Epilog

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Drei Monate später fand ich mich zusammen mit Alec in einem kleinen Hotelzimmer in Minneapolis wieder. Auch wenn es Tage gab, an denen mich die Vergangenheit einholte und die Funkstille, die zwischen Mom und mir herrschte, schwer auf mir lastete, so waren wir noch immer zusammen und ich fühlte mich so glücklich wie niemals zuvor. Vor allem in diesem Moment schwebte ich wie auf Wolken. Wie könnte ich auch anders, wenn mein wunderbarer Freund in schickem Anzug vor mir stand und sich mit seiner Krawatte abmühte?

„Lass mich mal", lachte ich ihn aus. Mit wenigen geschickten Handgriffen hatte ich ihm die Krawatte gebunden.

„Du bist so sexy, wenn du dir so konzentriert an meinen Klamotten zu schaffen machst", murmelte Alec und zog mich an sich. Seine Finger hakten sich hinten in den Bund meiner Anzughose und er vergrub die Nase in meinen Haaren. Dann fing er an, Küsse auf meinen Hals zu drücken. Belustigt schob ich ihn von mir.

„Dafür haben wir jetzt keine Zeit, Alec. Immerhin findet gleich die Hochzeit statt!"

Grummelnd löste sich mein Freund von mir.

„Warum musst du immer so vernünftig sein?", jammerte er. Ich verdrehte nur die Augen. Zu Beginn unserer Beziehung war Alec oft noch sehr ernst gewesen, hatte mir immer wieder besorgte Blicke zugeworfen und mich im Schlaf so fest umschlungen, als fürchtete er, ich würde ihm sonst entschwinden. Aber das hatte sich mit der Zeit gelegt und er war inzwischen genauso unbekümmert wie ich ihn aus unserer jahrelangen Freundschaft kannte.

„Lass uns gehen." Ich griff nach seiner Hand und unsere Finger verschränkten sich ganz automatisch. Gerade wollte ich ihn aus dem Hotelzimmer hinaus zerren, als mein Handy zu klingeln begann. Fragend sah ich meinen Freund an. Sollte ich dran gehen? Oder würden wir dann zu spät kommen? Alec gab mir mit einem Nicken zu verstehen, dass ich kurz nachschauen sollte, wer der Anrufer war, dann lehnte er sich an die Wand im Hotelflur. Schnell eilte ich wieder in unser Zimmer und drückte den grünen Hörer, ohne auf die Nummer zu achten. Ich vermutete, dass es Ally und Scott waren, die von irgendeinem Ort am anderen Ende der Welt anriefen. Auch nachdem ich wieder nach Greeley gezogen war, waren wir weiter in Kontakt geblieben und nun sandten die beiden regelmäßig Fotos der coolsten Plätze der Erde oder riefen zu den unpassendsten Zeiten an.

„Hey, hier ist Joshua Collins", meldete ich mich.

„Hallo, Sohn." Die Stimme, die mir antwortete, sorgte dafür, dass mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.

„Mom?" Mit zittrigen Knien ließ ich mich auf dem Bett nieder, den Rücken zur Tür. Trotzdem nahm ich Alecs Anwesenheit sofort wahr. Er setzte sich neben mich und drehte mein Gesicht so, dass ich ihn anschaute. Mit aufgerissenen Augen fixierte ich ihn, suchte nach Halt, während ich an meinem Ohr beständiges Atmen hörte.

„Was ... Wieso rufst du an? Ist etwas mit Liza? Ist sie krank?"

„Nein, das ist nicht der Grund für meinen Anruf. Elizabeth geht es hervorragend, sie ist gerade mit eurer Tante einkaufen. Ich rufe an, weil ... weil ich mich bei dir entschuldigen möchte."

Mein Atem stockte.

„Du ... wie bitte?", hakte ich nach. Ich konnte es nicht fassen.

„Du hast schon gehört, Joshua. Ich entschuldige mich bei dir. In den letzten Monaten, die ich in Therapie verbracht habe, habe ich nicht nur versucht, den Tod deines Vaters zu überarbeiten, sondern auch über meine Beziehung zu dir geredet. Und ich ... ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich dich nicht immer so behandelt habe, wie ich es hätte tun sollte." Mom verstummte und ich wartete, ob sie noch weitersprechen würde. Doch sie sagte nichts mehr.

„Ich ... okay. Ich, ähm, nehme deine Entschuldigung an", stammelte ich. Zwar würde eine Entschuldigung weder dafür sorgen, dass ich all das, was sie mir angetan hatte, vergessen sein würde noch würde sie unsere Beziehung kitten. Doch es war mehr als ich je von ihr erwartet hatte. Es war ein Anfang.

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