Collapsed

75 5 0
                                    

Mein Blick schweifte panisch durch den Raum und blieb an der Tür stehen. Der Balkon.
Ich ging zügig auf die Holztür zu und öffnete sie schnell. Der Balkon hatte wenig Platz und war von einem Holzgeländer umgeben was das ganze einzäunte. Nur ein kleiner Stuhl und ein Aschenbecher stand hier. Er rauchte also.

An der rechten Balkonseite war ein Baum der relativ nah stand, die Äste reichten fast bis zum Geländer. Mein Gehirn lief auf Hochtouren und ich wusste nicht ob ich nun zum anderen Baum klettern sollte oder nicht. Bevor ich jedoch die Chance hatte darüber nachzudenken hörte ich jemanden die Leiter Hochklettern. Automatisch sackte ich auf dem Boden zusammen und machte mich ganz klein, die Tür neben mir war noch einen Spalt geöffnet aber ich traute mich nicht mehr mich zu bewegen um sie ganz zu schließen. Ich presste meinen Rücken an die Holzwand hinter mir. Mein Puls erhöhte sich aber ich versuchte ruhig und leise zu atmen um nicht entdeckt zu werden. Er würde mich schon nicht entdecken, hoffentlich.

Das Holz knarzte und verriet mir somit das er nun oben angekommen war, ich atmete etwas schneller. Die Stille ließ sich durch ein lautes Geräusch unterbrechen. Ein Telefon Klingelte, aber nicht meins. Es klingelte für ein paar Sekunden aber dann verstummte es.

"Hallo?"

Ich hab mir eigentlich schon gedacht das es Thomas ist aber das hatte sich nun Endgültig bestätigt da ich seine Stimme erkannte. Es war eine weitere Stimme zuhören die anscheinend vom Handy aus kam aber ich konnte sie nicht verstehen, es war zu leise.
Es wurde wieder still. Dann ein seufzen von Thomas. Ich würde Zugern wissen worum es in dem Gespräch geht. Ich rutschte mit meinem Körper etwas näher zur Türe und versuchte durch den kleinen Spalt etwas zuerkennen. Ich blieb dennoch vorsichtig, ich wollte ja nichts unüberlegtes tun und es am Ende bereuen.

„Was? Wieso?"

Sein Ton war zornig.
Thomas stand da mit seinem Handy am Ohr und sein Blick war wuterfüllt. Er war sauer, aber warum?

„Ist das dein Ernst? Gib's doch zu du magst ihn viel mehr als mich!"

Er lief dabei wütend umher und schrie schon fast ins Telefon. Wovon redet er bloß?

„Kindergarten?! Du verhältst dich wie im Kindergarten!
Das war meine Zukunft! Und die nimmst du mir einfach weg!"

Mit den Sätzen schrie er nun herum, hielt sein Handy vor sich und legte wütend auf. Er fuhr sich wütend durch die Haare. Ich dachte schon das er sich diese rausriss, sein Griff war wirklich fest aber dann lies er los.
Er lief aufs Bücherregal zu und schmiss mit voller Kraft einige Bücher auf den Boden. Er trat mit seinen Beinen gegen die Wände und schrie herum.
Wow, so hab ich ihn noch nie erlebt und der Anblick macht mir einfach nur noch Angst. Seine Fäuste waren geballt und etwas Blut tropfte auf den Boden.

„Dieser beschissene Bastard nimmt mir alles weg! Alles!"

Es war so laut das ich dachte die ganze Stadt würde es hören aber da wir in einem Wald waren war dies eher unwahrscheinlich. Es klingt bescheuert aber er macht mir langsam echt Sorgen, ich will wissen wieso er plötzlich so drauf ist. Wenn ich an den kleinen Jungen aus dem Tagebuch denke und mir jetzt Thomas anschaue ist er überhaupt nicht mehr wiederzukennen.

Ich hatte für eine lange Zeit eine echt verkrampfte Position eingenommen, es tat langsam weh also ging ich wieder auf die vorherige Position, weg vom Türspalt. Ich atmete erleichtert aus, meine Muskeln waren jetzt nicht mehr so angespannt. Ich blieb trotzdem so leise wie es ging.
Es wurde ruhig, er schrie nicht mehr rum oder zerstörte Dinge und nahm sein halbes Baumhaus auseinander, nein es war still.

Bis ich plötzlich ein wimmern hörte. Weinte er etwa? Ich konnte mir nicht vorstellen das er andere Gefühle besaß außer die Wut aber anscheinend war das alles nur eine Fassade die nun zerbrach. Eine Fassade die er nicht mehr halten konnte, ich kannte dieses Gefühl. Wenn alles zusammenbricht und man einfach nicht mehr kann, nicht mehr will und alles hoffnungslos erscheint.
Ich schloss meine Augen.

Ich kannte dieses Gefühl ganz genau.

Ich weiß genau wie er sich gerade fühlt. Ich weiß zwar nicht was vorgefallen ist, wer mit ihm sprach oder von wem er sprach aber ich weiß das irgendwas in seinem Leben passiert sein musste das er so ist wie er heute ist. Niemand ist von Anfang an böse, niemand.
Und genau deswegen werde ich jetzt aufstehen und zu ihm gehen. Ich war voller Mut und Ehrgeiz. Zwar hab ich keine Ahnung was jetzt passieren wird und ob ich einfach nur lebensmüde bin aber er braucht jetzt jemanden. Ich erhob mich also und griff langsam die Türe und schob sie auf. Der Anblick war erschütternd. Er saß zusammengekauert in einer Ecke, um ihn herum lagen Bücher, einige aufgeschlagen und zerrissen. Er Umschulung seine Beine mit seinen Armen und hatte seinen Kopf darin vergraben.
Auch wenn er gemein zu mir war, es Brach mir das herz ihn so zu sehen. So..
Gebrochen.

Ich bewegte mich vorwärts und hörte Scherben unter meinen Schuhsohlen knirschen. Ein umgedrehter Bilderrahmen lag auf dem Boden. Meine Bewegungen waren das Gegenteil von leise.
Mein Blick ruhte auf Thomas. Er hörte natürlich die Scherben und erhob seinen Kopf. Ich konnte nicht aufhören ihn anzustarren als ich sein Gesicht sah. Seine Augen waren total gerötet und sein Gesicht funkelte durch die Tränen auf seinen Wangen. Er schaute mich ebenfalls an. Er war deutlich verwirrt.
„Was.." war das einzigste was er sagen konnte. Ich ging noch immer langsam auf ihn zu. Wie als ob ich mich einem verschreckten Reh langsam nähern würde. Vor ihm angekommen hockte ich mich zu ihm runter. Er beobachtete jede kleinste Bewegung von mir.

Ich konnte das brennen in seinen Augen erkennen und sah wie sich Wut bildete. Er wollte seine Fassade wieder aufbauen, ich ließ es aber nicht zu. Nicht dieses Mal.
„Hör auf, Thomas"
Die Wut in seinen Augen löste sich innerhalb von Sekunden auf und er schaute mir durchgehend in die Augen.
„Woher.." er bekam immer nur einzelne Wörter raus, es war schwer sie zu verstehen da er auch noch leise sprach aber ich hörte sie. Bevor er seine Frage stellen konnte vollendete ich seinen Satz.
„Woher ich deinen Namen weiß? Hab's in deinem Tagebuch gelesen"
Mir stockte der Atem als ich bemerkte was ich gerade gesagt hatte. Ich hab sein Tagebuch gelesen. Sein Tagebuch. Das hätte ich nicht tuen sollen.
„Du hast.. was?!"
Die Wut entfachte sich wieder in seinen Augen und ich bekam kein Wort mehr raus. Das hätte ich nicht sagen sollen, definitiv nicht.
War ja klar das dass hier kein gutes Ende für mich nimmt.

Sein ganzer Körper spannte sich an, er stand ruckartig auf und zog mich an meinem T-shirt mit hoch. Sein Blick war Finster und er zog mich immer näher zu sich sodass ich seinen Atem in meinem Gesicht spürte. Er war kalt, wie konnte er kalt sein?
„Du Knirps hast mein Tagebuch gelesen?!"
Ich bewegte meinen Kopf nur Millimeter um zu nicken doch er verstand es direkt. Sein Atem wurde schneller und Aggressiver.
Ich wollte mich aber diesmal nicht so einfach geschlagen geben also erwachte ich aus meiner Angststarre und versuchte ihn von mir weg zu schubsen. Natürlich ohne Erfolg. War ja klar..
Nun kam das Lachen wieder von ihm und es war noch gruseliger als davor. Ich gefror wie Eis und bewegte mich nun garnicht mehr. Er hielt mich noch immer fest und nahm mit seiner anderen Hand meine Schulter. Er hielt sie fest. Warum?
Der Schmerz in meiner Magengrube beantwortete mir diese Frage in Sekunden. Er hatte sein Knie dafür benutzt. Ich beugte mich nach vorne und keuchte schmerzvoll auf. An meinem Kopf fühlte ich etwas kaltes, es war sein Körper an den ich mich gelehnt hatte.
Egal, ich war sowieso schon so gut wie erledigt.
Ich hörte wieder sein Lachen und diesmal spürte ich es durch die Vibration an seinem Körper. Er richtete mich mit seinen Händen wieder grob auf und schauten uns wieder an. Ihn schien es wieder blendend zu amüsieren und die Wut bildete sich in mir. Immer muss er so dreckig lachen.
„Hör auf deine Gefühle immer mit Wut zu unterdrücken!"
Ich schrie ihn an. Wir beide blickten uns überrascht an. Wo hatte ich den Mut auf einmal her? Ich weiß es nicht aber es war ein tolles Gefühl mal seine Meinung zu sagen.
Sein Griff löste sich von mir und er ging ein paar Schritte zurück bis er an der Wand ankam und sich dagegen lehnte. Er atmete tief ein und aus. Nach einer Pause ergriff er das Wort.
„Geh jetzt" sagte er ruhig.
ich schaute ihn verwirrt an, warum?
„Na los!" sagte er etwas lauter und schon machte ich mich auf den Weg die Leiter runterzuklettern. Als ich unten ankam schaute ich nochmal hoch aber ich sah ihn weder am Balkon noch an der Öffnung.
Seufzend wendete ich meinen Blick ab und ging nach Hause.









Leben überhaupt noch irgendwelche Leser? Naja bis zum nächsten mal :)

1510 Wörter

Gute Reise <3

Play with the devil [Newtmas]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt