3 - Ginger

296 15 2
                                    

Ich langweilte mich im Unterricht. Gleichzeitig war ich aber auch so unfassbar wütend.
Am schlimmsten war es in Literatur. Es ging immer nur um die "normalen Pärchen". Mann und Frau.
Als ich dem Lehrer dann ordentlich meine Meinung gesagt hatte, hatte ich mich gleichzeitig vor meiner Klasse geoutet und seitdem gucken mich alle plötzlich so neugierig an. Auch ein brünettes Mädchen, das mir seltsam bekannt vorkam, erkannte ich jetzt darunter. Sie schien regelrecht zu strahlen, grinste mich breit an. 

Endlich erlöste mich das Klingeln, die Stunde war vorbei und  ich konnte diesen Raum verlassen, der meiner Meinung nach einer Hölle gleich kommt.

Plötzlich kam dieses dunkelhaariges Mädchen angerannt und packte mich sanft am Arm, bevor sie schon drauf los plapperte.

»Ich fasse es nicht. Du bist Gay! Endlich bin ich nicht mehr die einzige«, sagte sie aufgeregt und ich musste leicht schmunzeln. Ihre aufgeweckte Art war irgendwie erfrischend.

»Ja... ja das bin ich.« Das würde sich wahrscheinlich rumsprechen, wie ein Lauffeuer, dachte ich.

»Ich bin Maxim, aber bitte nenn mich Max, Ginny

Ich lächelte leicht und sie lächelte zurück. Sie hatte sich meinen Namen direkt gemerkt. Schien ehrlich interessiert an mir! Ja, ich mochte das Mädchen, das fühlte ich. Vielleicht könnte es ja nun endlich Mal hinhauen mit den Freunden. Aber wohl auch nur, wenn meine Mutter endlich Mal sesshaft wurde und nicht wieder den erst besten Reichen Kerl abschleppte...

»Ich muss jetzt los, aber wir sehen uns nach der Schule«, ratterte sie herunter und dann war sie auch schon verschwunden.

Langsam schlenderte ich zu meinem Spind und dachte über den Unterricht nach. Als ich die Tür wieder zu schlug, zuckte ich innerlich heftig zusammen.
Braune Augen blickten mir entgegen. Verdammt, warum schlich er sich so an?

Ich hatte das Gefühl, irgendwas sagen zu müssen, also faselte ich irgendwas wegen seinem Oberteil, woraufhin er mich auf den Arm nahm.
Leicht verdrehte ich die Augen. Durfte ich ihn umbringen? Wenn ja, wo war mein Messer?

»Du hast was?«

Als der Braunhaarige meine Mum erwähnte, wäre ich am liebsten im Erdboden versunken, aber ich reckte stolz mein Kinn empor und wollte ihm noch was entgegen schleudern, das ihn genauso aus der Fassung brachte, wie mich. Doch die passenden Worte wollten einfach nicht hervor kommen, zu meinem Glück rettete mich Maxim in dem Moment und zog mich mit sich. 

Als Marcus wieder diesen seltsamen Gruß machte und davon ging, sah ich ihm etwas irritiert hinterher.

»Er ist so ein Arschloch«, meinte Maxim genervt und ich nickte sofort.
»Oh ja, das ist er«, stimmte ich ihr sofort zu.

Maxim hielt kurz inne und grinste mich an.
»Er ist mein Bruder.«
Ups, Fettnäpfchen!

»Sorry, tut mir leid...«

Hastig wirkte sie ab und legte einen Arm um mich, während wir langsam Richtung Ausgang schlenderten.
»Ist nicht so schlimm. Er ist es eben einfach. Da kann keiner was dafür«, sagte sie nur und zuckte mit den Schultern.

Wir gingen die Straße runter zu den Bushaltestellen und warteten dort, bis der besagte Bus uns wieder nach Hause brachte.
Ach wie sehr ich diese überfüllten Schulbusse doch hasste. Immer roch es streng und ich hasste es, wenn so viele Menschen sich auf so engem Raum drängten.

»Ich finde es wirklich super cool, dass wir Nachbarn sind. Du kannst so oft du willst zu mir kommen, ja? Wir können zusammen lernen oder auch andere Sachen machen. Ich kenne ein super tolles Restaurant. Da müssen wir Mal hin! Ist echt nicht teuer, aber das Essen ist der Hammer.«

Ich schämte mich ein bisschen, dass ich den Worten von Max nicht wirklich Beachtung schenkte. Ich mochte sie wirklich, aber als Marcus in mein Sichtfeld trat, war es, als wäre alles andere um mich herum einfach nicht mehr existent. 

Diese unglaublichen dunklen Augen bescherten mir selbst aus dieser Entfernung eine Gänsehaut und alles, was ich plötzlich dachte, war, wie seine Lippen sich auf meine pressten. 

Nachdenklich und leicht verwirrt starrte ich ihn weiter an. Ich hatte nicht gewusst, dass man so heiß aussehen kann, wenn man auf einen Bus wartete, so lässig, so cool. Verdammt!
Leicht biss ich mir auf die Unterlippe, bis Maxim allerdings merkte, dass ich ihr gar nicht zuhörte.

Sie kniff mir leicht in den Arm und sah dann in die Richtung, in die ich gegafft hatte.
»Was ist denn da? Mein Trottel-Bruder?«

Meine Handinnenflächen wurden feucht und ich sah sie an.
»Nein... ich hab nur über den heutigen Tag nachgedacht. Tut mir leid«, redete ich mich raus und sie nickte sofort verständnisvoll.
Sanft strich sie mir über den Rücken und lächelte.
»Natürlich. Das ist sicher nicht einfach für dich. Aber trotzdem kannst du immer zu mir rüber kommen ja?«

Ich schmunzelte und nickte. Ob das so eine gute Idee war, das Haus zu betreten, in dem die Sünde in Person wohnte, wusste ich nicht, aber ich wollte ja zu Max. Mit Marcus hatte ich nichts zu tun.

Kurz glitt mein Blick nochmal zu ihm hinüber, zwang mich aber, sofort wieder weg zu schauen. Dieser Junge schien wie ein Magnet auf mich zu wirken, der mich magisch anzog. Ein Magnet, der so viel Druck auf mich ausübte, dass ich mich fühlte, als würden all meine Hormone gleichzeitig explodieren.
Noch nie hatte ich ein solches Verlangen gegenüber einer anderen Person gefühlt! Es war ungewohnt, dass ich mit einem Mal Dinge zu wollen schien, die ich früher total ekelhaft fand, aber wehren konnte ich mich gegen diese ganzen heißen Gedanken in mir auch nicht. 

Als der Bus kam, standen Max und ich von der Bank auf und gingen in den Bus. Sofort setzte sie sich zu Norah. Einer ihrer Freundinnen.
Ich schlenderte den Gang entlang, aber es war alles voll. Außer ein Platz. Natürlich. Der neben Marcus.

Einen kurzen Moment blieb ich stehen und verdrehte die Augen. Das dürfte doch nicht wahr sein. Wollte das Schicksal mich eigentlich komplett verarschen?

Ohne ein Wort zu sagen ließ ich mich neben Marcus auf den Platz fallen. Steif, wie ein Stock saß ich da, wagte kaum einen Atemzug zu machen oder ihn anzusehen.

»Ganz ruhig. Ich beiße schon nicht«, hörte ich plötzlich seine Stimme dicht an meinem Ohr.
Er war so nah, dass ich deinen Atem auf meiner Haut fühlen konnte und alles fing an, sich zu drehen.

Gott, ich wusste plötzlich nicht mehr, wo oben und unten war, kam mir vor, wie in einer Waschmaschine im Schleudergang.

»Na dann bin ich froh«, gab ich tonlos zurück und starrte immer noch die Stuhllehne vor mir an, als wäre sie das tollste auf der ganzen Welt.
Marcuse grinste neben mir nur und schüttelte leicht den Kopf, während er sich wieder nach hinten lehnte.
Mein Herzschlag war nun nicht mehr ganz so schnell, wie vorher, aber noch immer deutlich über der normalen Grenze.
Dieser Typ trieb mich in den Wahnsinn. Wie sollte das nur weiter gehen?

The Boy Next Door - Marcus Baker FF // BoyxBoy ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt