25. Kapitel

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Er setzte sich zu mir. Ich konnte ihn nur anstarren. Benjamin schaute nachdenklich auf das Meer. Ob er wohl neue Eindrücke für seine Gedichte sammelte?

Im Hintergrund das Rauschen der Wellen. Eine Weile sprach niemand. Ich lehnte mich wieder zurück und betrachtete den Strand. Hier und da lag noch ein wenig Schnee, sonst war alles einfach nur nass. Ein paar kaputte Muscheln lagen vor meinen Füßen. Es erschien alles so.. Trostlos. Ich war noch nie im Spätwinter am Meer. Mir fehlten die springenden Kinder und die genervten Eltern. Die rebellischen Jugendlichen und die ruhige ältere Generation. Aber irgendwie hatte es was.

Meine Gedanken lenkten mich ziemlich ab, sodass ich leicht zusammenzuckte, als sich Benjamin neben mir bewegte. Er lehnte sich zurück. Und ich verkrampfte. Sicherlich erwartete er jetzt was. Irgendwas von mir. Sonst hätte er mich nicht nach Hause gebracht.

»Benjamin..« sagte ich mit verkratzter Stimme, doch er winkte mich ab.

»Nicht reden.« Verblüfft schaute ich ihn an, er schien mich jedoch nicht zu beachten. Ich drehte mich um. Etwas weiter weg war eine kleine Stadt. Zu Fuß vielleicht 5 Minuten.

»Bleibst du kurz hier?« flüsterte ich. Und er nickte. Dann stand ich auf und lief. Im Stillen. Eigentlich habe ich immer Musik. Ich griff in meine Taschen. Kopfhörer, Handy, Zigaretten, Kleingeld, Taschentücher. Mhm..

Die Stadt konnte man nicht wirklich Stadt nennen. Es gab einen Markt, der nicht unweit vom Strand entfernt war und ein paar Häuser drumrum. Dann kleine Nebenstraßen und weitere Häuser. Das war es. Nach kurzer Zeit stand ich auf dem Markt und sah mich um, während ein paar Menschen mich beobachteten. Stimmt ja. In einer kleinen Stadt... Dorf.. Örtchen, kannte jeder jeden. Und ich war halt die Außenstehende, die wahrscheinlich wie eine Hexe aussah. Schnell band ich mir einen hohen Dutt, um zumindest meine Haare zu bändigen.

Danach suchte ich ein Café oder eine Bäckerei. War auch schnell gefunden, in einem kleinen Laden. Mit einem klirren der Tür betrat ich den Laden und eine schwarzhaarige Frau, vielleicht ein bisschen älter als ich, schaute mich sofort freundlich durch ihre Brille an.

»Was darf es denn sein?« Ich schaute kurz auf die große Anzeige hinter ihr.

»Zwei coffee to go. Einer schwarz der andere mit Milch.« Nun musste ich lächeln. Einfach so. Früher habe ich die Bestellung immer als Zahl oder nur auf die Sachen gezeigt. Heute ist es.. habe ich.. wow. Meine erste Bestellung.

Die Frau schaute mich leicht verunsichert an, während sie auf den Kaffee wartete. Ich kann es ihr aber nicht verübeln. Eine fremde. Mit monotoner Stimme. Die auf einmal lachen muss. Oh man. Außer dem schnorcheln der Maschine war es still.

»Du kommst nicht aus der Gegend, oder?« fragte sie. Endlich. Mir war klar, dass die Frage früher oder später kommt. Jedenfalls nickte ich. So. Und sprach wieder. Ich ließ die Worte auf der Zunge zergehen.

»Nja nein. Ich komme von weit her.« Wie unglaublich es war, meine Stimme zu hören. Allerdings.. die Gefahr beim reden ist, dass jeder weiß, was man sagt. Beim denken ist es nicht so..  Es war ziemlich riskant..

Als die Frau mir meine zwei Kaffees gab, legte ich ihr nur das Geld auf den Tresen und nickte. Wie immer. Dann ging ich raus und atmete tief ein. Die Salzluft tat mir unglaublich gut. Ich öffnete die Augen und sah mich eindringlich um. Wahrscheinlich werde ich nie wieder hier her kommen. Da sollte ich es nochmal genießen. Naja. Wie man es nimmt. Seufzend ging ich wieder zu Benjamin und bereitete mich innerlich auf das kommende Gespräch vor. Ich hatte Angst. Verdammte Angst. Wie es wohl wird? Es ist entscheidend. Zwar hat er von Liebe geredet, aber.. wer weiß. Vielleicht will er es beenden. Ich weiß es nicht. Aber wissen will ich es auch nicht..

Viel zu schnell kam ich beim Auto an. Und fing an zu zittern. Ich war noch nicht so weit. Ich will nicht. Schluckend ging ich zu Benjamin, der inzwischen ein wenig weiter Richtung Meer stand. Mein Herz fing an zu klopfen. Gut sah er aus, mit seinem beigen Anorak und der engen Jeans. Der Wind spielte durch sein Haar. Vorsichtig stellte ich die Kaffees auf die Bank und umarmte Benjamin von hinten. Er roch unglaublich gut. Ich merkte, wie er kurz erstarrte, aber dann meine Hände nahm und vorsichtig über sie strich. Ich wusste, was er dachte. Er mochte die Narben nicht und das meine Hände dennoch unglaublich weich waren. Wie oft hat er mir das schon gesagt, an den Abenden zuhause oder bei den Jungs.

Vorsichtig drehte er sich um, nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich sanft. Noch immer zitterte ich, was nun stärker wurde. Seine Lippen.. Es kribbelte alles so verrückt und ich wusste, dass es nicht nur eine Schwärmerei war. Als der Kuss endete, öffnete ich die Augen und bemerkte, dass ich geweint habe. Er sah mich nur stumm an und wischte die Tränen weg.

»Können wir reden? Ich meine wir beide?« Ich nickte schwach. Es wäre glaube das beste.

LavendelregenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt