Sternchen nicht vergessen ❤️
Louis POV
„Und denk daran mich anzurufen mein Engel. Pass auf dich auf und komm bitte gut an!" Harry zog mich erneut in eine Umarmung, so wie er es in der letzten halben Stunde, in der ich meine Tasche gepackt hatte, bereits einige Male getan hatte. Ich wollte mich selbst auch nur ungern aus seinen Armen lösen und ohne ihn wegfahren, doch ich wusste, dass ich musste. Lottie brauchte mich, sie sollte das nicht alleine durchmachen müssen und sich um alles kümmern. Auch wenn mir die Angst vor dem was mich im Zirkus erwarten würde fast die Luft zuschnürte, musste ich mich schweren Herzens von Harry lösen, sonst würde ich die Eisenbahn nicht bekommen.
„Mach ich Haz... pass du hier gut auf, ja? Ich liebe dich, so sehr."
„Ich liebe dich, mein Engel, du schaffst das. Drück alle fest von mir..." Er drückte mir noch einen letzten, kurzen, aber dafür umso liebevolleren Kuss auf den Mund, ehe ich mich umdrehte, aus der Haustür lief und mich auf den Weg zum Bahnhof begab.
Nach dem Telefonat mit Lottie war ich sofort zur Bar gelaufen und traf zum Glück auf Cole der schon ziemlich früh dort war. Er hatte nach einer kurzen Erklärung meinerseits sofort verstanden, dass ich für einige Tage wegmusste und wünschte mir viel Kraft. Ich war mehr als froh darüber, dass er so verständnisvoll reagiert hatte und beschloss ihm dafür noch irgendwie zu danken, sobald ich wieder da war. Ich hatte mich zwar direkt nach dem Gespräch mit Cole, schon informiert wie ich zu dem Ort komme in dem der Zirkus gerade war, allerdings wollte ich auf Nummer sicher gehen und fragte lieber noch mal nach um nicht versehentlich irgendwo anders zu landen. Als ich sicher war in der richtigen Eisenbahn zu sein, ließ ich mich mit einem Seufzen auf einem Platz am Fenster nieder und blickte nach draußen. Ich musste unweigerlich an das letzte Mal denken, als ich in einer Eisenbahn saß, mit Harry neben mir und völlig fertig mit den Nerven. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, dass wir beide nicht wussten was uns dort wo wir hinfuhren erwartet und wie es für uns beide weitergehen soll, während wir uns mittlerweile irgendwie ein Leben aufgebaut haben und trotz der Umstände zusammen waren. Nun saß ich zwar alleine hier und fuhr erneut an einen Ort, an dem ich nicht genau wusste was mich erwartet, aber ich wusste Harry war da, wenn ich wieder komme und er würde immer für mich da sein, egal ob wir physisch zusammen waren oder nicht. Die Eisenbahn rollte los und ich spürte, dass er mir jetzt schon fehlte.
Ich lehnte mich an die Fensterscheibe an und seufzte erneut, bei dem Gedanken daran, dass ich nun mehr als einen Tag unterwegs sein würde und dabei ziemlich häufig umsteigen musste. Ich hoffte einfach alles richtig zu machen und dort anzukommen, wo ich auch hinwollte, oder eher hinmusste. Unsicher darüber, ob ich meinen Vater überhaupt nochmal sehen wollte, fragte ich mich, wie Lottie sich fühlte. Sie hatte aufgewühlt geklungen und immerhin war er auch trotzdem irgendwo unser Vater. Ich musste mir allerdings eingestehen, dass mich der Gedanke an seinen Tod nicht traurig stimmte, nicht nachdem ich in den letzten Jahren immer mehr sein wahres Gesicht kennenlernte und nicht nach all dem was er mir zuletzt an den Kopf geworfen hatte. Die Tatsache, dass er nie ein guter Vater war und Lottie und ich mit ihm zurückgeblieben sind, anstatt mit unserer Mutter, die ein Engel in Person war und es verdient hätte 100 Jahre lang zu leben, machte mich trauriger als sein vermutlich bevorstehender Tod. Ich war sogar wütend, dass er sich in den Tod soff, während andere Menschen nicht entscheiden konnten, ob sie leben oder sterben wollten. War ich ein schlechter Mensch, weil ich so dachte? Es war nicht so, dass ich ihm den Tod wünschte, es interessierte mich aber auch nicht, wenn es jetzt passieren würde, immerhin war er sowieso selber daran schuld. Ich schüttelte meinen Kopf um die Gedanken irgendwie loszuwerden, doch das einzig andere was in meinem Kopf umherschwirrte war die Sorge um Mary. Heute war wieder einer der Tage gewesen, wo sie sehr schwach war. Sie war morgens nicht aus dem Bett gekommen und schlief noch immer, als ich mich am Vormittag von ihr verabschiedet hatte. Ich hatte es nicht übers Herz gebracht sie zu wecken, nachdem ich mitbekommen hatte, wie sie die ganze Nacht nicht geschlafen hatte. Somit wusste sie auch noch nicht, dass ich weggefahren war und die Angst, dass es das letzte Mal hätte sein können, dass ich sie lebend gesehen habe stieg in mir auf. Was wenn ich jetzt nie wieder hören werde, wie sie mich ‚Schätzchen' nennt? Als ich spürte wie die Tränen sich in meinen Augen bildeten, sah ich mich kurz um und stellte fest, dass ich alleine in dem Abteil saß. Also ließ ich sie einfach laufen und schniefte leise vor mich her. Die letzten Tage waren hart, Harry und ich hatten jeden Tag bemerkt, wie die einfachsten Dinge Mary schwerfielen und wie sie häufig verwirrt war und Dinge durcheinanderbrachte. Es brach mir mein Herz sie so zu sehen, denn sie war immer aufgeweckt und selbstständig gewesen, dass sie nun kaum alleine die Treppe nach oben kam und ihr ihre große Leidenschaft, das Kochen immer schwerer fiel, setzte ihr sehr zu, dass konnte ich erkennen, ohne, dass sie das zugeben musste. Je länger ich über die Tage nachdachte und über ihren Zustand, desto klarer wurde mir die Situation und ich beschloss die Anderen zu bitten mit mir mitzukommen, damit sie alle nochmal sehen konnte. Sie musste nur noch so lange durchhalten.
DU LIEST GERADE
Cirque Felicity | L.S
Fanfiction1920. Die Zeit des ersten Weltkrieges und der spanischen Grippe ist vorbei und Amerika blüht wirtschaftlich immer mehr auf. Währenddessen wurde auch der Cirque Felicity immer bekannter und größer. Als erster Zirkus der durch das Land zog, lockte er...