6. Kapitel

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Ich überbrückte den Schultag geradeso und war froh, dass ich nur noch ein halbes Jahr in die Schule ging. Den Unterricht saß ich meist nur ab und in den Pausen.. tat ich auch nichts anderes, als mit meinem Handy spielen oder irgendwas zeichnen. Warum sollte ich auch was anderes machen. Meine Mitschüler lästerten und lachten schon genug falsch. Da muss ich nicht noch mitmachen. Ich war froh, wenn es endlich vorbei war.

So auch heute. Mit dem Klingeln nach der achten Stunde, sprang ich auf und lief glücklich aus der Schule. Als ich jedoch nach draußen ging, wollte ich lieber wieder nach drinnen gehen. Aus dem zauberhaften Schneefall von vorhin, hat sich ein Schneesturm entwickelt. Und das innerhalb von 20 Minuten. Ich liebte Schnee. Aber nur wenn ich drin im warmen war und ihn beobachten konnte.
Unglücklich ging ich zu meinem gelben Rad und spürte schon die kalten Flocken in meinem Gesicht. Ich versuchte sie wechzublinzeln aber es ging nicht so gut, wie ich mir erhofft hatte. Ich schloss mein Rad ab und setzte meine Kapuze auf.

Der Weg erschien mir doppel so lang wie sonst. Lag einerseits an dem Schnee, der mir ins Gesicht pustete, aber auch daran, dass mein Handyakku leer war und ich wieder mal ohne Musik fahren musste. Der Wind tat mir auch keinen Gefallen und so stieg ich nach kurzer Zeit von meinem Rad ab und blieb stehen. Ich schaute mich um. Die Welt war weiß. Ich sah kaum Menschen, obwohl ich nun doch auf einer sonst sehr belebten Straße war. Und schon träumte ich wieder vor mich hin.

Irgendwie war es schön sich die Welt als weißen Wattebausch vorzustellen. Jetzt wirkte alles so.. friedlich. Nicht als wenn es sonst eine graue, eintönige Stadt wäre. Ich zog die weißen Eindrücke auf mich ein. Der mit Stickern übersehte Mülleimer in der Bushaltestelle mit dem kaputten Fenster, wirkte auf einmal harmonisch. Und der schiefe Straßenbolzen, den ein betrunkener Kumpel einmal umgerissen hat, war sehr malerisch. Und genau das werde ich tun. Ich merkte mir den Anblick gut, um ihn später zu zeichnen.

»Wunderschön, oder?«

Ich nickte. Dann sah ich erschrocken zur Seite. Dort stand Benjamin und schaute sich meine schöne Straßenszene an, bevor er zu mir sah.

»Ich bin Benjamin.« meinte er fragend. Als ob ich mir den Namen nicht merken konnte, immerhin spuckte er schon den ganzen Tag in meinem Kopf rum. Ich starrte ihn weiterhin nur stumm an.

»Ich wollte dich eigentlich auch nicht ansprechen, aber du warst so fasziniert..«

Stille.

»Ich hab schon gehört, dass du nicht redest, aber kannst du nicht eine Reaktion zeigen?« meinte er nun verunsichert. Ich lächelte leicht, hob eine Augenbraue und zeigte mit meinen Kopf in Richtung nach Hause. Er nickte.

»Danke. Es ist echt kalt.«

Dann gingen wir schweigend nebeneinander. Tausend Gedanken flogen durch meinen Kopf aber ich wagte nicht, nur einen davon festzuhalten. Im Prinzip war es wie der Schnee. Wenn man ihn festhielt schmolz er.

Benjamin hielt zwei Straßen vor meiner.

»War nett. Danke.« sagte er mit einem lächeln und ging in ein Haus. Ich war verwirrt. War nett? Wir haben uns nicht einmal unterhalten? Verdutzt ging ich weiter Richtung nach Hause. Der Junge schafft mich irgendwie, ohne auch nur das geringste zu machen.

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