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Revali


Regungslos starre ich zur Treppe hinüber. Es ist Morgen. Ich wünschte mir jetzt schon, dieser Morgen wäre nie angebrochen. Shania wird sich heute entscheiden, zwischen mir und dem Puddinggesicht von einem Zora-Prinzen.

Langsam drehe ich mich zur Seite, schaue auf die schlafende Schönheit hinab. Letze Nacht hat sie wieder von Ganon geträumt. War ja klar, dass der Bastard früher oder später wiederauftauchen würde. Mir ist nicht entgangen, dass er sie meistens heimsucht, wenn es ihr schlecht geht. So ein Feigling! Er nutzt ihre Schwächen aus, um sie klein zu kriegen. Doch ich bin stärker als er, solange ich hier bin, wird er Shania niemals bekommen. Und was ist, wenn ich die längste Zeit an ihrer Zeit war, wenn sich die Hylianerin heute nicht für mich entscheidet?

Mein Herz sinkt, als mir klar wird, dass sie ihre Entscheidung vielleicht schon längst getroffen hat, es sich nur noch nicht selbst eingestehen konnte. Meine Miene verdüstert sich, als ich daran denken muss, dass mir Shania gestern gestanden hat, dass der Fischkopf sie geküsst hat. Dieser Mistkerl! Mir war von vornherein klar, dass das mit dem Zora-Bogen nur eine Falle war, um mich abzulenken und ich Spatzenhirn bin auch noch darauf reingefallen. Shania meinte zwar, dass sie den Flossenheini weggestoßen hätte, aber das macht den Schmerz auch nicht weniger erträglich. Außerdem bringt es mich fast um den Verstand, wenn ich nur daran denke, dass sie sich nun an ihre Gefühle für ihn wieder erinnern kann. Vielleicht war ihre Liebe zu dem Zora so stark, dass die Zuneigung zwischen uns nicht ausreicht. Womöglich wird Shania wieder zu dem Prinzen zurückkehren. Und dann?

Missmutig schaue ich Shania an und streiche mit dem Flügel über ihren zierlichen Körper. Ich will die Kleine nicht gehen lassen, sie gehört doch zu mir. Sie ist einfach alles für mich. Aber was soll ich noch tun? Ich fühle mich so machtlos. Was auch zwischen dem Idioten und ihr war, ich werde es nicht ändern können, ich kann ihre Gefühle für ihn nicht zerstören. Auch wenn ich es mir noch so sehr wünsche.

Plötzlich regt sich Shania unter meinen Federn. Als sie sich streckt, ziehe ich meinen Flügel wieder von ihr zurück.

»Guten Morgen!«, wünscht mir Shania, als sie ihre Augen öffnet und mich sieht.

»Guten Morgen...«, murmle ich und lasse den Kopf sinken.

Mich juckt es in den Federspitzen, sie zu fragen, ob sie sich schon entschieden hat, aber ich möchte nicht aufdringlich sein und darüber hinaus, fürchte ich mich zu sehr vor einer Antwort.

»Wie geht es dir?«, frage ich meine Kleine stattdessen, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob sie überhaupt noch meine Kleine ist.

»Dank dir geht es mir gut«, antwortet mir Shania und lächelt.

Prompt spüre ich eine gewisse Anspannung zwischen uns. Ich sehne mich nach ihrer Liebe, nach ihrer Berührung und ihrer Zärtlichkeit, doch im nächsten Moment erkenne ich, dass ich ihre Nähe fast schon nicht mehr ertragen kann. Die Unsicherheit hängt zwischen uns, wie ein messerscharfes Beil, das mir jeden Moment den Kopf abtrennen könnte. So schweige ich einfach nur, starre Shania ausdruckslos an.

»Mir ist letzte Nacht etwas klargeworden«, beginnt die Hylianerin und schaut mir tief in die Augen.

Ihre braunen Teiche verschlucken mich. Sie ziehen mich in einen Morast aus zäher Eifersucht, dem ich nicht entfliehen kann.

»Dann sag es!«, schnaube ich schärfer, als gewollt und schließe meine Augen.

Mit einem Mal spüre ich Shanias kleine Hand auf meinem Flügel. Als ich meine Lider wieder öffne, erblicke ich ihr strahlendes Lächeln, mein Lächeln, das nur mir gehört. Bedeutet das etwa...

Soulhunter 2 - Buch der Erde (Revali x Shania)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt