
"Alles in Ordnung mit Justin?", fragt er mich.
"Keine Ahnung. Aber der kann uns jetzt auch egal sein", sage ich entschlossen und drehe mich lächelnd zu ihm. Er nickt zufrieden und lächelt mich ebenfalls an "Du siehst toll aus."
Ich spüre die Hitze in meinen Wangen und fange an zu kichern. "Danke, du siehst auch nicht schlecht." Ich höre Harry's tiefes Lachen, welches mir sofort ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert.
"Dann lass uns jetzt losfahren", sagt er. Und damit gehen wir zu seinem Auto. Er hält mir die Tür auf und ich setze mich hinein. Meine Eltern wären wahrscheinlich entzückt von ihm. Ich schüttle den Kopf und verbiete es mir an meine Eltern zu denken.
"Wo fahren wir hin?", frage ich ihn nach einer Weile.
"Ins Blue Bird."
"Kenn' ich nicht", antworte ich.
"Es ist eines der besten Restaurants hier. So spontan einen Tisch zu reservieren hat mich einiges gekostet."
"Wie viel?", frage ich. Und ich habe Angst davor die Summe zu hören. Ich bin kein Fan von Menschen die mit ihrem Geld um sich werfen.
"Nicht so wichtig."
"Sag es mir", fordere ich ihm auf.
"Sagen wir es so. Es war im dreistelligen Bereich", antwortet er und grinst mich stolz an. Ich schaue ihn entsetzt an "Das ist nicht dein ernst. Bitte hebe die Reservierung auf, das ist zu viel Geld."
"Jetzt ist es zu spät. Ein Dankeschön hätte gereicht", lächelt er.
"Dankeschön", seufze ich, "Ich will einfach nicht, dass Jemand so viel Geld für mich ausgibt. Das ist schrecklich. Das nächste Mal fahren wir zu irgendeiner Imbissbude oder so."
Harry's Grinsen verschwindet und er scheint sich jetzt nicht mehr so sicher zu fühlen. Nach Worte ringend schaut er sich ratlos um. Es sieht aus als würde er die Worte versuchen draußen auf der Straße zu finden.
"Na ja, dann werde ich einfach etwas billiges Essen", sage ich und versuche ihn wieder etwas zu beruhigen.
"Du kannst Essen was du willst. Glaube mir, ich bin froh wenn ich mein Geld mal sinnvoll investieren kann."
"Wir sind da."

Strangers (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt