»ICH DENKE, DU HAST DICH ALS KIND ZU VIEL GELANGWEILT«

332 44 6
                                    

~17. März 2018 ~

LIEBES TAGEBUCH,


die vergangene Nacht war erneut nahezu schlaflos. Das lag freilich nicht an den großen bequemen Betten und dem edlen Ambiente in der Villa Mikaelson, sondern vielmehr an den tausend Gedanken, die mal wieder durch meinen Kopf polterten. Ehe ich wegen des Fluches sterbe, beiße ich noch aufgrund Schlafmangels ins Gras, wenn das so weiter geht.

Als ich gerade doch ein wenig eingenickt war, wurde ich von der kleinen Hope geweckt. Sie hatte ihre Malutensilien bei sich und setzte sich zu mir aufs Bett, um mit mir zusammen Dinos und andere Tiere zu zeichnen. Mir war es recht. So konnte ich wenigstens auf andere Gedanken kommen, nach all diesen Gräueltaten der letzten Wochen.

»Wollen wir rausgehen und eine Schneeballschlacht machen, Tante Maria?«, fragte mich die kleine Wölfin, als sie die letzte Schuppe akribisch fertig gezeichnet hatte.

»Tut mir leid, Hope. Das geht nicht. Wir müssen im Haus bleiben. Da draußen lauert eine böse Hexe auf uns«, versuchte ich dem Kind die Situation zu erklären.

Doch dieses machte ein trauriges Gesicht.

»Nie spielt jemand mit mir. Immer gibt es irgendwas Wichtiges oder Gefährliches. Immer ist was verboten.« Die sonst so fröhlichen kleinen Kinderaugen füllten sich mit Tränen.

Da wurde ich weich. »Na gut, Hope. Wir gehen mal kurz hinterm Haus eine kleine Schneeballschlacht machen. Aber zieh dir was Warmes an.«

Ich selbst kramte ein paar Klamotten aus Rebekahs Kleiderschrank zusammen und gemeinsam mit Hope schlich ich mich in den Hinterhof der Villa.

Der Schnee war herrlich fluffig und die Luft roch frisch. Alles schien so friedlich. Es wirkte alles eher wie Weihnachten, als kurz vor Ostern. Klein Hope unterbrach meine Gedanken, indem sie mir einen dicken Schneeball ins Gesicht warf. Heiteres Kinderlachen und Schneebälle erfüllten daraufhin die kalte Luft und ich vergaß für einen Augenblick alle Sorgen. Es fühlte sich toll an, mal wieder etwas so Menschliches zu tun. Wir bauten einen Schneemann und beobachteten ein paar Tiere. Hope blühte richtig auf und wir vergaßen völlig die Zeit und vor allem Edith und Walther.

Dann unterbrach der große böse Wolf in Gestalt von Klaus unseren märchenhaften Moment. Er zog ein Gesicht wie tausend Jahre Regenwetter mit Sturmböen.

»Was soll das hier werden? Sofort zurück ins Haus! Es ist zu gefährlich, hier draußen. Du weißt das ganz genau, Maria!«, fauchte er mich an.

»Aber das Kind darf doch nicht unter dieser Situation leiden. Sie langweilt sich im Haus. Sie hat noch nie eine Schneeballschlacht gemacht.«

Ich versuchte, wegen Hope möglichst ruhig zu bleiben. In Wahrheit kochte ich innerlich.

»Geh ins Haus, Hope«, sagte Klaus zu seiner Tochter und sie folgte seinem Rat, jedoch mit gesenktem Kopf.

»Sie ist eine Mikaelson. Sie langweilt sich nicht und muss mit niemanden spielen«, grummelte Klaus weiter.

»Ich denke, du hast dich als Kind zu viel gelangweilt und zu wenig gespielt, Klaus. Sie ist ein Kind, egal wie sie heißt. Sie hat das Recht ...«

»Du hast kein Recht mir zu sagen, wie ich mein Kind erziehe. Ihre Sicherheit hat oberste Priorität. Ich will nicht, dass sie in Gefahr gerät wegen solcher dummen Kinderspielchen.« Klaus drehte sich um und wollte gerade ins Haus gehen, als ich ihm kurzerhand einen dicken Schneeball an den Hinterkopf warf. Das hatte er verdient.

»Was soll der Blödsinn?«, fauchte er und griff sich an die zerzausten Haare.

»So eine kleine Schneeballschlacht könnte dir auch mal guttun. Das kühlt dein erhitztes Gemüt etwas ab«, antwortete ich und schon hatte er den nächsten Schneeball genau im Gesicht kleben.

Ich hatte keine Ahnung, ob er in den vergangen tausend Jahren überhaupt mal eine Schneeballschlacht gemacht hatte. Ich vermute, dass sich das niemand je getraut hat. Der große böse Klaus Mikaelson reißt ja schließlich jeden in Stücke, der ihn ärgert. Mich nicht. Im Gegenteil. Es zeichnete sich ein Hauch von einem Schmunzeln in sein verblüfftes und von Schnee bedecktes Gesicht ab und dann tat er etwas Unvorhergesehenes. Er formte ebenfalls ein wenig Schnee zu einem Ball und warf ihn in meine Richtung.

»Und jetzt komm rein«, sagte er dann und ging erneut grummelnd ins Haus zurück.

Drinnen erzählte uns Elijah, dass Kol und Rebekah sich gemeldet haben.

Da war sie schon wieder vorbei, die Heiterkeit.

»Sie sagen, dass sie Rudolf seit einer Weile genau beobachten. Bisher scheint er keine Notiz von ihnen genommen zu haben. Sie werden heute noch auf ihn zugehen und ihm auf den Hexerzahn fühlen«, berichtete der nobel gekleidete Urvampir.

Dann brüteten wir alle über einen Stadtplan von Eichenstedt und überlegten, in welche leeren Geschäfte und Gebäude Edith noch Hexengefängnisse eingerichtet haben könnte. In einem davon hofften wir, Damon und Freya zu finden. Ich fragte mich, ob Edith nicht längst bemerkt hatte, dass wir verschwunden sind. Sie war uns bisher immer einen Schritt voraus und womöglich war selbst unsere Flucht bereits in ihrem perfiden Plan einkalkuliert. Eine innere Stimme sagte mir, dass es schon sehr bald sehr ungemütlich werden würde.

✅ Once in a Blue Moon - Marias übernatürliche Tagebücher // (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt