20. Feuerherz

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,,Bryaxis ist wieder da? Nach dem Krieg das erste Mal?", fragte Devlon Rhysand ernst und ohne jede Abscheu. Rhysand verbarg seine Überraschung und nickte bloß.
,,Hat Devlon Beyraxis schon gesehen?", flüsterte ich Azriel zu und er nickte. Leicht beugte er sich zu mir, seine raue Stimme strich über mein Ohr.
,,Er kennt das Wesen, woher weiß niemand. Bisher weigerte er sich strikt, darüber zu sprechen und Rhysand hatte das akzeptiert. Aber jetzt liegen die Dinge anders."
Aelin ließ sich leise auf einen Stuhl in der Ecke fallen und beobachtete still, wie Devlon sich erhob und unruhig im Zelt umherlief.
,,Ich habe euch gleich gesagt, es ist eine schlechte Idee, einen Packt mit ihm abzuschließen!", zischte er seinem High Lord zu.
,,Wo ist eure High Lady? Sie ist für all das verantwortlich!" Rhysands Blick wurde eiskalt und er faltete seine Flügel ordentlich hinter seinem Rücken.
,,Feyre trifft keine Schuld. Ich habe die Vereinbarung mit Bryaxis getroffen.", sagte der High Lord mit gefährlicher Ruhe.
Devlon schnaubte.
,,Dann seid Ihr noch immer der selbe dumme Junge wie früher."
Binnen einer Sekunde war Cassian bei ihm und hielt ihm ein Messer an die Kehle.
,,Sollten die nächsten Worte nicht Euer erbärmliches Flehen um Vergebung sein, waren es Eure letzten.", zischte er Devlon ins Ohr. Devlons Wangen wurden eine Nuance weißer, als Cassian das Messer fester an seine Haut presste. Als er sah, wie Manon ihre Nägel aus Eisen ausfuhr. Als er sah, wie Aelin eine Flamme in ihrer Hand tanzten ließ. Als er sah, wie Fenrys sich in einen weißen Wolf verwandelte. Als er sah, wie Dorians Hände mit einer dünnen Eisschicht überzogen wurden. Als er den Wind sah, der Rowans Haare wie aus dem Nichts aufwirbeln ließ. Als er den Geisterleoparden neben sich sah. Als er den Wahrsager in Azriels Händen sah.
,,Wer seid ihr?", hauchte er mit bleichem Gesicht.
Rhysand wartete einen Moment, kostete die Panik in Devlons Augen aus und lehnte sich an einen Holzpfahl. Er ignorierte Devlons Frage.
,,Sagt es.", forderte er mit weicher Stimme. ,,Was wisst Ihr über Bryaxis?"
Wut blitzte in den verängstigen Augen des Heerführers auf, aber er schluckte sie hinunter.
,,Bryaxis ist frei, unabhängig. Nie wieder wird er in die Zelle in der Bibliothek zurückkehren!" Cassian verdrehte die Augen.
,,Wie fängt man ihn wieder ein?", fragte Rhysand und verschränkte die Arme. Devlon presste die Lippen zusammen und schwieg. Rhysand hob eine Braue, aber der Heerführer schüttelte stur den Kopf.
Plötzlich schrie er auf, seine Augen verdrehten sich. Rhysand stand ruhig da, ein grausames Lächeln um spielte seine Mundwinkel.
,,Danke für Eure Kooperation.", sagte er mit einem Kopfnicken. Ich verstand. Er war in seine Gedanken eingedrungen, hatte sich die Lösung selbst geholt. Und Devlon daran erinnert, dass er sein Herr war.

Wenig später standen wir draußen auf dem Trainingsgelände und machten uns bereit, den Wind nach Velaris zu teilen. Jemand tippte mich an der Schulter an und ich drehte mich erschrocken um. Eine Frau stand dort, die dunklen Haare voller Schneeflocken und das Gesicht verfroren. Schüchtern reichte sie mir ein Tablett mit heißen Tassen voller Tee und ich nahm dankend an. Schnell verteilten wir sie auf unsere Begleiter. Aelin sah sie zittern und nahm ohne Umschweife ihren Mantel von den Schultern. Als sie ihn der Frau reichte, fingen die Illyrianer an zu johlen und zu pfeifen. Rowan begann, leise zu knurren, aber Aelin legte bloß eine Hand auf seine Schulter. ,,Ich regele das.", sagte sie leise und ging mit nichts als einem Pullover in den Ring. Rhysand trat besorgt zu Rowan.
,,Diese Krieger trainierten über Jahrhunderte."
Rowan lächelte nur.
,,Aber sie kämpften noch nie gegen ein Feuerherz."
Die Illyrianer grinsten dreckig, als Aelin sie mit erhobener Braue ansah.
,,Wer will zuerst verlieren?", fragte sie süffisant grinsend. Niemand ließ ihr Vorbereitungszeit. Gleich drei Krieger preschten auf die Königin zu, die Muskeln angespannt, die Gesichter arrogant verzogen. Aelins lange Haare umwehten sie wie ein Schleier, als sie herumwirbelte und dem ersten die Beine wegtrat. Sie duckte sich unter den Schlägen weg, presste eine Faust in den Bauch des braunhaarigen Kriegers neben ihr, rollte sich nach hinten und sprang fast im selben Moment wieder auf.
,,Beim Kessel, sie ist schnell!", fluchte Cassian bewundernd.
Keuchend wich einer der Männer zurück, als Aelin ihm ins Rückgrat trat und ihr Bein in das Gesicht des nächsten Illyrianers schwang. Sie sprang über den am Boden liegenden und trat auf seine Flügel. Ich konnte beinahe hören, wie alle Männer zischend Luft einsogen und mit zusammengekniffenen Augen zurückwichen, als fühlten sie den Schmerz ihres Kameraden. Selbst Azriel verzog das Gesicht.
Die drei Illyrianer hatten sich in einem kleinen Kreis um die Königin versammelt, ihre Gesichter nun vollkommen konzentriert. Sie hatten Aelin unterschätzt. Gewaltig unterschätzt.
Mit einem Lächeln drehte sich die Königin zu Devlon um.
,,Und das ist alles, was ihr habt?"
Devlon zischte etwas unverständliches durch seine Zähne und ließ seinen Kopf einmal kreisen, lockerte seine Muskeln. Mit einer harschen Handbewegung schickte er die Illyrianer aus dem Ring und trat der Königin entgegen. Einen Moment lang maßen sie sich mit Blicken. Und dann begann es.
Devlon stürmte auf sie zu, duckte sich unter ihrem Arm weg, trat in Aelins Kniekehlen. Sie ging zu Boden, rollte sich ab und sprang auf, direkt in Devlons Faust. Blitzschnell parierte sie den Schlag, zielt mit ihrem anderen Arm in seinen Bauch. Devlon krümmte sich, wich dem Schlag aus und wollte ihren Arm auf ihren Rücken verdrehen. Sie nutzte seinen Schwung und stieß sich ab, wirbelte über seinen Rücken und riss ihn auf den Boden. Sie trat während seines Falls in seine Rippen und presste ihm die Luft aus den Lungen. Keuchend landete der Heerführer auf der eisigen Erde, Aelins Bein um seinen Hals geschlungen. Er atmete rasselnd ein, schloss für einen Moment die Augen, entspannte sich vollkommen. Und holte dann für einen Tritt in ihr Gesicht aus. Aelin lehnte sich zurück, als seine Beine neben ihrem Oberkörper landeten und er sich mit einer Drehung aus ihrem Griff wand. Sie sprang auf und blockierte gerade rechtzeitig seinen Schlag auf ihre Nase, lenkte ihn um und ließ Devlon beinahe stolpern. Aber er war alt, hatte sein Leben lang trainiert. Er fing sich schnell, hielt ihren Arm fest und warf sie über seine Schulter. Aelin rammte ihm ihr Knie in den Schritt, als sie auf dem Rücken landete und Devlon keuchte auf.
Er bog seinen Rücken und prallte mit seinem Kopf direkt in die ausgestreckte Faust der Königin.
Blut schoss aus seiner Nase und gefror fast augenblicklich.
Aelin richtete sich auf, klopfte sich den Schnee von der Hose und streckte eine Hand aus.
,,Ihr wart gut.", sagte sie mit einem arroganten Lächeln. ,,Aber nicht gut genug."
Devlon schlug in ihre Hand ein, nahm seine Niederlage kommentarlos hin. Ich war mir sicher, seine Krieger würden seine Wut noch zu spüren bekommen.
,,Wieso bildet Ihr nochmal keine Frauen aus?", fragte Lysandra mit gerunzelter Strin.
,,Um nicht so jämmerlich zu verlieren.", erwiderte Manon und zeigte grinsend ihre spitzen Zähne.
Rhysand griff nach ihren Händen und lachte leicht.
,,Ich denke, wir werden einen Weile warten müssen, bis wir uns hier wieder sehen lassen können."
Dann teilte er den Wind und brachte uns zurück nach Velaris.

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