Das Ende?

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Ihre Angriffe waren unkontrolliert, sie schien nicht mehr darüber nachzudenken, was sie macht. In diesem Zustand war sie unberechenbar und selbst ich konnte dann nicht mehr genau sagen, was sie als nächstes tun wird. Wieder wusste ich nicht, ob es nun gut oder schlecht für mich war.

Wie eine Besessene zielte sie auf meinen Bauch, doch ich drehte mich weg und trat sie in der Drehung in die Seite. Wieder jagte ich die Seele durch ihren Körper. Wieder flog sie in den Sand. Dieses Mal ließ ich ihr keine Zeit zum Aufstehen, sondern rannte ihr nach. Sie war gerade auf die Knie gekommen, als ich wieder in den Magen trat, dieses Mal ohne eine Seele durch ihren Körper zu schießen. Keuchend landete sie auf dem Rücken. Schnell zückte ich einen meiner zwei Dolche und rammte ihn ihr in die rechte Schulter.

Laut schrie sie auf, wollte nach dem Dolch greifen, doch ich war schneller. Ruckartig zog ich ihn wieder heraus. Ich zog mich etwas von ihr zurück und beobachtete sie, wie sie sich vor Schmerzen krümmte. Lyanells Stärke bestand darin, starke Angriffe ausführen zu konnten, viele Seelen kontrollieren zu können und viel Schmerz ertragen zu können. Diese durchbohrte Schulter war nichts im Vergleich, zu dem, was sie alles aushalten konnte. Doch die Seelen, die durch ihren Körper gefahren waren, hatte ihr stark zugesetzt, sie brauchte länger als sonst, den Schmerz auszublenden.

Meine Schwester wurde langsam aber sicher immer schwächer. Ich steckte den Dolch zurück in seine Halterung. Einige Sekunden später stand Lyanell wieder auf ihren Füßen und grinste mich an. „Wie clever von dir, mich erst zu schwächen und dann zu verletzen.", stellte sie nüchtern fest. Das Blut floss ihren Arm hinab, tropfte in den Sand hinein und färbten ihn Rot. Leise fing sie an zu kichern. Mit der blutigen Hand fuhr sie sich durch die Haare und hinterließ rötliche Spuren. Ihr Kichern wurde zu einem lauten Lachen.

Jetzt war es soweit, sie hatte den Verstand verloren. Sie rannte auf mich zu, holte aus. Doch ihr Schlag kam nicht, wie erwartet von vorne, sondern von hinten. Lyanell hatte sich in Sekundenschnelle weggeduckt und ist um mich herum gekommen. Ich konnte nicht reagieren, war noch nicht einmal in der Lage mich zu verteidigen, so schnell kamen ihre Angriffe.

Als mich ihr nächster Schlag traf, spürte ich ihre Hand in mich gleiten. Panisch schaute ich auf meine Brust, in der ihr Arm steckte. „Sag Tschüss zu Mami und Papi.", kicherte sie. Mit einem brutalen Ruck entriss sie mir meine Eltern. Ich konnte einen schmerzlichen Aufschrei nicht unterdrücken. Meine Beine gaben nach und ich landete im Sand, musste mich mit meinen Händen abstützen, um nicht ganz in den Sand zu fallen.

„Lange nicht gesehen.", die Stimme meines Vaters ließ mich den Kopf in die Höhe reißen. Lyanell hat sie tatsächlich materialisiert. „Jetzt darfst du ein weiteres Mal mitansehen, wie ich sie umbringe Schwesterchen.", grob schubste meine Schwester meine Eltern auf die Knie. Ihre Hände platzierte sie auf ihren Köpfen. „Nein!", schrie ich und streckte meine Hand nach ihnen aus, versuchte sie zu erreichen. „Und dieses Mal endgültig. Hole."

Die Körper meiner Eltern verwandelten sich in schwarzen Nebel, welcher in den Himmel schwebte. Meine erhobene Hand fing an zu zittern. Für mich schien die Welt einen Moment still zustehen. Wie in Trance starrte ich auf die Stelle, an der eben noch meine Eltern gekniet hatten. Doch lange hielt es nicht an, denn mich packte eine brutale Schmerzenswelle. Auch Lyanell sackte zu Boden und hielt sich die Brust. Die Seelen von unseren Eltern waren mit uns beiden verbunden, was Lyanell aber nicht wusste. Und wenn eine gebundene Seele stirbt, übertragen sich die Schmerzen.

„W-was hast du gemacht?", fragte sie keuchend. „Sie waren unsere Eltern ... Sie waren mit uns beiden verbunden.", ich grinste sie an. Ich sah, wie ihre Gesichtszüge entgleisten. Schwer atmend standen wir beide auf. Wir waren beiden am Ende unserer Kräfte, aber ich hatte immer noch sechs Seelen die ich für mich nutzen konnte. Drei von ihnen ließ ich in meinen Brustkorb verschwinden und zwei in meinen Händen, die letzte ließ ich in mir drinnen, vielleicht brauch ich sie noch.

Die Seelen, die ich in meinen Brustkorb verschwinden lassen hab, zeigten Wirkung. Ich spürte, wie wieder etwas Kraft in meine Körper kam. Gerade überlegte ich, wie ich sie am besten angreifen, als ich etwas bemerkte.

Ace Seele war nicht mehr bei mir.

Erschrocken weiteten sich meine Augen, als ich seine Seele bei meiner Schwester sah. „Materialize", langsam erschien Ace neben ihr. Sein Gesicht zeigte seine Irritation, wohingegen sich auf meinem Gesicht Panik breit machte. Lyanells Hand legte sich auf seinen Hinterkopf und bevor er ihre Hand wegschlagen konnte sagte sie: „Puppet". Ace Körper pulsierte kurzeitig. Seine angehobene Hand erschlaffte.

Ich sah die Angst in Ace Gesicht, als er sich, ohne sein Zutun, auf mich zu bewegte. „Nein ...", hauchte ich. Sie hat tatsächlich die Kontrolle über Ace und lässt ihn nun mich angreifen. Seine Bewegungen waren träge, was darauf schließen lässt, dass Lyanell nur wenig Energie hat. Ich könnte Ace ohne Probleme aus dem Weg schaffen, aber ich würde mir dadurch selbst schaden. Lachend beobachtete Lyanell mich, wie ich Ace schwachen Angriffen immer nur auswich. „Ya ... nola, mach ... es.", presste er zwischen seinen Lippen hervor. Ich wusste, dass er will, dass ich ihn töte, damit Lyanell ihn nicht weiter als Marionette benutzen kann.

Ich ... ich kann nicht. Ich will dich nicht umbringen.", meine Stimme klang verzweifelter als ich dachte. „Ich weiß Kleine.", auf seinem Gesicht zeichnete sich ein leichtes Lächeln ab. Nach seinem nächsten Schlag kam ich auf ihn zu, stellte mich direkt vor ihn hin. Alle seine schwachen Versuche mich zu verletzen schlug ich weg. Meine Hände umfassten sein Gesicht und zogen es bestimmen zu mir. Zärtlich drückte ich meine Lippen auf seine Stirn. „Bitte, gib auf meine Eltern Acht, wenn du sie triffst.", flüsterte ich leise.

Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Was ich leider nicht spürte war, dass Ace nach einen meiner Dolche griff. Ich sah, wie sich seine Augen erschrocken weiteten, doch bevor ich verstand was er mir sagen wollte, spürte ich den Dolch in meiner Seite. Ich hab mich zu sehr ablenken lassen ...

Wenn Wille und Geist sich brechen lassenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt