Weil wir Geschwister sind

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„Ach Liebes, wir lassen dich doch nicht allein.", meine Mutter versucht aufmunternd zu klingen. Ich suchte ihren Blickkontakt, doch sie wich mir aus. Wütend schlug ich gegen die Wand. „Merkt ihr es nicht? Immer wenn ihr euch an damals erinnert, könnte ihr mir nicht mehr in die Augen sehen, geschweige denn mich anfassen!", brüllte ich und war aufgesprungen. „Jedes Mal passiert dasselbe. Und jedes Mal tut es mir mehr weh!", es sammelte sich Tränen in meinen Augen.

Mein Vater machte Anstalt auf zu stehen und mich in den Arm zu nehmen, hielt aber inne. Es schien so, als hätte sich eine Grenze um mich gebildet, die meine Eltern nicht zuüberschreiten wagten.

„Wenn ihr mich anseht, seht ihr nicht mich sondern Lyanell." „Ihr seid Zwillingsschwestern, was erwartest du?", meine Mutter fuhr entrüstet auf.

„Ihr seht sie, wie sie euch damals umgebracht hatte.", meine Stimme war ein Flüstern, doch ich wusste, dass die beiden mich verstanden hatten. Mein Blick traf den meiner Mutter.

Erschrocken weiteten sich ihre Pupillen

„Yanola, das stimmt doch gar nicht.", schimpfte mein Vater. Wütend stierte ich ihn an und nahm ihm dadurch etwas von seiner, viel zu geringen Selbstüberzeugung. „Es stimmt und ihr beide wisst es ganz genau!". Bevor meine Eltern etwas erwidern konnten, schritt ich auf sie zu, legte meine Hände auf ihre Köpfe und ließ sie verschwinden. Eisern blendete ich die beiden aus, als sie versuchten mich zu erreichen.

Meine Faust landete hart auf der Wand.

Mit Tränen in den Augen ließ ich mich auf den Boden sinken. Immer mehr Bilder aus vergangenen Tagen drängten an die Oberfläche und ich schüttelte wild den Kopf. „Aufhören!", schrie ich verzweifelt und schlug mit der Stirn gegen die Wand. Blutfloss mir über dir Stirn.

Doch ich konnte sie nicht mehr aufhalten, zu stark waren die schmerzenden Gefühle, zu stark war dasselbe Gefühl wie damals vorhanden. Erschöpft drehte ich mich mit dem Rücken zur Wand, ließ mich gegen diese fallen und schaute mit leeren Augen zu den Sternen hinauf.

Ließ mich langsam von den Bildern überrollen.

Meine Schritte trugen mich über die gepflasterte Straße, zu dem Haus meiner Eltern. Es waren nun sechs Jahre vergangen, seit meiner Verbannung und trotzdem war ich zurückgekehrt. Vor einem Jahr hatte ich diese Teufelsfrucht gefunden. Ich war überglücklich gewesen, endlich eine Möglichkeit gefunden zu haben mit meinen Eltern verbunden zu bleiben, ohne, das sich heimlich auf der Insel sein musste

Verängstigte und verhasste Blicke wurde mir zu geworfen und alle wichen mir aus. Mir war es egal, wie die Dorfbewohner reagierten.

Doch Lyanell nicht.

Lachend stürmte ich in das Haus meiner Eltern und fiel meiner Mutter um den Hals. „Schatz, was machst dudenn hier?", fragte sie entgeistert aber drückte mich fester an sich. „Ich habe Teufelskräfte und die geben mir die Kraft euch immer bei mir zu haben.", sagte ich ihr strahlend. Sie setzte mich auf den Boden ab und schaute mich ernst an. „Yanola, wenn das ein Scherz ist-" „Nein, ist es nicht.", rief ich aufgebracht und beorderte meinen Vater her. „Bleibt so stehen.", befahl ich ihnen und legte meine Handflächen auf ihre Bäuche. „Promise"

Ein Schmerzimpuls fuhr durch unsere Körper.

Wir sind jetzt für immer miteinander verbunden.", lachte ich überglücklich und sprang meinen Eltern um den Hals. Eine Weile verharrten wir in dieser Position. Laute Rufen ließen uns auseinander fahren. „Yanola, los verschwinde!", mein Vater schob mich zur Hintertür. Er schubste mich hinaus, lächelte mich an. „Bis bald.", sagte er, bevor er die Tür schloss.

Ich wusste, dass ich die Insel verlassen musste. Ich wusste, dass die Dorfbewohner mich jagten. Doch mir war es egal.

Lyanell nicht.

„Bitte nicht weiter.", flehte ich meine Gedanken an und schlug meinen Kopf wieder leicht gegen die Wand. Doch die Bilder spulten unaufhaltsam weiter.

Hektisch rannte ich zum Hafen, wurde aber von einigen Männern aufgehalten. „Bleib hier du Monster! Wir hätten dich gleich töten sollen, anstatt dich am Leben zu lassen.", rief einer und schlug mit einem Säbel nach mir. Erschrocken wich ich aus.

Ich werde doch jetzt gehen und nie wiederkommen.", versuchte ich die Männer zu beschwichtigen, doch sie wollten nicht hören. Brüllend gingen sie auf mich los und ich flüchtete zurück ins Dorfinnere. Schwer atmend bog ich um die nächste Ecke, landete aber in einer Sackgasse und bevor ich umdrehen konnte, hatten mich meine Verfolger schon eingeholt.

Lyanell wurde langsam wütend.

Bitte, lasst mich in Frieden. Ich werde diese Insel verlassen, glaubt mir doch!", rief ich verzweifelt. Doch die Meute knurrte nur und drängte mich weiter in die Sackgasse hinein.

Lyanell wurde noch wütender und stemmte sich gegen meine Kontrolle. Und so verzweifelt und ängstlich wie ich war, verlor ich sie, die Kontrolle über meine wahnsinnige Zwillingsschwester.

Mit weitaufgerissenen Augen starrte ich in den Himmel. Leise wimmerte ich, zog meine Knie an und bette meinen Kopf darauf. Wie ein kleines Kind umschlang ich meine Beine mit meinen Armen und wiegte mich leicht hin und her.

Genug der lieben Worte.", kicherte Lyanell und schnappte sich einen Säbel aus der Hand eines Mannes und rammte es diesen in den Leib, sodass das Blut nur so spritze. „Das ist dafür, dass ich mich eingesperrt hattet.", sie ging auf die nächsten los. Stach einem genau ins Herz, einem anderen von oben in den Hals und einem dritten schlug sie dem Kopf ab. Ich selbst konnte nur zusehe, wie sie, umgeben von geschockten Dorfbewohnern, in einem See aus Blut stand.

Zusehen, wie sie das ganze Dorfabschlachtete

Zusehen, wie sie es genoss diesen Menschen das Leben zu nehmen.

Zusehen, wie sie den Anblick des roten Blutes in Ekstase geriet.

Sie machte vor nichts halt ... nicht vor Kindern, nicht vor hilflosen Frauen oder alten Menschen.

Und auch nicht ... vor unseren Eltern.

Sie waren die letzten, Lyanell hatte sie ganz bewusst als letzte übrig gelassen. Leise betrat sie, mit zwei blutigen Säbeln in der Hand, das Haus. Unsere Eltern standen dort, direkt vor mir, sahen mich traurig an. „Lyanell, bitte reiß dich zusammen.", bat meine Mutter und machte einen Schritt auf mich zu. „Fass mich nicht an!", schrie Lyanell und schlug meine Mutter zu Boden.

Hinknien.", befahl sie. „HINKNIEN!", schrie sie wieder, als unsere Eltern sich weigerten. Seht mich genau an. SEHT MICH AN!", Lyanell fuhr sich mit den blutigen Händen durch meine eisblauen Haare. Der Wahnsinn spiegelte sich in ihren blauen Augen wieder, welche weitaufgerissen meine Eltern anstarrten. Grausam fing sie an zu lachen.

Ihr habt mich zu verantworten, ihr seid schließlich meine lieben, netten Eltern.", sie ging bedrohlich einen Schritt auf unseren knienden Eltern zu. „Aber was macht ihr?Ihr schließt mich in den Körper meiner nichts nutzigen Schwester einund verbannt uns dann auch noch?!", wütend schlug sie meinen Vater zu Boden. Grob packte sie ihn am Kragen und zog ihn wieder auf die Knie.

Merkt euch dieses Gesicht. Merkt es euch gut und erinnert euch immer an das, was heute hier passiert war!", laut lachte sie. Sachte, fast schon liebevoll, setzte sie die Spitzen der Säbel genau auf Höhe ihrer Herzen an. „Vergesst diesen Tag nicht.", flüsterte sie, als sie sich zu den beiden vorgebeugt hatte.

Mit einem kräftigen Ruck durchbohrte sie die Herzen unserer Eltern und ich ... musste zusehen.

Panik. Schock. Fassungslosigkeit. Angst.

All dies spiegelte sich in den Augen meiner Eltern wieder, bevor sie leblos nach vorne kippten. Lyanell wollte lachen, doch der aufkommende Schmerz hinderte sie daran und schließlich kippte auch sie bewusstlos um.

Um mich wurde es schwarz ....

Wenn Wille und Geist sich brechen lassenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt