Kapitel 6

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Arkin kniet auf dem Boden. Er hält Mikas Wolf fest in seinen Armen und unzählige Tränen laufen über seine Wangen. Immer wieder flüstert er seinem Omega entschuldigende Wort ins Ohr und das alles wieder gut wird. "Der Doc ist auf dem Weg", bricht Birger die angespannte Stille. Für ihn ist der Anblick des schwer verletzten Mikas ebenfalls kaum erträglich. Seit dem ersten Kennlernen ist Mika ihm wichtig. Agnar sitzt am Bücherregal und wimmert leise vor sich hin. Auch wenn er Mika gerade einmal einen Tag kennt, hat er den Kleinen bereits in sein Herz geschlossen. Wer könnte es nicht bei seiner freundlichen und fürsorglichen Art.
"Ich bin so schnell gekommen wie ich konnte", keucht der Doktor außer Atem. Zum Glücken hatten die beiden Vampire die Haustür offen gelassen, sodass der Arzt direkt zu seinem neuen Patienten laufen konnte. "Eure Hoheit? Würden Sie bitte zur Seite treten, damit ich mich um den Verletzten kümmern kann?", fragt der ältere Herr höflich und senkt respektvoll den Kopf. Arkin nickt nur und begibt sich niedergeschlagen mit Birger in die Küche. Er würde die Beherschung verlieren, wenn er sieht, wie der Arzt Mika instrumental versorgt. Wieder verlässt ein schluchzen seine Kehle. Sein armer Mika wurde nur wegen ihm so zugerichtet! Er wollte doch aber für immer auf ihn aufpassen und ihn beschützen! Doch er hat versagt. "Du musst jetzt für ihn stark sein Arkin. Er braucht dich jetzt", versucht Birger seinen besten Freund zu beruhigen und nimmt ihn fest in den Arm.
Agnar ist immer noch auf seinem Platz und erhält durch ein leises Knurren die Aufmerksamkeit des Arztes. Verwundert wird er angeschaut. Unter dem Blick des Arztes läuft der Beta zu Mikas Medizinschrank und stubst die Salbe an, die Mika für seine Wunde verwendet hat. Vielleicht wird sie dem weißen Wolf helfen. Der Vampir versteht die stumme Aufforderung und greift nach der Dose. "Hat der Omega dies hergestellt?", fragt der Mann und betrachtet die Salbe. Agnar nickt und deutet auf seine bereits fast verheilte Wunde. "Er hat sie bei dir angewendet und es hat geholfen. Jetzt möchtest du, dass ich sie auch bei ihm verwende?", fragt der Arzt nach und erhält wieder ein Nicken als Antwort. Dann verlässt der braune Wolf ebenfalls den Wintergarten. Während des "Gesprächs" hat sich der Vampir bereits einen Überblick über die Wunden verschafft. "Prinz? Könnten Sie oder ihr Freund mir eine Schüssel mit warmen Wasser, einen Lappen und einen Rasiere bringen?"
In wenigen Sekunden steht alles bereit und der Doktor legt den ohnmächtigen Mika auf dessen leeren massiven Holztisch, welcher mit einem sterilen Tuch vorher abgedeckt wurde. Zuerst widmet er sich der großen Bisswunde an der Flanke. Diese und das umliegende Fell reinigt er, ehe er das weiße Fell einige Zentimeter um die Wunde herum abrasiert. Somit kann er die Verletzung besser versorgen und das Fell würde sich auch nicht in dieser verkleben. Nachdem der Arzt Mika die Betäubung verabreicht hat, beginnt er die Wunde zuzunähen. Anschließend verteilt er noch die selbsthergestellte Salbe und verbindet dann die Flanke.  Nachdem auch die Kratzspuren verarztet sind, trägt der Doktor den kleinen Wolf zu der Kissenlandschaft vor dem Kamin. Auf einem großen Kissen, auf dem zwei liegende Personen Platz hätten, legt er ihn ab und deckt ihn mit einer flauschigen Decke zu. "Mein Prinz, ich habe den jungen Wolf versorgt. Es wird ein paar Tage daueren bis seine Wunden verheilt sind. Sie wissen ja, wie es um seine Heilungskräfte steht. In der Zeit sollten Sie bitte darauf achten, dass der Omega genug isst, trinkt und sich vorallem kaum bewegt. Ich werde täglich vorbeikommen und die Verbände wechseln. Wenn ich noch etwas für Sie tun kann, sagen Sie mir einfach bescheid", redet der ältere Vampir mit Arkin. "Vielen Dank Doktor. Könnten Sie sich das Bein von unserem anderen Werwolf ansehen? Er ist seit gestern hier", fragt der Prinz mit brüchiger Stimme. "Selbstverständlich." Nach einer kurzen Untersuchung, ergreift der weißhaarige Mann erneut das Wort: "Die Verletzung ist gut verheilt, was wirklich erstaunlich ist. Ich habe jetzt noch einmal die Salbe von dem Omega aufgetragen und das Bein verbunden. Eine Verwandlung sollte morgen wieder möglich sein. Ich wünsche Ihnen noch einen möglichst angenehmen Tag und bis morgen."
Sobald der Arzt weg ist, holt Arkin die Blumen, die er zuvor gekauft hat und stellt sie samt Vase auf den Holztisch. Sobald sein kleiner Wolf aufwacht,  wird er sie dann sehen und sich hoffentlich darüber freuen. Er setzt sich neben den Omega und legt vorsichtig dessen Kopf auf seine Beine."Es tut mir so leid Mika. Ich wollte das doch alles gar nicht. Ich hatte kein Recht dazu dich anzuschreien und dir Vorwürfe zu machen. Doch ich hatte in dem Moment einfach Angst um dich. Du bist doch mein kleiner Werwolf und plötzlich stand ein fremder Wolf, nochdazu viel stärker als du, bei dir im Haus. Ich hatte Angst, dass er dich so verletzt wie deine alten Rudelmitglieder. Dazu kam noch der intensive Geruch von deinem Blut....", schüttet der Vampir sein Herz aus. "Ich hoffe du verzeihst mir", flüstert Arkin und drückt dem schlafenden Mika einen Kuss auf seine Stirn. "Ich werde uns einige Sachen holen, dann können wir die nächsten Tage beide rund um die Uhr für ihn da sein. Du weist, Mika hat in mir einen noch größeren Beschützerinstinkt geweckt und ich würde gerne hier bei ihm bleiben", spricht Birger und krault den weißen Wolf kurz hinter seinen Ohren. Auch wenn diese Geste in Arkin das Gefühl der Eifersucht erweckt, versucht er ruhig zu bleiben. Birger würde ihm niemals Mika wegnehmen! "Ich werde mitkommen. Ich muss noch ein paar Unterlagen holen", antwortet der Vampirprinz und legt Mika bequem auf das riesige Kissen. Nachdem er sich erhoben hat, schweift sein Blick zu dem Beta. "Ich muss mich auch bei dir für mein Verhalten entschuldigen. Du darfst natürlich hier bleiben. Dennoch würde ich gerne mit dir ein Gespräch führen, sobald du dich wieder verwandeln kannst. Ich möchte mehr über dich erfahren und wie es zu deiner Verletzung gekommen ist. Bitte pass auf Mika auf solange wir unterwegs sind", entschuldigt sich Arkin bei seinem Gast und erhält eine dankende Geste.
Während die beiden Vampire auf dem Weg zum Schloss sind und Birger aufmunternd auf seinen Kumpel einredet, legt sich Agnar hinter Mika und zieht die Decke enger über sie beide. Er möchte ihm Wärme und das Gefühl der Geborgenheit spenden, so wie es seine Mutter einst bei ihm getan hat, als er noch ein Welpe war. Der Beta beginnt schließlich damit, Mika mit seiner rauen Zunge zu putzen. Durch die Worte des Prinzen ist ein Teil seiner Anspanngung von ihm gefallen. Der braune Wolf wird auf jeden Fall solange bleiben, bis es seinem Retter wieder besser geht. Sein Alpha hat er bereits darüber in Kenntnis gesetzt. Dieser ist einverstanden, möchte jedoch einen regelmäßigen Bericht über die Gedankenkommunikation von seinem besten Freund, damit er weiß, dass es diesem gut geht.  Durch die viele Aufregung und Besorgnis der letzten paar Stunden, schließt der Beta seine Augen und versucht sich, mit gespitzten Ohren, auszuruhen.

Gefährten- Zwischen Mond und BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt