Mareile

21. Ein Plan

Der Duft von frisch gebackenen Brötchen begrüßte mich, als Rhys uns in das Wohnzimmer des Stadthauses brachte.
,,Wie seht ihr denn aus?" Elaine steckte den Kopf aus der Küche und sah uns entgeistert an. Es war das erste Mal, dass ich Feyres Schwestern sprechen hörte. Ihre Haare waren zu einem unordentlichen Knoten gebunden und über und über mit Mehl bestäubt. Schnell wischte sie ihre Hände an ihrer Schürze ab und lief auf uns zu. Rhysand verbarg seine Überraschung sie zu sehen sehr schnell und lächelte leicht.
,,Aelin hat Devlon in den Hintern getreten", meinte er und Elaine grinste.
,,Das hatte er verdient."
Azriel und Cassian landeten mit Mor und den anderen neben uns und auf einmal wurde es sehr eng im Zimmer.
,,Wo ist Fenrys?", fragte Azriel sofort und sah sich suchend um. Mor bedachte ihn mit einem amüsierten Blick und schmunzelte, aber der Schattensänger ignorierte sie gekonnt.
,,Zusammen mit Feyre oben. Ich glaube, sie schlafen beide", erwiderte Elaine, als die Treppen knarzten und eine hochschwangere High Lady mit zerzauster Frisur zu und hinunter ging.
,,Wie soll man bei dem Lärm denn schlafen?", murrte sie, aber das Glänzen in ihren Augen strafte sie lügen. Rhysand drängte sich vorsichtig zwischen uns allen durch und küsste seine Seelengefährtin leicht auf die Stirn.
,,Oh, ist das die Begrüßung, die jeder bekommt? Wenn ja, dann passe ich", sagte ein verschlafener Fenrys und schlüpfte zwischen Feyre und Rhysand hindurch. Er sah Azriel und lächelte anzüglich.
,,Obwohl...", meinte er und wackelte mit den Brauen, aber Azriel verdrehte bloß seine Augen. Trotzdem sah ich das kleine Lächeln, dass sich auf seinem Gesicht ausbreitete.
,,So, mir ist es hier eindeutig zu eng", sagte Aedion.
,,Was er eigentlich sagen wollte, hier sind mir zu viele Gefühle", spezifizierte Lysandra und Aedion warf ihr einen vernichtenden Blick zu.
,,Ich schließe mich an", sagte Manon, als Aedion den Raum verließ.
,,Wegen der vielen Menschen oder der vielen Gefühle?", fragte Dorian und grinste, als Manon ihm mit einer obszönen Geste zu verstehen gab, was sie von seinem Kommentar hielt.
,,Wartet!", rief Feyre den beiden hinterher und sie blieben stehen. ,,Was hat Devlon zu Bryaxis gesagt?"
Ich runzelte die Stirn. Tatsächlich war mir vollkommen entfallen, dass wir wegen Bryaxis im Heerlager waren. Ich sah zu Dorian und lachte, als ich den Ausdruck auf seinem Gesicht sah. Anscheinend hatte eine gewisse Königin uns dazu gebracht zu vergessen, dass ein uraltes Monster uns töten wollte. Mein Lachen verschwand allerdings, als ich den Blick des High Lords sah.
Das Licht im Raum schien zu verblassen, Schatten waberten kaum merklich die Wände entlang. Die anderen sahen es nicht, fühlten nicht, wie die Wärme Stück für Stück verschwand. Ich erschauderte, als die Dunkelheit mein Licht immer weiter zurück drängte, es einfach erdrückte. Ich überlegte nicht, als ich eingriff. Als ich einen Sonnenstrahl einfing und ihn auf das schöne Gesicht des High Lords lenkte. Sein Atem wurde tiefer, entspannter. Dankend fing er meinen Blick auf und neigte leicht den Kopf. All das hatte keine zwei Sekunden gedauert.
,,Bryaxis ist gefährlich. Er wird nicht in die Bibliothek zurückkehren, nur weil er eine Vereinbarung mit mir getroffen hat. Nicht, wenn er so große Macht vor sich sieht, die er sich zu eigen machen kann." Er sah zu mir und Dorian.
,,Wie kann man ihn töten?", fragte Rowan und Rhysand runzelte die Stirn.
,,Wir wollen ihn nicht töten."
,,Es gibt ein Gefängnis für solche Wesen, tief und absolut Ausbruchssicher. Wer einmal eingesperrt ist kommt nie wieder heraus", präzisierte Cassian.
,,In Ordnung, dann frage ich anders. Wie bekommen wir ihn da rein?", fragte der weißhaarige König.
,,In Devlons Kopf habe ich nur eine einzige Schwäche erkannt. Wasser."
Ungläubig sah Aelin ihn an.
,,Wasser?"
Rhysand nickte.
,,Eine mögliche Erklärung ist, dass Wasser beruhigend wirkt. Ansonsten habe ich keine Ahnung, wieso ausgerechnet Wasser Bryaxis davon abhält, uns alle zu töten." Ich lehnte mich gegen die Wand und verschränkte meine Arme. Feyre bedachte mich mit einem nachdenklichen Blick und wand sich dann zu Rhysand.
,,Das können wir nicht tun." Er nickte seiner Seelengefährtin zu.
,,Ich weiß."
Als ich mich im Raum umsah, erkannte ich erleichtert, dass niemand eine Ahnung hatte, wovon die beiden sprachen. Einzig Dorian sah die beiden High Fae abschätzend an.
,,Wir müssen an den Sommerhof", erriet er und ich war versucht, mir mit der flachen Hand auf die Stirn zu schlagen. Eigentlich war es offensichtlich gewesen. Rhysand nickte dem König zu.
,,Ganz genau. Dort seid ihr am besten geschützt. Tarquins Macht ist groß, er würde auf euch acht geben."
,,Aber dafür sein gesamtes Volk einer Bedrohung aussetzten, der sie nicht gewachsen sind", fügte ich leise hinzu. Deshalb konnten sie uns nicht dort hin schicken. Dorian legte seinen Kopf schief.
,,Aber was wäre, wenn er nicht allein sein würde? Er könnte mir zeigen, wie ich das Wasser beherrsche. Und Mareile könnte Bryaxis durch ihr Licht lang genug von uns fern halten."
Feyre zögerte kurz. ,,Ich kann Tarquin fragen. Aber wenn er sich weigert, müssen wir allein eine Lösung finden."
Rhysand strich ihr sanft mit den Hand über den Rücken und nickte. ,,Das werden wir."

Es dauerte nicht lang, bis Tarquin antwortete. Ein mit blauem Wachs versiegelter Brief kam noch am selben Tag am Hof der Nacht an. Ich wusste nicht, ob jemand atmete, als Amren ihn in die Hand nahm. Prüfend wiegte sie ihn in ihrer Hand.
,,Eine Absage würde sich schwerer anfühlen. Wegen der Rechtfertigungen und der vielen Entschuldigungen." Mor schnaubte belustigt.
,,Mach ihn auf", sagte Cassian gespannt und Amren hob eine Braue.
,,Geduld ist eine Tugend, Junge."
,,Nicht, wenn ein Jahrhunderte altes Monster hinter dir her ist", murmelte Dorian und ich grinste. Manons Mundwinkel hoben sich leicht und ich sah, wie sehr sie versuchte, ihr Lächeln zu unterdrücken. Kurzerhand ging sie auf Amren zu, riss ihr unter Protest den Brief aus der Hand und öffnete ihn.
,,Ich erwarte euch morgen an meinem Hof", las sie laut vor und ich schloss für einen Moment erleichtert die Augen. Ich sah, dass es den anderen ähnlich ging.
,,In Ordnung. Dann brechen wir morgen früh an den Sommerhof auf", beschloss Rhysand und sah mich und Dorian an.
,,Und dann sehen wir weiter."