29. Kapitel

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»Lotte! In meinem Unterricht wird nicht geschlafen!« Ich schrak auf. Meine alte PB-Lehrerin sah mich wütend an. Bevor sie jedoch etwas sagen konnte, erlöste mich das Klingeln. So viel Glück konnte auch nur ich haben. Ich grinste sie an und packte meine Sachen zusammen. Dann ging ich erstmal auf die Schultoilette. Nicht weil ich musste, Gott nein, eher weil ich mich ordnen wollte. Ich stützte mich am Waschbecken ab und sah in den Spiegel. Aus meiner ehemaligen Frisur haben sich ein paar Strähnen gelöst und meine Schminke war verwischt. Ich strich sie weg und wusch mir die Hände. Langsam und gründlich. Einatmen, ausatmen. Gleich war es soweit. Ich zog mir meinen Mantel an, steckte mir die Zunge raus und ging.

Als ich jedoch das Schulgebäude verließ, wurde ich hart an den Schultern gepackt und zur Seite geschubst. Der Boden kam mir ziemlich nah. Ich sah auf und blickte Vivianne, Jolina und ihre Freundin Drina an. Alle sahen ziemlich stinkig aus.

»Willst du dich nicht beeilen? Benjamin wartet vorne auf dich.« sagte Vivianne hämisch. Ich rutschte ein wenig von ihr weg und wollte aufstehen, allerdings stieß Drina mich wieder herab. Langsam bekam ich es mit der Angst zutun. Mit Vivianne und Jolina konnte ich es vielleicht aufnehmen, nicht aber mit Drina, der Kampflesbe. Zwar war sie weder lesbisch noch in einer Kampfsportart, allerdings Handballerin und sicher fast doppelt so schwer wie ich.

»Du willst doch nicht etwa hier weg?« lachte Vivianne. Jolina stand hinter den Beiden und strich sich durch die blonden Locken. Sie fühlte sich unwohl.

»Na wie ist es so, anderen den Typen wegzukrallen?« fragte Drina, während sie gegen mein Bein trat. Sofort kam mir Schmerz auf und Tränen traten in meine Augen. Aber sagen tat ich nichts. Dies schien sie noch wütender zu machen. Dann kam Vivianne.

»Du bist ein Nichts und hast kein Recht mich zu beleidigen.« knurrte sie, während sie mich an meinen Haaren hochzog. Ich biss mir auf die Zunge um nicht loszuschreien. Es tat verdammt weh. Ich wollte meine Hände heben, doch war zu langsam. Schon spürte ich den Schlag auf der Wange und schmeckte Blut.

»Das ist nur ein Vorgeschmack zu dem was kommt, solltest du Benjamin nicht Jolina überlassen.« hörte ich leise Drina an meinem Ohr. Vivianne lachte. Dann schmissen sie mich wieder auf den Boden und traten nochmal zu. Drina gegen mein Bein und Vivianne gegen den Bauch. Ich starrte zu Jolina, während mir nun doch die Tränen über die Wangen liefen und auf den Boden tropften. Sie sah mich entschuldigend an und folgte den Anderen zu den Rädern. Ich blieb liegen. Mir wurde übel und das Bein schmerzte unglaublich. Als sie weg waren setzte ich mich vorsichtig auf und zog meine Beine zu mir. Da ich nur noch verschwommen sah, schloss ich die Augen. Ich sollte Benjamin gehen lassen? Schon der Gedanke daran raubte mir den Atem. Zwar wusste ich, dass ich auf Abstand gehen musste wegen dem Auslandsjahr aber nicht doch jetzt.. Ich fing an zu schluchzen. Als jedoch eine Melodie anfing zu spielen, schrak ich auf und blinzelte das schwarze weg. Keiner war da. Es brauchte eine Weile, bis ich merkte, dass mein Handy klingelte. Benjamin..

»Wo bist du?« fragte er direkt. Ich kaute auf meiner Lippe.

»Hab was vergessen. Ich komme gleich.« und legte auf. Nun war ich doch gezwungen zu ihm zu gehen. Langsam richtete ich mich auf. Alles drehte sich. Ich klopfte vorsichtig den Dreck ab und humpelte zum Hauptausgang. Wäre ich doch nur nicht hier lang gegangen.. Mit jedem Schritt, dem ich Benjamin näher kam, musste ich die Tränen mehr zurückhalten. Und das lag nicht an meinem Bein.

Als er in meiner Sicht war, stürzte er zu mir.

»Oh Gott, was ist passiert?«

»Bin.. gestolpert.« nuschelte ich. Er nahm mir meine Tasche ab und hielt mir den Arm hin. Ich griff ihn. Und mit Schmerzen liefen wir nach Hause.

...

»Du hattest Recht. Ich habe ein Geheimnis.«murmelte ich. Wir standen vor meiner Haustür und ich lehnte mich an die Wand. Erwartungsvoll sah Benjamin mich an.

»Ich werde in nicht mal mehr einem halben Jahr wegziehen.« sagte ich und sah, wie sich der Ausdruck in seinen Augen veränderte. Angst.

»..und...?« stotterte er. Benjamin! Der Mann der Worte.

»Ich möchte, dass wir aufhören uns zu treffen.« Batz. Aus und vorbei. Er schüttelte den Kopf.

»Nein. Bitte nicht. Lotte..« Ich sah auf den Boden. Als ich nach einer Weile wieder aufsah, hatte er ein gleichgültiges Gesicht.

»Ok.« und ging. Ich blieb fassungslos zurück. Ich hätte nicht damit gerechnet. Er war mein ein und alles. Es war schwer, die Drohung von Drina auf das Aupair zu schieben. Und er? Er ging.

Ich schloss mit Tränen die Tür auf. Als Mama mich sah, umarmte sie mich still. Keine Worte kamen über ihre Lippen. Und ich war froh. Ich schmiegte mich an ihre Schulter und weinte. Über das Leben und Benjamin. Über die Zukunft und Benjamin. Und über den Schmerzen wegen Benjamin..

ok..

LavendelregenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt