Chapter 15

757 67 115
                                    

Seit meinem Liebesgeständnis an Alec waren bereits ein paar Wochen vergangen. Das Wetter hatte vollkommen umgeschlagen. Der bisher recht angenehme Oktober hatte sich in einen eisig kalten November verwandelt, dessen Temperaturen meine Nase so färbten, dass sie der von Rudolph dem Rentier Konkurrenz machte. Und auch meine Beziehung zu Alec hatte sich verändert. Wir hatten nicht wirklich darüber gesprochen und wir waren auch kein offizielles Paar. Aber wir waren etwas. Wie beste Freunde mit Vorzügen. Nur mehr. Und auch wenn wir beschlossen hatten, das erstmal geheim zu halten, fühlte ich mich in dieser Zeit wunderbar leicht.

Trotz der versteckten Berührungen und den intensiven Blicken, die wir austauschten, war Brittainy bisher die Einzige, die von unserer Beziehung wusste. Alec selbst hätte kein Problem damit gehabt, sich – uns – zu outen, doch allein bei dem Gedanken, irgendjemandem zu erzählen, dass ich schwul war, wurde mir ganz übel. Mir war bewusst, dass ich mich irgendwann – hoffentlich eher später als früher – meiner Sexualität stellen musste, doch jetzt war ich einfach noch nicht bereit dazu.

Letztens erst war ich Isaac in der Stadt über den Weg gelaufen, welcher scheinbar auf einem Date mit dem Jungen von Skys Geburtstagsparty war. Jace war sein Name, glaube ich. Ich hatte beobachtet, wie eine Gruppe Teenager zweideutige Bewegungen gemacht und ihnen Beleidigungen zugerufen hatte. Isaac und Jace schienen sich davon allerdings nicht aus der Ruhe gebracht haben zu lassen. Im Gegensatz zu mir. Mir war der Schweiß den Rücken runter gelaufen und für einen kurzen Moment hatte ich mich nicht bewegen können. Dabei war es noch nicht einmal ich, über den gespottet und gelacht wurde. Doch diese Situation hatte mir gezeigt, dass ich einfach noch nicht bereit war, irgendjemandem von Alec und mir zu erzählen.

Mit dem Wechsel des Monats nahte auch Thanksgiving. An der Northern Colorado war es Brauch, den Studenten zu diesem Anlass weitere vier Tage vor dem Wochenende frei zu geben, damit alle die Gelegenheit hatten, diesen Tag mit ihren Familien zu feiern. Aber statt sich vorfreudig und mit gepackten Taschen in ihre Autos zu setzten, hatten einige Studierende beschlossen, am Dienstagabend noch mal so richtig die Sau rauszulassen, bevor sie sich am Mittwoch auf den Weg machten. So auch meine Freunde. Ich hatte mich erst davor drücken wollen, aber mit seinem bettelnden Blick hatte Alec mich peinlich schnell dazu überreden können, mit ihnen zu gehen.

So kam es, dass ich jetzt verschwitzt und durstig zwischen lauter ebenso verschwitzten und durstigen Menschen zu einem Song von Demi Lovato tanzte. Obwohl – tanzen konnte man Brittainy und mein Gehampel nicht nennen. Wir hielten uns an den Händen, sprangen in die Luft und grölten laut die Lyrics mit.

„Baby I'm sorry", schrie ich und drehte Britt unter meinem Arm hindurch. Sie stolperte, fing sich jedoch wieder und platzierte ihre Hände auf meinen Hüften.

„I'm not sorry", erwiderte sie ebenso laut wie ich. Lachend sangen wir die zweite Strophe, wobei sie mehr als nur einmal kurz davor stand, beste Freunde mit dem klebrigen Boden zu werden. Wir waren schon seit einigen Stunden auf dieser Party und Britt hatte schon das Ein oder Andere intus. Sie vertrug genauso wenig wie ich – was sie aber nicht davon abhielt, einen drauf zu machen. Ich selbst hatte mich nach dem Aussetzer auf meiner letzten Party zurückgehalten. Ich wollte nicht noch mal so die Kontrolle verlieren.

Als Brittainy beim zweiten Refrain beinahe wieder auf die Nase geflogen wäre, packte ich sie kurzerhand und zog sie nah an meinen Körper. Mit meinen Händen an ihrer Taille stabilisierte ich sie. Ihre Arme schlang sie um meinen Hals und hängte sich mit ihrem ganzen Gewicht an mich. Ich ächzte leise. Durch ihre Schuhe mit Killerabsätzen befanden wir uns fast auf derselben Höhe, sodass ich einen Blick in ihre braunen Augen erhaschte, welche unfokusiert über die provisorische Tanzfläche huschten. Ihre Augen erinnerten mich an Alecs – nur dass seine noch eine Spur dunkler waren und diese hellen Farbtupfer hatten, die mich immer wieder aufs Neue faszinierten.

The World Against UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt