22. Die Reise

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Hey an alle, es tut mir leid, dass ich set Ewigkeiten nicht weitergeschritten habe, aber cih werde jetzt definitiv wieder regelmäßiger etwas posten! 😉

Ich erwachte vor Sonnenaufgang. Mein Gepäck stand schon reisefertig neben der Tür, ein kleiner Rucksack mit den nötigsten Kleidungsstücken. Praktische Hosen, leichte Hemden. Nichts auffälliges. Ich schwang meine Beine aus dem Bett und zog mich an, lief auf den Trainingsplatz. Die erste, die bereits dort war, war Manon. Sie saß im Schneidersitz mit geschlossenen Augen auf dem noch kühlen Sand. Ich verlangsamte meine Schritte, vorsichtig darauf bedacht, sie nicht zu stören. Sie öffnete ihre Augen eine Spalt breit und sah mich an. Nein, sie sah an mir vorbei.
,,Ich weiß, dass du da bist." Ich runzelte meine Stirn. Sie meinte nicht mich, das wusste ich. Mein Blick glitt prüfend um uns herum, suchend. Manon lächelte leicht.
,,Hinter mir, kleine Weltenbeugerin." In diesem Moment sprang ein weißer Wolf aus dem Schatten hinter der Hexe und stürzte sich auf sie. Manon wurde unter ihm begraben und hustete, als Fenrys sich extra schwer machte.
,,Du weißt, dass ich dich innerhalb einer Sekunde häuten kann, oder?", fragte die Hexe röchelnd.
,,Dafür ist mein Fell viel zu schön", sagte Fenrys und verwandelte sich zurück. Manon stieß den blonden Mann von sich und richtete sich mit einem Grinsen im Gesicht auf.
,,In der Tat. Es wäre eine echte Verschwendung, ihn zu häuten." Azriel kam auf uns zu. Er lächelte nicht, aber ich sah, wie die Schatten sich in freudiger Erregung kräuselten, als er Fenrys sah. Der Weiße Wolf lachte laut auf und ging zu Azriel, legte ihm einen Arm um die Schulter. Ich sah, wie der Schattensänger sich versteifte. Körperkontakt war er außerhalb des Kampfes nicht gewohnt. Trotzdem ließ der weiße Wolf ihn nicht los.
,,Was ist hier passiert? Habe ich etwas verpasst?" Ich drehte mich um und sah in die Violetten Augen des High Lords, der Azriel amüsiert beobachtete.
,,Wo ist der König? Wir müssen los." Manon verengte ihre Augen.
,,Er kommt, wenn er kommen möchte, High Lord." Ich hatte das Gefühl, dass sie Rhysand nicht leiden konnte. Dieser lächelte nur kalt.
,,Das kann er sich leider nicht erlauben. Er gefährdet meinen und Tarquins Hof, wenn er sich noch mehr Zeit lässt."
Ich sah, wie Manon zu einer nicht sehr diplomatischen Erwiderung ansetzte, und schnitt ihr das Wort ab.
,,Werden wir den Wind zum Sommerhof teilen?" Rhysands Blick glitt zu mir und er sah mich mit einem leichten Lächeln an.
,,Das ist zu riskant. Bryaxis könnte die Magie leichter aufspüren, würden wir den Wind teilen. Ihr werdet die altmodische Variante nehmen müssen."
Meine Augen weiteten sich. ,,Wir laufen bis zum Sommerhof?"
Azriel lachte leise und sah zu mir. ,,Wir haben überlegt, aber das würde zu lange dauern. Wir werden per Kutsche reisen."
Ich nickte, ein wenig erleichterter, als ich es hätte sein sollen.
Schritte näherten sich uns und ich sah, wie der König von Ardalan mit einem beachtlichen Stapel Bücher im Arm auf uns zukam.
,,Wo ist dein Gepäck?", fragte Fenrys irritiert. Dorian schnaubte bloß. ,,Ich brauche nicht mehr als das hier." Er ließ Manon die Hälfte der Bücher in den Arm fallen und die Hexe zischte wütend.
,,Wenn du denkst, dass ich das schleppen werde, dann..."
,,Halten, meine Liebe, nur halten", sagte Dorian mit einem amüsierten Lächeln und packte die Bücher so, dass sie sich leichter tragen ließen.
,,In Ordnung, die Kutsche steht unten. Wir müssen los", sagte Rhysand. Er fasste mich und Dorian am Arm, Azriel nahm Manon mit sich. Das letzte, das ich hörte, war Fenrys lauten „Auf Wiedersehen", bevor Rhysand den Wind teilte und uns nach unten in die Stadt brachte.

Kutschen waren unbequem. Trotz der weichen Polster und der hübschen Verzierungen an den Fenstern.
Das wusste ich, nachdem wir jedes nur denkbare Schlagloch mitnahmen, das auf unserem Weg lag. Nachdem Rhysand uns zur Kutsche gebracht hatte, war er zurück zu Feyre gegangen. Der einzige, der uns begleitete, war der Schattensänger. Ich saß neben ihm, Manon und Dorian gegenüber. Der König brütete schon seit einer Stunde über seinen Büchern, vollkommen vertieft und nicht ansprechbar. Wir anderen schwiegen. Es war nicht unangenehm, eher einvernehmlich. Ich wusste nicht, wie lang wir unterwegs sein würden. Es dauerte gewiss eine lange Zeit, bis wir die Sonnenhöfe durchquert hatten und am Sommerhof ankamen. Am Hof des Tages hatte Thesan uns eine Nacht gewährt, also würden wir dort die erste Pause machen. Helion hatte sich zwar auch angeboten, aber es wäre Unsinn gewesen, gleich am nächsten Hof zu übernachten, wenn noch eine so weite Reise vor uns lag. Tarquin würde uns am Winterhof entgegenkommen und an den Sommerhof eskortieren. Bis dahin würden wir allein zurecht kommen müssen.
Hinter den Fenstern lag die raue Schönheit des Hofes der Nacht. Wir fuhren auf einer Talstraße, direkt zwischen den hohen Gebirgszügen. Ich erschauderte, als ich die schroffe Landschaft sah und lehnte mich zurück in meinen Sitz. Jemand mit Höhenangst war nicht richtig am Hof der Nacht.

Es dauerte lang, bis wir die Grenze zum Hof des Tages kamen. Die Grenzsoldaten hielten uns nicht lange auf, sie wussten, dass wir kamen. Ich lächelte, als wir die kleine Straße weiterfuhren. Das Licht war unglaublich schön. Es tauchte die vielen Wiesen und Felder in einen warmen Schein, aufmerksam und klar. Azriel beobachtete mich und sein Gesicht verdunkelte sich. Ich sah ihn fragend an, aber er winkte nur ab. Etwas verunsichert drehte ich mich wieder zum Fenster.
,,Dieser König weiß nicht, weshalb wir seinen Hof durchqueren, oder?", fragte Manon und Azriel schüttelte den Kopf.
,,Niemand außer Tarquin weiß Bescheid. Aber die Höfe hatten früher schon ein Abkommen geschlossen. Die sichere Durchreise ist jedem gewährt, der die Höfe nicht in Gefahr bringt."
Ich erinnerte mich, das schon einmal gehört zu haben. Es wurde nach einer unglückseligen Geschichte ins Leben gerufen.

Ein niederer Fae wollte zu seiner Seelengefährtin an den Herbsthof, deren Wehen schon früher eingesetzt hatten. Er hatte sich besondere Mixturen für seine Heilpraxis am Hof des Tages beschaffen müssen und beherrschte die Kunst, den Wind zu teilen, nicht. Er ließ alles stehen und liegen, als er hörte, dass sein Baby kommen sollte. Nur wollten die Wachposten des Winterhofes ihn nicht ohne Genehmigung passieren lassen. Er wurde aufgehalten, zurückgeschickt.
Der Fae spürte die Schmerzen seiner Frau, spürte, wie viel Blut sie bei der Geburt verlor, wie sie immer schwächer wurde. Und er konnte nicht zu ihr.
In seiner Verzweiflung riss er einem Wachposten an der Grenze das Schwert aus der Hand und stach die Fae nieder.
Rasend vor Angst und Wut wollte er den Winferhof durchqueren, endlich zu seiner Seelengeefährtin kommen.
Als er ankam, war es zu spät. Seine Frau war durch den Blutverlust gestorben, das Kind dem Tod nahe.
Durch die Kräuter vom Hof des Tages konnte er das Kind retten.
Als er sein Baby in den Armen hielt und auf seine tote Seelengeefährtin Blicke, wusste er, dass er beide hätte retten können.
Ihr Tod war unnötig, hätte verhindert werden können, wenn er nur eher da gewesen wäre.
In seinem unendlichen Schmerz suchte er die Wachposten des Winterhofes und tötete sie alle, qualvoll und langsam. Tage später fanden Fae des Winterhofes sie dürftig verscharrt unter der Erde.
Der niedere Fae verbrachte den Rest seines Lebens in dem Wissen, dass er seine Seelengeefährtin hätte retten können.

Nach dieser Tragödie wurde ein neues Gesetz eingeführt, dass den Angehörigen jeden Hofes die sichere Durchreise bei einem triftigen Grund gewährte.

Der Hof des Morgens war unglaublich schön. Und das, obwohl wir am Abend ankamen. Die weiten Wiesen erstickten jegliches Gefühl von Beklemmung sofort. Irgendwie hatte ich hier das Gefühl, richtig atmen zu können.
Thesan erwartete uns vor seinem Palast und hieß uns in bester Manier willkommen. Höflich und distanziert begrüßte er uns und wies seine Wachen an, unser Gepäck in unsre Zimmer zu bringen.
Dorian hielt seine Bücher eisern fest und weigerte sich, auch nur eins davon abzugeben. Manon beobachtete ihn schmunzelnd, ehe sie ihm die Hälfte des Stapels abnahm. Als sie nicht hinsah, betrachtete der König von Arderlan sie lächelnd.
Ich wusste, dass sie es irgendwie merkte.

Ich blieb nicht lange wach. Sobald ich die Tür meines Gemaches geschlossen hatte, fiel ich in die Laken und begann, tief und fest zu schlafen. Da wir keinerlei Magie benutzt hatten, sollte Bryaxis uns hier nicht finden. Azriel schlief in dem Zimmer neben mir. Ich fühlte mich sicher, wenn er da war.

Zumindest bis ein lautes Klopfen mich aus dem Schlaf riss. Erschrocken früh ich hoch, hechtete aus dem Bett zur Tür. Dorian sah mich mit wildem Blick an, Manon neben ihm mit bleichem Gesicht.
,,Was ist los?", fragte ich alarmiert.
,,Wir haben etwas gefunden", sagte der König flüsternd.

MareileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt