Die Rosen waren verblüht.
Es war, als hätten sie das Leben mit sich in die Unbekannten Weiten des Todes gerissen. Kein Vogel sang, kein Laut ertönte.
Auf dem gesamten Anwesen herrschte eine gespenstische Stille. Vorsichtig strich ich mit meinem Finger über ein Blütenblatt, dass langsam zu Boden schwebte.
Ich erkannte den einst so schönen Hof kaum wieder. Seit Feyre in das Leben der Fae getreten war, hatte Tamlin sich verändert.
Er war nicht mehr der kraftvolle High Lord von früher, dem seine Macht einfach zu früh gegeben wurde.
Er war ein einziges Wrack. Hätte ich gekonnt, wie ich wollte, wäre ich Lucien an den Hof der Nacht gefolgt.
Mit Freuden hätte ich mein Leben hier zurückgelassen, es auf den Boden schweben lassen wie eins dieser Blütenblätter. Aber ich konnte eben nicht so, wie ich wollte. Also lief ich weiter, direkt auf das Herrenhaus zu.
Der Putz, der Jahre gehalten hatte, ohne sich zu verfärben, blätterte nun ab und verlieh dem Anwesen einen schäbigen Anblick. Als ich die Türen öffnete, begrüßte mich die selbe Stille wie draußen. Aber im Inneren dieses Hauses wog sie schwerer, erdrückte mich fast. Ich verstand gut weshalb Feyre geflohen war.
Tamlin saß in seinem Arbeitszimmer, mit dem Rücken zu mir gedreht.
,,Ihr habt mich rufen lassen, mein Herr?", fragte ich und obwohl ich meien Frage leise stellte, schnitt sie durch den Raum wie eine Klinge.
,,Mareile."
Mein Name auf Tamlins Lippen fühlte sich falsch an, zu schwer und bedrückt ausgesprochen.
Er stand für den Lebenssinn, die Freude.
Ich vermied es, zusammen zu zucken. Tamlin erhob sich und drehte sich zu mir. Seine Gesichtszüge waren fahl und blass, seine sonst so beeindruckenden Muskeln fast gänzlich verschwunden.
Er redetet nicht oft mit den Dienstboten, vermied es, raus zu gehen.
Seit er erfahren hatte, dass Feyre Rhysands Kind in sich trug, war er gestorben. Sein Lebenswille war gänzlich verschwunden und er ließ den Frühlingshof verfallen. Nun richtete der gefallene High Lord das Wort erneut an mich.
,,Es findet eine Versammlung der High Lords statt."
Ich neigte bloß leicht den Kopf, unschlüssig, was ich sonst tun sollte.
Tamlin seufzte und fuhr mit einer Hand über sein Kinn.
,,Der High Lord des Hofes der Nacht hat wohl eine Frau gesehen."
Tamlin sah mich an, wartete meine Reaktion ab. Ich erwiderte seinen Blick bloß, ohne die leiseste Ahnung, was er von mir wollte.
,,Mareile, sie ist aus dem Himmel gefallen. Aus dem Himmel! Wir wissen beide, dass so etwas nicht durch Zufall passiert.", sagte mein High Lord mit Nachdruck.
Ich zuckte zurück und sah ihn anklagend an.
,,Ihr habt gesagt, ihr werdet nie ein Wort darüber verlieren."
Meine Stimme klang nicht halb so fest, wie ich es gern hätte.
,,Wenn du ohne meine Erlaubnis und ohne mein Wissen..."
,,Ich war es nicht!", fiel ich ihm ins Wort.
,,Ich habe Abstand davon genommen und das weißt du.", fuhr ich ihn an.
,,Erinnere dich daran, mit wem du redest, Mareile.", sagte er drohend und trotz seiner dürftigen Erscheinung veränderte sich die Aura des Raumes.
Tamlin hatte seine Krallen ausgefahren und krallte sie in den Tisch. Ich wich zurück. Der Raum erschien mir plötzlich zu klein, das Haus zu leer...
Ich hasste diesen Hof, hasste ihn von ganzem Herzen. Tamlin ließ seine Krallen verschwinden und sank erschöpft auf seinen Stuhl.
,,Du wirst mich begleiten. Selbst wenn du es nicht warst, müssen sie wissen, dass es so etwas wie dich gibt."
Seine Worte widerten mich an.
So etwas wie mich.
Als wäre ich ein Tier, das man auf einer Austellung herumreichte, eine exotische Absurdität.
,,Ich war es nicht, Tamlin.", bekräftigte ich erneut.
,,Dann müssen wir davon ausgehen, dass noch jemanden deiner Art gibt. Und sollte es so sein, musst du die High Lords davon in Kentniss setzten."
Ich sah, dass es sinnlos wäre, mit ihm zu diskutieren und ergab mich seiner Entscheidung.
,,Wir brechen morgen auf. Tarquin stellt seinen Hof zur Verfügung."
Er entließ mich mit einem Wink seiner Hand. Ich wollte den Raum verlassen, drehte mich aber im Türrahmen noch einmal um. Es erschien mir grausam, ihn jetzt darum zu bitten, in mitten seines zersplitterten Hofes, aber besser hier als während der Versammlung.
,,Wenn ich den Hhigh Lords davon erzähle, entbindest du mich von meinem Eid." Tamlins Kopf fuhr nach oben. Seine grünen Augen bohrten sich in meine, aber ich sah, dass er keine Kraft dazu hatte, mit mir zu verhandeln.
Also nickte er bloß.
Das reichte mir nicht, ich wollte es hören.
,,Sagt es. Ich will es von euch hören."
Er seufzte und stand auf. Mit schlaffen Schritten kam er auf mich zu und streckte meine Hand aus. Ich legte meine hinein.
,,Ich schwöre, dass ich dich sofort aus deinem Eid entbinde, sobald du den High Lords von deiner Fähigkeit erzählt hast. Du hast mein Wort."
Ich nickte.
Das genügte.
Also lief ich zu meinem Zimmer und packte meine Sachen. Eine Versammlung der High Lords.
Am Sommerhof.
Ich hatte Tarquin noch nicht oft gesehen, hörte auch nicht viel über ihn, da hier niemand mehr viel sprach.
Das einzige, dass ich wusste war, dass er nicht viel älter als ich war, knappe einhundert.
Das einzige, dass ich mit Sicherheit wusste, war, dass Cassian, Azriel und Amren kommen würden.
Ich hatte sie erst vor kurzem gesehen, als ich dem Hof der Nacht einen heimlichen Besuch abstattete.
Tamlin wusste nicht, dass ich mit ihnen In Kontakt stand, und wenn es nach mir ging, konnte es auch so bleiben.
Wäre ich an Rhysands Hof gekommen, hätte er meine Not nicht ausgenutzt, um mcih an ihn zu binden.
Aber es war njcht der richtige Zeitpunkt, um über Tamlins missratenen Charakter nachzudenken. Er war der erste, den ich gesehen hatte und er hatte sich um mich gekümmert.
Und wenn ich nur meine Gabe offenbaren musste, um frei zu sein, dann würde ich das tun.
Ich schnaubte.
Alle High Lords in einem Raum und ein weiteres Geheimnis, das Tamlin ihnen vorenthalten hat.
Das konnte heiter werden.
DU LIEST GERADE
Mareile
FanfictionHallo! Wenn ihr Das Reich der sieben Höfe auch so sehr mögt wie ich, dann seid ihr hier richtig. Ich werde ein Crossover zwischen Dem Reich der sieben Höfen und Throne of Glass schreiben. Lest meinen Fan Fiction, hasst sie, liebt sie, verliert euch...