Kapitel 35

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Die Menschen, die zu dieser späten Uhrzeit noch unterwegs sind, können eine taumelnde zerstörte und verzweifelte Person sehen, die versucht, irgendwie vorwärts zu kommen. Kurz gesagt: Ich irre planlos durch die Gegend.

Kein sinnvoller Gedanke will sich in meinem Kopf bilden lassen, es herrscht nur rabenschwarze Leere. Ich habe keine Ahnung, wo ich nach Jason suchen soll oder wie ich ihm helfen könnte, ich bin einfach Hals über Kopf losgestürmt.

Plötzlich rempelt mich jemand an und noch jemand und noch jemand . . .

Langsam blicke ich auf und traue meinen Augen erst nicht ganz, eine große Menge von Menschen rennen panisch in meine Richtung. In ihren Gesichtern kann man Verzweiflung erkennen, Panik und Lebensangst. Diese Leute müssen soeben dem Tod ins Auge geblickt haben, so verstört wie sie sind, ich kann auch Verletze erkennen und da wird mir klar, was hier los ist.

Der Joker ist gerade nicht gut gelaunt, er terrorisiert die Menschen und nimmt unzählige Leben. Deshalb hat Jason ihn jetzt plötzlich finden können, er wird versuchen, sich am Joker zu rächen für alle, für alles. Und das wird ihn am Ende wohl den Kopf kosten und vielen Anderen auch.

Ich muss irgendwas tun und nicht nur untätig rumstehen! Meine Beine bewegen sich wie ferngesteuert nach vorne, hinein in die panische Menge, gegen den Strom.

Ich folge der Schneise aus Zerstörung und Chaos. Autos brennen am Straßenrand aus oder auch mitten auf der Straße, mit oder ohne Passagiere und teilweise noch rollend. Gelegentlich erreichen auch Flammen den Tank eines Autos und es kommt zu Explosionen. Immer wieder schreien Menschen auf, sie rennen durch die Verwüstung, versuchen sich zu retten. Viele werden von Clowns verfolgt, mit Äxten, Hämmern oder anderen Waffe ausgestattet.

Der Boden bebt und ich muss aufpassen, nicht von irgendwelchen Steinen der fallenden Häuserwände getroffen zu werden, die Stadt scheint im Chaos zu ertrinken überall sehe ich nur Leid, Angst und Wut.

Während mich meine Beine immer weiter tragen, höre ich einige Zurufe, sie flehen um Gnade, betteln um Hilfe. Doch ich kann nicht stehen bleiben, ich muss weiter, immer weiter . . . ich darf . . . nicht stehen bleiben! 

Meine Seiten stechen und mein Herz droht mir schon aus dem Körper zu springen, aber meine Füße treiben mich voran.

Links um die Ecke, unter einer fallenden Straßenlaterne hindurch tauchen, scharf recht und über den Brandkrater auf der Straße springen, den fallenden Steinen eines Hauses ausweichen und bei einer Autoexplosion wegducken, ich komme meinem Ziel näher.

Und dann habe ich es erreicht, es ist eine alte, geschlossene Spielzeugfabrik. Sie zeichnet sich gruselig vom Abend ab, das Gebäude ist hell beleuchtet und es hallen Schüsse und das Rattern von Maschinengewehren. Bevor mich irgendeiner der Anwesenden entdecken kann, verstecke ich mich hinter einem Ruinenteil einer zerstörten Lagerhalle.

Meine Sinne scheinen plötzlich viel geschärfter als davor, es ist, als würde ich alles um mich herum doppelt so klar wahrnehmen. Da huscht eine Spinne über den dunklen Backstein, ich höre, wie Dinge zu Bruch gehen, das Klingen, wenn leere Patronenhülsen auf den Boden fallen, schwere Stiefel unter denen Steine knirschen. Ich sehe Menschen aus dem Gebäude fallen, sie scheinen einige Momente zu fliegen, doch das hält nicht an, ich sehe Menschen sterben, höre ihre Todesschreie, Schläge und brechende splitternde Knochen. 

Ein Geräusch dringt besonders zu mir durch, andere Geräusche scheinen dabei eher nebensächlich zu werden: das psychopathische Lachen des Jokers. Es scheint aus einem der oberen, hell erleuchteten Etagen zu kommen, erwidert wird das Lachen von wüsten Beleidigungen.

Ich kann nicht anders, ich muss erleichtert lächeln, Jason kann schonmal auf keinen Fall Tod sein. Die unglaubliche Erleichterung hält allerdings nur für einen kurzen Moment. Das Nächste, das ich noch mitbekomme, ist, wie das Gebäude in einer einzigen, riesigen Explosion in die Luft geht.

Ich sehe sich hell aufbäumende Stichflammen, das Gebäude bricht in sich selbst zusammen. Die Fenster splittern und scharfes Glas rieselt auf mich herab, gefolgt von schweren Gesteinsbrocken und sterbenden Menschen.

Soll ich hoffen, dass ich Jason gleich wieder treffe? Ist das Letzte, was ich denken kann, bevor mich die enorme Druckwelle erreicht und meine Sinne schwinden lässt.






Das erste, das ich wahrnehme, als ich langsam wieder zu mir komme, ist der beißende Gestank. Es riecht nach verbranntem Fleisch und als ich meine Augen langsam wieder öffne, weiß ich auch, woher das kommt. Zwischen den Trümmern liegen überall Leichen, bis zur Unkenntlichkeit entstellt und zwischen Steinen eingequetscht. Das Gras im gesamten Umfeld ist abgebrannt, dafür ist jetzt alles von Schutt und Asche überzogen.

Ich selbst bin unter einigen Steinen eingeklemmt, aber mir erscheint die gesamte Situation sehr surreal.

Bin ich überhaupt noch?

Alles scheint so fern zu sein, ich Spüre nicht die Schmerzen meiner zerquetschten Körperteile, ich fühle nicht, wie der Rauch in meiner Lunge brennt und auch keine Geräusche kann ich mehr wahrnehmen. Es ist, als würde ich in einer Sicherheitskapsel schweben und es könnte nichts schlimmes passieren. 

Bin ich tot?

Ich klettere unter den Steinen hervor, wie beschrieben, fühle ich dabei wirklich gar nichts, aber dann sehe ich das vollkommen zerstörte Fabrikgebäude

Alles ist in sich zusammengebrochen und irgendwie bricht auch meine Welt zusammen. 

Jason . . .

Jason war da drinnen, ist da drinnen.

Ihm darf nichts passiert sein, ich muss ihm doch noch etwas sagen.

Ich breche weinen zusammen. Überall sind nur noch Fetzen da.

Ich hocke kauernd auf dem Boden, da nehme ich eine Bewegung wahr.

Ich blicke auf und sehe ihn. Ihn, meinen Jason.

Seine Kleidung ist mit Blut bedeckt, doch er lächelt mich aufmunternd an.

Bei seinem Lächeln wird mir ganz warm ums Herz, alles ist heller. Als würde ich auf einer Wiese stehen, einer sonnigen Wiese, voller Schmetterlinge und Lachen.

Jason kommt langsam auf mich zu . . .

Es ist, als würde er schweben. Auf mich zu schweben. Keiner seiner Schritte ist unsicher, als würde er nicht über Trümmer und blutige Asche laufen. 

Er steht vor mir, still, unbewegt.

Ich schaue zu ihm auf, die helle Glut des Feuers blendet mich, nur sein Grinsen ist noch heller. 

Er streckt mir seine Hand entgegen, keine Aufforderung. Ein Angebot.

Ich hebe meine Hand und lege sie in seine.

Ein Versprechen, für die Ewigkeit.

Vielen Dank an alle, die bis zum Schluss durchgehalten haben!

Misa

Misa

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The night, you stole me {Red Hood ff}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt