»WARUM ZIEHST DU EINEN SCHLECHTEN MENSCHEN EINEM ANDEREN VOR?«

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ALS WIR AUF DEM GELÄNDE der Villa Mikaelson ankamen, genossen ein paar Schwäne und Enten die milden Temperaturen dieses Märztages. In dem großen Gebäude leuchteten nur wenige Räume. Irgendwie hatte alles eine fast schon geisterhafte Stimmung bekommen. Der Hotelbetrieb ist nach dem Besitzerwechsel noch nicht wieder gestartet. Darüber konnte man in Anbetracht der aktuellen Umstände auch froh sein. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass hier eines Tages tatsächlich Gäste ein und aus gehen und sogar übernachten. Auch bin ich mir nicht sicher, ob Klaus tatsächlich vor hat, ein Hotel zu betreiben. Immerhin verlässt er die Stadt im April bereits wieder, um mit seinen Wölfen New Orleans zurückzuerobern.

Kaum, dass dieser hochnäsige Kol und ich zur Tür hereinkamen, lief uns bereits die kleine Hope mit weit ausgebreiteten Armen entgegen.

»Tante Maria! Tante Maria!«, rief sie mir freudig zu. »Schön, dass du wieder da bist. Ich habe ganz viele Dinosaurier gemalt. Die musst du dir nachher unbedingt ansehen«, verkündete sie stolz und grinste breit wie ein Honigkuchenwölfchen.

»Natürlich, kleine Prinzessin. Das machen wir. Aber erst mal muss Tante Maria sich etwas anderes sehr wichtiges ansehen«, vertröstete ich das Kind und nahm sie in den Arm.

Hope nickte verständnisvoll mit dem kleinen Köpfchen. Kaum zu glauben, dass sie ebenfalls eine Mikaelson ist.

Als Freya schließlich die Treppe herunterkam, freute auch sie sich, mich zu sehen. »Hast du dich doch wieder her getraut?«, fragte sie lächelnd.

»Was soll denn schon passieren? Edith weiß eh über uns alle Bescheid und ich bleibe auch nicht lange. Ich will mich nur persönlich davon überzeugen, dass eure ersten Hotelgäste der Saison auch zufrieden mit ihrer Unterkunft sind. Ihr wollt doch bestimmt gute Vorabbewertungen haben.« Damit meinte ich natürlich die beiden Geiseln, Linda und Großmutter Martha.

Freya nickte und bat mich, ihr nach oben zu folgen.

»Was denn? Hat Klaus den beiden tatsächlich eines der Hotelzimmer anstelle einer Kellerzelle zugestanden?«, fragte ich verwundert. »Sag jetzt nur nicht, dass ich sie gleich mit einem Fragebogen vorfinden werden, auf dem sie ihre Zufriedenheit mit der Beherbergung bestätigen.«

»Darüber sollten wir mal nachdenken«, antwortete Freya lachend. »Aber Klaus hatte vermutlich nur keine Lust auf den Ärger, den er andernfalls mit dir bekommen hätte.«

Da ist wahrscheinlich was dran.

»Außerdem sind die beiden nicht unsere Feinde. Letztlich konnte ich meinen Bruder davon überzeugen, sie auch nicht als solche zu behandeln. Und unsere neuen Zimmerausstattungen müssen tatsächlich vorab getestet werden, bis die ersten richtigen Gäste einziehen«, sagte Freya schmunzelnd.

Ich war daraufhin zwar schon etwas beruhigter, aber dennoch war es ein ungutes Gefühl, denn Linda und Martha waren trotz allen Komforts eingesperrt – ihrer Freiheit beraubt. Und das nicht nur im mechanischen Sinne, wie mir Freya erklärte.

»Ich habe das Zimmer mit einem Begrenzungszauber belegt. Niemand der hereingeht, kann wieder heraus. Also bleib auf jeden Fall vor der Tür stehen und lass dich nicht provozieren, Maria.«

Ich doch nicht!

Als ich die Tür öffnete, fand ich Linda und ihre Großmutter in einem äußerst luxuriösen Zimmer vor. Zwei riesige Betten standen auf der linken Seite des Raums. Das Gestell schien aus Mahagoni zu sein und wies zahlreiche Verzierungen auf. An den Wänden hingen Gemälde und sogar die Tapete war keine Gewöhnliche aus dem Baumarkt um die Ecke. Man hätte glauben können, sich im Klassizismus wiederzufinden. Klaus versteht eben was von Kunst, das muss man ihm lassen. Dieses Zimmer ist ein Traum – wenn die Umstände nur anders wären.

✅ Once in a Blue Moon - Marias übernatürliche Tagebücher // (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt