9. Kapitel

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»Bitte Lotte. Du musst jetzt aufstehen. Wach auf.«

Ich wollte nicht und drehte mich auf die andere Seite. Mein ganzer Körper schmerzte.

»Lotte..«

Ich hob meine Hand, machte eine wedelnde Bewegung und ließ sie wieder fallen.

»Du hast Schule.. Steh auf.«

Schlagartig war ich wach und sah Eleonore ins Gesicht. Sie stand mit ihrem Pyjama vor mir und wirkte schwächlich. Wahrscheinlich hat sie sich aus ihrem Bett gequält um mich zu wecken. Ich lächelte sie dankend an und setzte mich auf.

»Eigentlich wollte ich dir noch deine Brote machen, aber Mama und Papa dürfen mich nicht sehen. Ich geh wieder in mein Bett..« sagte sie und verschwand. Ich reckte mich ausgiebig. Wenn ich zu lange schlief und sie krank war, weckte mich Eleonore immer. Meine kleine Fee. Ich blieb noch kurz sitzen und starrte in die Luft. Zwar hatte ich die erste Stunde frei, aber ich wollte heute zur Schule laufen. Ein Blick aus meinem Fenster bestätigte dies auch. Überall war Schnee und Eis. Irgendwie faszinierte mich das Wetter, allerdings nicht, wenn ich mit dem Rad ins Rutschen kam.

Ich stand vorsichtig auf und reckte mich. Ich hatte keine Lust auf Schule. Ach man.
Ich ging zu meinem Schrank um mir meine dunkle Jeans anzuziehen. Außerdem eine weiße Bluse, die ich bis oben zuknöpfte und einen gestreiften Wollpullover drüber. Dann gähnte ich wieder. Meine Haare ließ ich heute offen. Wenn ich nachher eine Mütze aufsetzte, störte ein Zopf nur.
Ich schminkte mich und sah dann in den Spiegel. Gar nicht übel Lotte.
Mit meiner Tasche und dem Frühstück darin, zog ich mir meine Schuhe an. Noch immer war ich ein wenig lustlos, aber immerhhin schneite es nicht mehr so doll.
Als ich raus ging überkam mich jedoch sogleich ein Beben. Es war wirklich kalt. Meine Hände in den Jackentaschen, lief ich los. Nach einer Weile sah ich 100m vor mir jemanden laufen. Ich wusste sofort wer es war und joggte zu ihm. Dann tippte ich Benjamin auf die Schulter. Er drehte sich zu mir und lächelte.

»Guten Morgen. Schön dich zu sehen. Hast du gut geschlafen?«

Ich nickte und sah ihn auffordernd an.

»Das ist schön. Ich auch.« sagte er.

Wir liefen ein Stück. Die Straße war nun ziemlich matschig, irgendwie gefiel es mir nicht so gut. Es zerstörte meine winterliche Zauberwelt mit dem braun, was den weißen Schnee beschmutzte.

»Was hörst du da?« fragte Benjamin. Am Anfang war ich verwirrt, bis ich merkte, was er meinte. Meine Musik. Ich hatte nur einen Kopfhörer drin, die ganze Zeit dudelte leise im Hintergrund meine Musik.
Ich holte mein Handy raus und zeigte Benjamin den Titel. Er blies seine leicht geröteten Wangen auf. Erschrocken sah ich ihn an. Wenn er etwas gegen meine Musik sagte, würde ich wahrscheinlich die Straßenseite wechseln. Aber er schien Stoned Jesus zu kennen. Und das war schonmal ein gutes Zeichen.

»Endlich mal jemanden mit einem guten Musikgeschmack.«

Ich strahlte ihn an. Ich denke, dass ich mich gut mit ihm verstehen werde.

Danach verfielen wir in ein Schweigen. Aber es war nicht krampfhaft. Ich fühlte mich wohl und es war schön, jemanden an meiner Seite zu haben. Ab und zu berührten sich unsere Schultern oder Arme. Statt wie sonst einen Schritt bei Seite zu gehen, duldete ich es. Damit überraschte ich mich selber. Was war nur los?

Ich überlegte wie wir wohl nach Außen erschienen. Ein großer Junge. Mit einem großen Mädchen, was aber trotzdem einen halben Kopf kleiner war. Beide haben Musik in den Ohren. Jeder ist für sich. Aber trotzdem gehören sie zusammen.

Ich blieb kurz stehen und riss die Augen auf. Meine Gedanken spielten mir wohl einen Streich. Fragend sah Benjamin mich an. Ich schüttelte aber nur den Kopf und wir gingen weiter.

LavendelregenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt