23. Kapitel

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Ich hasste es eigentlich, gute Laune zu haben. Weil ich wusste, dass sich die Laune nur verschlechtern konnte. Und als ich nach der Schule wieder rausging, hatte ich mit der Welt schon abgeschlossen. Das matschige grau überall, besserte meine Laune nicht ein Stück. Wie denn auch. Ich glaube, mit meiner Laune konnte ich den Schnee auch zum schmelzen bringen. Ich kochte.

»Lotte warte doch.« rief Benjamin mir hinterher, als ich wütend Richtung zuhause stapfte. Ich drehte mich nicht mal mehr um. Eine Umarmung zum Abschied unter Freunden verstand ich ja. Aber einen Kuss auf den Mund??

»Ich wollte es nicht. Jetzt bleib doch mal stehen.« Ein Auto hupte, als ich spontan über die Straße ging.

»Lotte bitte.« Als er meine Hand griff drehte ich mich um.

»Warum?« herrschte ihn an. Als er mich nur mit offenem Mund anstarrte, drehte ich mich wieder und ging mit schnellen Schritten weiter.

»Weil ich dich liebe.« hauchte er kaum hörbar. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Konnte mich nicht mehr bewegen und war wie erstarrt. 'Lotte atmen' rief ich mir in Erinnerung. Aber es war schwer. Er liebte mich? Als ob er eine Ahnung davon hätte.

Mein Herz schlug verdammt schnell. Wie gerne würde ich ihm glauben. Ich schaute ihn über die Schulter wehleidig an, hob entschuldigend die Hände und zwang mich weiter zu gehen. Nun rannte ich fast. Ich musste hier weg. Er liebte mich! Nein. Geht nicht. Kann nicht sein. Auf keinen Fall. Man verliebte sich nicht in mich. Ich war ein Freak. Nein. Außerdem kannte ich ihn erst zwei Monate oder so. Nein.

Als ich zuhause ankam keuchte ich wie verrückt. Ich konnte nicht mehr. Sofort ging ich in mein Zimmer und legte mich, noch in Jacke und Schuhen, in das Bett. Alles pulsierte und ich sah kaum noch klar. Liebe war nicht existent. Aus und fertig. Ab jetzt wurde es schwer. Richtig schwer. Ich spürte die Tränen kaum auf der Wange.

Nach einer Weile sah ich auf das Handy. Bitte Benjamin. Ruf an. Melde dich. Aber er tat es nicht. Nicht heute und auch Wochenende ließ er von sich hören. Ich blieb zuhause. Um ehrlich zu sein, traute ich mich nicht raus. Was wenn ich ihn sah?

...

Sonntag Abend legte Frieda, meine andere Schwester einen Brief auf meinen Tisch und ging stumm wieder raus. Ich erkannte Benjamins Schrift. Mit zitternden Händen öffnete ich den Brief. Ein Satz.
Es tut mir Leid.

LavendelregenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt