Beichte

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Wie sagt man jemandem, den man mag, dass man ihm weh tun wird? Am besten wohl gar nicht, aber auch das ist nicht einfach. Ich versuche es einmal mit einer ehrlichen Beichte. Ich werde dir weh tun, das weiss ich und das tut mir jetzt schon leid. Seit wir uns kennen, haben wir an unserer Beziehung gearbeitet und sind uns näher gekommen. Ich habe mich an dein Lachen gewöhnt, denn es kommt von Herzen. Deine alltägliche Fröhlichkeit, dein treuherziger Blick, dein Schalk - sie alle werden mir fehlen. Ja, ich werde dich verlassen. Du wirst ganz still, krümelst dich in eine Ecke, blickst mich an und fragst: "Warum?" Deine wunderschönen, dunkelbraunen Augen verraten mehr. Du fragst dich, ob du etwas falsch gemacht habest. Nein, hast du nicht. Im Gegenteil, du hast in dieser kurzen Zeit, die wir gemeinsam hatten, alles richtig gemacht. Du bist der Grund, weshalb ich eine Zeit lang an meinem Weggang zweifelte. Immer weisst du alles besser, und das nervt gewaltig, das weisst du - es wird mir dennoch fehlen, denn ich mag dein Wissen. Du zappelst rum, spielst den Joggi, aber auch das machst du mit einem ganz eigenen Charme, den nur du versprühen kannst. Deine Vergesslichkeit kann mich genauso an die Decke treiben wie deine Naivität, mit der du teilweise durch die Welt gehst. Dazwischen lachst du so laut, dass die Ohren pfeifen. Mal beinah dumm und im nächsten Moment wieder hoch intelligent und voller Tatendrang. Das bist du. Jeden Tag unserer gemeinsamen Zeit habe ich mich auf dich gefreut. Irgendwie spürte ich, dir gehe es genau so. Dafür bin ich dir auf ewig dankbar. Glaube mir, es fällt mir nicht leicht, dein Vertrauen in mich zu brechen, dich zu enttäuschen. Nun blicke ich in deine tiefblauen Augen und versuche, dir zu erklären, wie es soweit kommen konnte. Menschen entwickeln sich weiter, sie bewegen sich. Als ich vor fünf Jahren tief verletzt wurde, nicht von dir, ich weiss, da stand für mich plötzlich alles still. Auf wundersame Weise wurde ich langsam gerettet, das Leben eroberte mich zurück. Ich durfte Liebe erfahren, auch von dir. Dafür bin ich dir dankbar. Nun aber fühle ich mich bereit, mein Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen und einen ganz neuen Weg zu gehen. Ich brauche eine Veränderung. Ich habe die Chance dazu erhalten und werde sie packen. Weisst du, das solltest auch du tun. Nutze die Gelegenheit, da ich weg gehe, positiv und nimm die Herausforderung an. Sei wütend über mich, schrei mich an, lass aber bitte deine Fäuste diesmal ruhig. Blicke mich mit deinen grüngrauen Augen zornig an oder wende dich einen Moment lang ab. Wenn du dich dann beruhigt hast, gehen wir zusammen den Weg zu Ende. Du weisst, in mir hast du einen Freund fürs Leben, auch wenn ich fortan weit von dir entfernt bin. Jederzeit darfst du mir schreiben, darfst mich um Rat fragen oder darfst mir einfach berichten, wie du dich fühlst. Ich werde dich besuchen und mich erkundigen, wie es dir geht. Glaube mir, du bist mir nicht egal, denn ich mag dich.

All das möchte ich dir sagen. Und ich kann es nicht. Es tut mir jetzt schon Leid, denn ich werde dich verlassen. Bitte verzeih mir, es hat nichts mit dir zu tun. Du hast alles richtig gemacht.

Du bist wunderbar.

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