Trauer

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„Wie geht es dir?", hörte ich seine Stimme hinter der Tür fragen. Er hatte gemerkt, dass ich aufgestanden war. „Es geht.", murmelte ich und lehnte mich genau wie er, mit dem Rücken gegen die Tür.

„War es ... schlimm?"

Ich lehnte meinen Kopf gegen die Tür und starrte die Lampe an der Decke an. „Ja", hauchte ich. Langsam rutsche ich der Tür herunter, setzte mich auf den Boden und starrte ins Leere. Es blieb eine Weile Still, bevor Law wieder seine Stimme erhob.

„Die Whitebeard-Piraten werden heute Abend abreisen. Marco wollte noch einmal mit dir reden, aber nur wenn es dir gut genug geht." Mir kam Ace wieder in den Sinn. Ich müsste Marco sagen, was passiert war, dass Ace nicht mehr lebte und nun endgültig gegangen war. Ich wollte, ich musste es Marco sagen. Das wird verdammt schwer. Ich biss mir auf die Unterlippe.

„Ist okay. Ich rede mit ihm.", ich wollte mich aufrichten. „Soll ich mit?", ich stockte in der Bewegung. Er schien zu merken, dass etwas Schlimmes passiert war und dass ich ihn jetzt mehr denn je brauchte. Ich richtete mich gänzlich auf, öffnete die Tür und ließ mich in seine Arme fallen. „Bitte.", flüsterte ich gegen seine Brust. Ich fühlte mich so hilflos und schwach, es war so ungewohnt für mich. Sonst musste ich immer die Starke sein, musste stark sein, damit Lyanell nicht heraus kommt. Doch jetzt war ich schwach, durfte schwach sein, weil nun alles vorbei war. Es tat gut und schmerzte zugleich.

Schwäche zu zeigen war nie leicht und hilflos zu sein war immer ein unschönes Gefühl. Doch ich durfte es nie und deshalb, tat es gut einmal schwach sein zu dürfen.

Law und ich gingen in seinen Kajüte, dort duschte ich mich wusch all den Deck von meinem Körper. Danach zog ich mir eine einfache Jeans und einen von Laws Pullovern an. Er warm ein wenig zu groß und ließ mich kindlich wirken, weshalb mich Law mit einem Grinsen auf den Lippen in den Arm nahm. Kurz wuschelte er mir durch die Haare, was mich daran erinnerte, dass ich diese einmal kämmen müsste. Ich schnappte mir den Kamm und kämpfte mich durch die vielen Kletten in meinen weißen Haaren. Beim kämmen viel mir Laws Schwert in der Ecke des Zimmers auf. Das rote Band zierte nicht wieder die lange Scheide des Schwertes. Fragend schaute ich Law an. „Wo ist das Band?"

Er lächelte mich an, griff in seine Hosentasche und holte besagtes Band heraus. „Hier. Ich wollte, dass du es wieder trägst, damit jeder weiß, dass du zu mir gehörst.", seine Stimme klang rau und männlich. Sein intensiver Blick ließ mich erröten. Er kam auf mich zu, zog mich an der Hüfte näher zu sich. Seine Hände wanderten unter den Pullover, streichelte meine warme Haut, nur um dann an dem Bund der Hose herumzu fummeln. Langsam zog er das Band wie ein Gürtel um meine Hose, knotete es vorne zusammen, rückte es noch etwas zurecht, damit die Enden an meiner Seite herunter baumelten.

Mein Blick wurde von den baumelnden Enden des roten Bands gefangen genommen. Ich gehöre zu Law. Seine Worte rührten etwas in mir. Ich gehörte zu jemanden!

„Danke.", mit geröteten Wangen küsste ich ihn.

Hand in Hand traten wir aufs Deck des gelben U-Boots. Am Stand erkannte ich den Rest der Crew, die laut jubelte, als sie mich von dem Geländer springen sahen. Leicht lächelt kam ich auf sie zu. Ich wurde freudig empfangen, sie alle wollten wissen, wie es mir geht und ich sagte nur, dass es mir gut geht. Sie sollten sich nicht unnötiger Weise Sorgen machen. Einige Meter von uns entfernt sah ich einige Whitebeard-Piraten. Marco war nicht unter ihnen, also musste er auf dem Schiff sein. Zusammen mit Law betrat ich die riesige Moby Dick.

Sofort versammelte sich eine kleine Gruppe um uns herum, die mich sauer anstarrten. „Jean ist Tod!", schrie einer und ich musste kurz überlegen. Doch dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Sie waren sauer, weil ich einen ihrer Leute getötet hatte. Bedrückt starre ich auf den hölzernen Boden.

„Entweder er oder ihr alle wärt in diesem Moment gestorben. Was wäre euch lieber gewesen?", fragte ich leicht säuerlich, als sie mich beschimpften. Kurz schreckten sie zurück. Doch es dauerte nicht lange, bis sie mich wieder beschimpften. „Das hätte man doch auch anders machen können!", schrie einer. „Du wolltest nur jemanden von uns umbringen!", schrie ein anderer. „Monster!"

Law nahm mich schützend in den Arm. „Haltet eure Schnauze!", brüllte er laut. „Ihr wisst doch gar nichts! Tut so als würdet ihr die ganze Situation verstehen und beschimpft und beleidigt sie dann auch noch, obwohl sie euch gerade euer Leben gerettet hatte. Ihr seid erbärmlich!", mit diesen Worten drängte er sich durch die Kleine Gruppe. Doch plötzlich riss uns jemand auseinander und es wurde auf Law eingeschlagen. Er hatte keine Sekunde um zu reagieren, ich schon und ich reagierte reflexartig. Ich wollte das beschützen, was mir noch geblieben war.

Brutal trat ich einen Mann zur Seite, er flog in die Reling. Dem nächsten boxte ich in den Magen, er ging hustend in die Knie. Es stürmten immer mehr auf uns zu. „Fear", rief ich laut. Ich spürte, wie sich eine kleine Druckwelle von mir ausbreitete und jeden um mich herum erfasste. Die Piraten fingen an zu zittern vor Angst, wichen verschreckt zurück. Ich eilte zu Law, half ihm auf die Beine. Er hatte eine aufgeplatzte Lippe und eine Platzwunde an der Stirn, aber sonst scheint es im gut zu gehen.

„Was ist denn hier für ein Radau?", fragte Marco als er aufs Deck geschritten kam.

Wenn Wille und Geist sich brechen lassenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt