Kapitel 16 •Im Wald•

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»Loresa's Sicht«
Kujtim sah mich ganze Zeit bemitleidend an, was für mich schon Alltag geworden ist. „Es ist okey, Kujtim. Mir geht's gut.", räusperte ich mich lachend. Er lächelte leicht, was mich ebenso zum Lächeln brachte. „Oh Gott, Lorent. Wenn du nur wüsstest, was die getan hat.", sprach Kujtim nun und zeigte bei dem Wort 'die' auf mich. Ich bin ihm so dankbar, für das Themenwechsel! Lorent sah Kujtim fragend an. „Er ist zwar dran gewöhnt, aber erzähl ruhig.", erwiderte ich lachend. [...] „I'm not even sorry! (Es tut mir nicht mal Leid!)", sagte ich ehrlich. „Lora, du musst wirklich aufpassen. Der hätte sonst was mit dir angestellt.", kam Lorent zu Wort. „Ja, was soll ich machen. Er soll halt nächstes Mal aufpassen!", zischte ich genervt. „Jetzt lernt er hoffentlich daraus.", fuhr ich fort. „Und hoffentlich sehe ich sein hässliches Gesicht nie wieder.", murmelte ich noch hörbar. „Ach komm, der sah schon echt gut aus.", erwiderte Kujtim, weswegen Lorent ihn geschockt ansah. „Bro?", fing Lorent an. Ein 'Hmm' folgte von Kujtim, weswegen Lorent seinen Satz beendete: „Bist du schwul? Jetzt ernst gemein." Ich fing an zu lachen, da Kujtim seine Augen aufriss und so tat, als hätten wir ihn bei etwas erwischt. „Lorent, er hat doch eine Freundin!", merkte ich an der Stelle an. „Für den Mysteriösen Kerl würd ich aber Schwul werden. Sag es nicht Anis!", spielte er uns vor. Ich lachte bloß und machte ein Audio an Anis, um ihr von Kujtim's Worten zu erzählen. Sie antworte mit ein paar Lachsmileys und ging sofort wieder offline. Das war komisch. Ich widmete mich wieder an die Jungs und wir verbrachten die restliche Zeit zusammen, bis Kujtim auch gehen musste. „Meld dich bei mir, wenn es etwas Neues gibt. Sollte der Komische erneut anrufen, gibst du das Telefon direkt an Lorent. Verstanden?", hackte er nach. Ich nickte eifrig und hob meine Hand hoch, was ihm zeigen soll, dass er einschlagen soll. Ich schloss die Tür hinter mir und ging kurz ins Wohnzimmer, um meinen Eltern zu sagen, dass Kujtim ging. Ich frage mich echt, was meine Familie sagen wird, wenn sie erfahren, dass Kujtim der Verantwortliche für meinen Unfall ist. Nennt mich naiv, oder zu gutherzig, aber ändern werde ich an diesen Charaktereigenschaften nichts. Ich ging in meinem Zimmer und wollte mich hinlegen, als mir einfiel, dass ich mein Handy auf der Kommode im Flur gelegt hatte, als ich mich von Kujtim verabschiedete. Ich stand genervt auf und lief zur Kommode, während mein Handy wie verrückt klingelte. „Kush o? (Wer ist das?)", rief meine Mutter. „Keine Ahnung. Ich schau mal.", schrie ich zurück, damit sie mich auch hören kann. Ich sah auf mein Handy: Anonym. Kann doch nicht wahr sein. „Lorent?", rief ich durch die Wohnung, doch keine Antwort. „Oj Mam, wo ist Lorenti?", fragte ich nun sie. „Keine Ahnung.", antwortete sie schulterzuckend. Ich werde doch wahnsinnig. Ich sah erneut auf mein Handy und der anonyme Anrufer hatte schon aufgelegt. Das beruhigte mich einwenig. Kaum hatte ich mein Handy in meine Hosentasche gesteckt, tauchte Lorent vom Balkon auf. „Ach, da bist du also. Come on. I need to talk to you. In private. (Komm jetzt. Ich muss mit dir reden. Unter vier Augen.)", flüsterte ich. Da meine Eltern kein Englisch sprechen können, reden wir sehr gerne auf Englisch, wenn etwas mal unter Geschwister bleiben soll. Meine Mutter lachte auf und schüttelte ihren Kopf, als ich Lorent aus dem Wohnzimmer zog. „Gehen wir raus? Ich brauch eine.", deutete ich an. Er nickte schnell und nahm die Kippen und das Feuerzeug mit. Draußen angekommen fing ich direkt an: „Er oder sie hat wieder angerufen." Ich zog einen Zug und pustete ihn sofort aus meiner Lunge raus. Das tat gut. (btw: RAUCHEN IST TÖDLICH ALSO STOP THAT SH!T) Ich lief mit meiner Kippe weiter und zog einige Male daran. Jedoch wurde dieser ruhige Moment durch ein klingelndes Handy gestört. Natürlich meins. Ich gab mein Handy an Lorent weiter, der das Handy annahm. Nach einem knappen 'Hallo' drehte er sich verwirrt nach hinten. Ich tat es ihm nach und versuchte herauszufinden, wohin er denn schaute. Ganz hinten erkannte ich den Umriss einer schwarz-gekleideten Person. Ich zog nervös an meiner Kippe und schmiss die auf dem Boden. Lorent zog mich mit und wir liefen los. „Lora, hör nicht auf zu rennen! Verstanden?", schrie Lorent. Ich nickte bloß und rannte mit ihm. Wohin? Das wussten wir selber nicht. Wir rannten und rannten, doch als ich später das Kreuz sah, welches sich in einer Kreuzung befand, wurde mir ganz schwindelig. Der Unfallort. Der Ort, den ich mit meinem ganzen Herzen hasste. Der Ort, der mir meinen Lieblingsmensch wegnahm. Der Ort, den ich seit dem Tag an, nie wieder betreten hatte. Tränen rollten meinen Wangen herunter während ich weiter lief. „Wir müssen weiter laufen. M'fal! (Es tut mir Leid!)", schrie Lorent überfordert. Ich drehte mich nach hinten um und sah den schwarzen Van. Allah, hilf uns. Ich rannte plötzlich viel schneller und zog Lorent mit mir, doch er zog mich plötzlich in einem Wald. „Was machen wir hier, Lorent?", schrie ich überfordert und konnte nicht aufhören zu weinen. „Vertrau mir.", sagte er bloß und lief weiter. Irgendwann konnte ich einfach nicht, aber ich musste mich zusammenreißen. „Wir sind gleich da.", rief Lorent etwas leiser. Ich konnte nicht mal die Frage stellen, denn schon zog er mich mit zu einem Gebüsch. „Oke, warte was?", fragte ich sauer. Lorent sah wie wild um sich herum und schob die Äste mit Blättern etwas zur Seite. Warte. Was? Er streckte seine Hand und zog mich durch das Gebüsch. Ich schloss automatisch meine Augen und hielt mir die Hand vor das Gesicht. Als ich meine Augen langsam öffnete standen mehr als zehn Jungs und Mädels vor mir. Sie blickten verwirrt zu mir, was ich ihnen gleich tat. Was geht hier vor sich, Lorent und wer sind diese Menschen?
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Sekreti jonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt