Chapter 01

1.1K 96 194
                                    

„Joshi, aufwachen", brüllte mir eine Stimme lautstark ins Ohr, die sich verdächtig nach meinem besten Freund und Mitbewohner Alec anhörte. Stöhnend drehte ich mich zur Seite und zog mir die graue Bettdecke höher, bis über den Kopf. Ich hörte Alecs dreckiges Lachen, die einzige Vorwarnung auf das, was jetzt kommen würde. Im nächsten Moment riss er mir die Laken weg, tackerte meine Hüften auf dem Bett fest, die Knie seitlich von mir aufgesetzt, und schob seine Finger unter mein T-Shirt.

„Aaaah!" Ich kreischte laut auf, als seine Fingerkuppen ganz sachte über meine Seiten strichen.

„Ich habe das Gefühl, du schreist mit jedem Mal lauter", lachte Alec, bevor er Gnade walten ließ und aufhörte mich zu kitzeln.

„Als ob du das beurteilen könntest", meckerte ich empört, jetzt hellwach. „Schließlich müssen deine Trommelfelle schon längst vollkommen zerstört sein. Was musst du mich auch jeden zweiten Tag so unsanft aus dem Schlaf reißen?"

„Jeden zweiten Tag meinst du, ja? Dann müsste man eigentlich meinen, du würdest langsam mal daraus lernen."

Ich schnaubte leise, dann hievte ich mich aus dem Bett und torkelte Richtung Bad.

„Achtung, Türrahmen", witzelte Alec und begann – schon wieder – zu lachen.

„Haha", brummte ich, musste innerlich aber schmunzeln. Es war nämlich tatsächlich schon einmal vorgekommen, dass ich, verschlafen wie ich jeden Morgen war, gegen den Türrahmen gerumst war. Zu meiner Verteidigung musste ich allerdings sagen, dass es vier Uhr morgens gewesen war und Alec mich aus dem Bett gezerrt hatte, weil er eine Wanderung mit Sonnenaufgang machen wollte. Was dabei heraus kam, waren Instagrambilder mit einer phantastischen orange glühenden Sonne im Hintergrund und mir, der eine riesige Beule mitten auf der Stirn hatte.

#Einhorn

Immer noch schläfrig und nur mit Boxershorts und einem T-Shirt bekleidet betrachtete ich mich im Spiegel. Meine erdbeerblonden Haare standen wild von meinem Kopf ab und ich machte mir gar nicht erst die Mühe, sie mit Haargel zu bändigen, wie Alec es immer tat. Würde ja sowieso nichts bringen. Stattdessen klatschte ich mir eine Handvoll eiskaltes Wasser ins Gesicht, um wach zu werden und verfluchte zum bestimmt tausendsten Mal meine Sommersprossen, die auf meiner spitzen Nase prangten. Ich hasste sie, doch Alec hatte mir einmal gestanden, er fände sie süß.

Allerdings war er dabei sturzbesoffen und hatte lauter unmögliches Zeug von sich gegeben. Trotzdem – aus irgendeinem Grund, war mir dieser Satz im Gedächtnis geblieben ...

Ich schüttelte den Kopf. Das waren definitiv zu schwerwiegende Gedanken für den Morgen.

„Joshi, hör auf dich so lange im Spiegel zu bewundern!", brüllte mein Freund und trommelte von außen gegen die Klotür. „Wenn du dich nicht beeilst kommen wir zu spät zur Uni! Und ich muss pissen."

Ach, und das hätte er nicht erledigen können, bevor er mich aus dem Schlaf gerissen hatte? Genervt putzte ich mir in Rekordzeit die Zähne, dann trat ich aus dem Bad. Sofort drängte Alec sich an mir vorbei und knallte die Tür hinter sich zu.

„Kaffee steht auf der Theke", rief er noch, als ich mich zum Gehen wandte. Ein Lächeln breitete sich über meinem Gesicht aus.

Es gab genau drei Dinge, die man über Alec Hernandez wissen musste: erstens kümmerte er sich wahnsinnig liebevoll um die Menschen, die ihm nahestanden. Zweitens hatte er immer einen Witz auf Lager. Oft richtete sich dieser auch gegen mich, doch das machte mir nichts aus. Ich liebte seinen Humor. Und drittens war er loyal. Niemals käme es ihm in den Sinn, seinen Freunden oder seiner Familie in den Rücken zu fallen. Kurzum: Er war der beste Freund, den man sich vorstellen konnte.

The World Against UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt