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Shania


Nach der ausgiebigen Dusche legen wir uns in einem breiten Wasserbett schlafen. Obwohl das Bett wirklich himmlisch weich ist, schlafe ich schlecht., denn die ganze Zeit muss ich an meine fehlenden Erinnerungen, an Sidon und an das unangenehme Gespräch mit dem Zora-König denken, das mir morgen bevorsteht. Selbst wenn ich mal weggetreten bin, wache ich nach wenigen Augenblicken wieder auf. Revali wirkt ebenso ruhelos neben mir. Ehe ich mich versehe, flutet die Morgensonne den Eingangsbereich zur Treppe.

Einige Bedienstete bringen uns Frühstück und... ein Gewand.

»Was ist das?«, frage ich die Zora-Frau, die die Kleidungsstücke auf dem Glastisch unterhalb eines riesigen Spiegels abgelegt hat.

»Prinz Sidon hat angeordnet, dass Ihr Euch damit für die bevorstehende Audienz beim König einkleiden sollt!«, erklärt sie mir und verschwindet mit den anderen wieder über der Treppe.

Revali, der bereits seine komplette Rüstung angelegt hat, schlendert an mir vorbei und hebt die Kleidung auf. Ausdruckslos betrachtet er das blaugrüne Kleid aus Zora-Schuppen. Als er es wieder auf den Tisch zurücklegt, schüttelt er den Kopf.

»Das sollst du anziehen? Ist das sein Ernst?«, höre ich den Orni brummen.

So begebe ich mich zu ihm, nehme das Kleid selbst in die Hand. Ich lege es mir an meinen Körper und schaue in den Spiegel. Abrupt erinnere ich mich an fröhliche Musik, Gelächter und einen Tanz. In diesem Kleid habe mit Sidon getanzt. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch, als er mich im Kreis gedreht hat. Ja, von da an habe ich begonnen, mich in ihn zu verlieben. Nach und nach kann ich verstehen, warum Sidon will, dass ich dieses Kleid anziehe. Allerdings kann ich Revalis skeptischen Blick genauso nachvollziehen, denn das Kleid ist ziemlich knapp.

Mein Gefährte sieht mir zu, als ich mich ausziehe und das Zora-Kleid anprobiere. Augenblicklich verzieht er den Schnabel.

»Ziemlich kurz!«, bemerkt er, als ich neben ihm vor dem Spiegel trete.

»Es wäre unhöflich, wenn ich etwas anderes anziehen würde«, erwidere ich dem Orni mit einem unschuldigen Blick.

Revali seufzt entnervt auf. »Es wird nichts bringen, es dir zu verbieten, aber begeistert bin ich nicht, wenn du so vor deinem Verlobten herumrennst, nur damit du es weißt.«

»Ich weiß...«, murmle ich kleinlaut und wende meinen Blick von ihm ab.

»Schon gut...«, meint Revali daraufhin mit etwas milderer Miene. »Während du deine Verlobung auflöst, werde ich ein paar Runden über Ranelle drehen. Wir sehen uns später!«

Verlobung auflösen? Wer hat gesagt, dass ich sie auflösen werde? Schon klar, dass Revali das erwartet aber... Geht das so einfach?

Bevor ich dem Orni-Krieger etwas erwidern kann, küsst er meine Stirn und verschwindet dann über die Treppe in die Stadt hoch. Verdutzt schaue ich ihm nach.

Wie wird mein Gefährte wohl reagieren, wenn es sich herausstellt, dass sich die Verlobung nicht so leicht auflösen lässt? Oder... vielleicht ist es am Ende sogar so, dass ich es nicht will. Über meinen letzten Gedanken bin ich selbst schockiert. Revali ist nun mein Gefährte, ich will mit ihm zusammen sein. Aber ich war auch mit Sidon zusammen. Und ich weiß nicht, ob ich noch Gefühle für ihn habe.



Wenige Augenblicke später werde ich von Sidon persönlich abgeholt. Er wartet bereits oben auf der Treppe. Als ich ihn sehe, beginnt mein Herz, augenblicklich zu hüpfen. Meine Finger fühlen sich mit einem Mal taub an und ich fröstle am ganzen Körper, außerdem röten sich meine Wangen leicht.

Soulhunter 2 - Buch der Erde (Revali x Shania)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt