Niggi-Näggi

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"Santi Niggi-Näggi, hinterem Oofe stäggi, gimmer Nuss und Beere, denn chummi weder veere!"

Dieses baseldeutsche Sprüchlein haben wir als Kinder oftmals in der Not gesagt, wenn wir kein besseres kannten. Heute hat mich der Niggi-Näggi eingeholt.

Basel, es ist kalt, es ist dunkel, das Wetter garstig. Nanu, donnert es mitten im Dezember? Da vorne kommt ein Licht. Ganz fein, vom Donner übertönt, erklingen Schellen und ich erkenne auch Stücke von Weihnachtsmusik. Der Donner wird lauter. Um die Ecke vom Marktplatz kommen Motorräder daher gefahren. Es sind lauter Harleys, rund dreissig an der Zahl. Auf jedem einzelnen sitzt ein Niggi-Näggi, oder eben ein Santa, wie die Amis ihn nennen würden.

Die Motorräder sind mit viel Liebe geschmückt worden. Da hat es Tannenwälder, ganze Modelldörfer, viele Stofftiere. Einzelne Harleys sind zu wahrhaftigen Santa Claus Sleighs umgebaut, fehlen bloss noch die Rentiere - aber nein, die sitzen auf dem Sozius und lachen uns verblüfften Zuschauern zu.

Die Motorräder fahren einen grossen Kreis und parken dann herrlich aufgereiht vor dem roten Rathaus am Basler Marktplatz. Das Donnern verstummt und geht in einen spontanen Applaus des Publikums über. Plötzlich ist der Platz von Santas, Nikoläusen, Niggi-Näggis nur so überfüllt. Die einen tragen Säcke, die anderen halten einen wärmenden Glühwein in den schwarz beschuhten Händen. Die Motorräder blinken, glitzern und leuchten dabei weiter, es ist ein buntes Lichtermeer. Man hat nun Zeit, die selbst gebauten Kunstwerke zu betrachten. Da steckt sehr viel Herzblut drin und noch mehr Stunden Arbeit. Mit viel Liebe zum Detail und handwerklichem Können sind die Harleys für extra diesen einen Nachmittag hergerichtet worden. Jedes Strassenverkehrsamt würde Ohrensausen kriegen, wenn sie die Alltagstauglichkeit dieser Motorräder prüfen müssten. Hier geht es nicht um den Alltag, hier geht es um die Freude. Und genau diese Freude sieht man in den Gesichtern der Zuschauer, vor allem in den Augen der Kinder.

Plötzlich entdecke ich zwei Engel. Wunderschön, elfengleich, im weissen Kleid mit leuchtenden Flügeln. Die zwei jugendlichen Mädchen gehen mit einer Spendendose (von einem wahren Elf getragen) durch die Menge, verbreiten Freude und sammeln Geld für einen guten Zweck. Solch charmanten Engeln kann man einfach keine Bitte abtun - sie machen das richtig gut. Zum Dank für die Spende darf man sich eine selbst verzierte Christbaumkugel aussuchen. Ich nehme eine weisse mit roter Verzierung. Genau darum geht es an diesem Anlass. Die Harleyfahrer und diese beiden himmlischen Engel sammeln für die Theodora-Stiftung. Das Geld kommt Kindern in Spitälern zu Gute. Die Kinder werden aufgeheitert und mit Lachen und Freude beschert.

Soll noch jemand sagen, Harleyfahrer seien harte, saufende und raufende Rocker. Mitnichten, sie sind Bastler, liebevolle Niggi-Näggis, welche für Kinder viel Liebe und noch mehr Zeit geben. Es ist genau diese Stimmung, welche uns ausserhalb von Weihnachten so oft fehlt. Liebe Engel, ich danke euch für euren Einsatz zum Guten in der Welt.

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