18. Kapitel

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Wir waren nicht offiziell zusammen. Also Benjamin und ich. Aber irgendwie wussten wir es. Und alle anderen auch. Nur gab es noch keine Bestätigung. Ab wann ist man überhaupt zusammen? Er holte mich morgens immer ab, obwohl es ein Umweg war. Dann hielt ich meist seine Hand. Küssen taten wir uns nur selten. Aber jedes Mal war es so.. flatterhaft im Bauch. Reden taten wir auch nicht oft. Oder halt er mit mir. Das mochte ich an ihm. Er drängte sich mir nicht auf. Wir liefen oft schweigend nebeneinander. Es war so schön mal mit jemanden zu laufen, der nicht ständig den Moment zerstört mit irgendeinem Gerede. Man konnte die Umwelt auf sich wirken lassen. Benjamin sprach allerdings unsere Beziehung nicht an. Es war einfach so. Aus und Ende. Ich ließ es zu. Aus einem mir unbekannten Grund, fühlte ich mich in seiner Gegenwart wohl. Hatte auch nicht mehr das Bedürfnis wegzurennen. Komisch. Also für mich. Und meine Freunde akzeptierten ihn auch. »Schön das unsere Lotte endlich auch mal jemanden hat.« meinte Chris und wechselte einen Blick mit den anderen. Ich wusste was sie dachten. Vielleicht redet sie ja dann mal wieder. Und ich muss zugeben.. so abwegig war es nicht mehr. Innerhalb weniger Wochen hat Benjamin mein ganzes Weltbild geändert. Er sprach ja auch wenig. Und wenn dann wohl überlegte Sachen. Und Gedichte. Ja er schrieb Gedichte. Klingt merkwürdig für einen Jungen aber es ist so. Und er konnte gut schreiben. Besser als manche Gedichte von Goethe. Manchmal. Mein liebstes Gedicht war
Leere füllt mein Herz
und Schatten umfangen mich
inmitten von Menschen
fühle ich mich so allein.
Es ist so laut
und doch still.
Ich will zurück
bin jedoch heimatlos

Es ist so unglaublich was er mit Wörtern machen kann. Und wenn er sie aufsagte mit seiner samtigen Stimme und einen tiefen Blick in meine Augen, bekam ich jedes Mal eine Gänsehaut. Ich wollte auch selbst Gedichte schreiben aber irgendwas hielt mich ab. In meinem Kopf waren hundert verschiedene Gedanken und ich konnte keine Wörter fassen. Dann nahm ich wieder einen Pinsel in die Hand und malte.

Übrigens ging ich durch Benjamin abends nicht mehr so oft weg. Ich hatte einfach.. nicht mehr das Bedürfnis. Schon wenn ich daran denke muss ich schlucken. Immerhin hat dieser Kerl mit seinen Grübchen mein Leben auf den Kopf gestellt. So völlig. Und das war ungewohnt. Jedenfalls für mich. Ich bin kein Beziehungsmensch. Aber mit ihm war es anders. Er war anders. So geduldig. Lieb. Fürsorglich. Und doch in seiner eigenen Welt. Er hat mir mal versucht sie mir zu beschreiben aber so ganz konnte ich ihm nicht folgen. Am Abend griff ich wieder zum Pinsel. Schauen was sich machen lässt. »Bunte Farben. Überall. Man konnte von allem die Farben ändern. Es war jedem selbst überlassen.« Mhm. Viele verschiedene Farben im Hintergrund. Vorne in die Ecke malte ich Benjamin. So klein. Aber man konnte trotzdem sehen, dass er glücklich war. Als ich mit dem Bild fertig war, konnte ich kaum erwarten es Benjamin zu schenken. Ich freute mich schon auf seine Reaktion. Uff. Ich wollte ihm echt gefallen.

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