15 - Ginger

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Ich hasste meine Mutter dafür, dass sie mich zu Joe's Café schleifte und mich präsentierte, wie ein Essen auf dem Servierteller.
»Ginny freut sich sehr, dass er die Möglichkeit bekommt, hier arbeiten zu können und dann auch noch in so einem tollen Kaffee«, schleimte meine Erzeugerin und ich verdrehte die Augen.

»Ja, was soll ich machen?«
Ich richtete mich auf und trat zu Joe hinter die Theke. Er konnte schließlich nichts dafür, dass meine Mutter ständig über meinen Kopf hinweg Entscheidungen traf, also wollte ich meine schlechte Laune auch nicht an ihm auslassen.
Er lächelte mich sanft an und mir war klar, dass er wirklich okay war. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, hier zu arbeiten. Dann lernte ich vielleicht neue Leute kennen. 

»Okay, es ist wirklich nicht schwierig. Ich habe ein Kassensystem ausgewählt, das sehr leicht zu bedienen ist. Du gibst hier einfach die Nummer vom Artikel ein und dann drückst du auf Enter und dann siehst du den Gesamtpreis«, erklärte er und es war wirklich nicht schwierig. Bei den ersten paar Kunden half er mir noch und sah mir auf die Finger, aber dann durfte ich schon alleine ran.

Die Arbeit machte mir Spaß und ich blühte tatsächlich auf. Die Kunden gaben mir fleißig Trinkgeld und Joe lächelte mir zu und nickte leicht. 

Als jedoch eine ganz bestimmte Person das Bistro betrat, wollte ich am liebsten aus dem Laden rennen. 

Marcus! Der Arsch persönlich. 

Ich kniff meine Augen feindselig zusammen und musste zu meinem Bedauern feststellen, dass er direkt zu mir nach vorne kam und seine Bestellung abwickelte.
Mit seinen Worten machte er mich fast wahnsinnig, brachte mich zum durchdrehen und als er dann auch noch indirekt verlangte, dass ich ihn mehr anlächeln sollte, hätte ich ihm am liebsten diesen beschissenen Eiskaffee ins Gesicht geschüttet.
Mit einem gefakten Lächeln reichte ich ihn den Becher.
»Hoffentlich friert dir die Zunge ab«, zischte ich ihm zu und sah ihn nach.

Joe trat neben mich und blickte Marcus ebenfalls nach.
»Ich will ja nichts sagen, aber warum hasst du ihn denn so?« 

Augenblicklich versteifte ich mich und sah den jungen Mann an. Was sollte ich sagen? Dass wir rum gemacht hatten und das ziemlich heftig, er mich aber die ganze Zeit nur ausnutzt und ich nicht von ihm weg komme? Dass mich das Ganze so wahnsinnig macht, dass ich einfach nur wütend bin? 

Nein, das ging nicht. Ich konnte es nicht sagen. Das ging bestimmt wieder vorbei. 

»Weißt du was, mach erstmal Pause. Geh raus und beruhige dich und wenn du wieder bereit bist, zu lächeln, dann kommst du wieder, ja?«
Joe war wirklich ein Engel. Ich hätte ihn umarmen können.
»Wirklich?« 

Er schmunzelte und deutete auf die Tür. »Raus mit dir.«

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich verließ eilig das Café. Ein kurzer Blick zu meiner Mutter verriet mir, dass sie sich gerade mit der Mutter von Marcus unterhielt. Hoffentlich betranken sie sich nicht. Das könnte sonst nämlich ziemlich peinlich werden und darauf hatte ich jetzt echt keine Lust und auch keinen Kopf.

Ich merkte, dass ich mich draußen vor dem Café sofort nach Marcus umsah und hasste mich dafür. Warum suchte ich eigentlich nach diesem Idiot? Eigentlich sollte ich doch froh sein, dass er mit seinem beschissenen Kaffee weg gegangen ist und nicht noch im Café herum lungerte und mich mit seinen Blicken anstarrte. Wenn er mich beobachtete, so war ich mir sicher, würde ich alles fallen lassen. Alles wurde schief gehen.

Schließlich entdeckte ich den Jungen, der an einem Auto lehnte. Offenbar war er tatsächlich mit seiner Mutter hier, was mich überraschte. Vermutlich hätte er Hausarrest. Max hatte Mal sowas erwähnt, aber ich hatte ihr nie so wirklich zugehört. Meine Gedanken waren ja meistens immer bei den Jungen mit dem braunen Haar und den unglaublich weichen und vollen Lippen gewesen. 

Ich atmete tief durch. Langsam begann ich, mich auf ihn zuzubewegen und hasste mich jetzt schon dafür. Ich beging einen Fehler nach dem anderen, aber das schlimmste war, dass diese Fehler sich zuerst so unfassbar richtig anfühlten und sich erst später als solche herausstellten.

In wenigen Schritten war ich bei ihm angekommen. Ich sah, wie sich die vollen Lippen um den Becherrand schlossen und sein Adamsapfel auf und ab hüpfte, als er die Flüssigkeit konsumierte.
Er sah jetzt schon wieder aus, wie ein Gott und ich verfluchte ihn in meinem Inneren.
Als Marcus mich erblickte, war ihm seine Verwirrung deutlich anzusehen und ja, ich konnte es verstehen, denn ich war darüber mindestens genauso verwirrt wie er. 

Ich trat noch näher an ihn heran, sodass ich vor ihm stand. Dann gab ich ihm eine Backpfeife. Marcus hielt sich die Wange und sah mich fragend an. 

»Das war dafür, dass du so ein Arschloch bist«, zischte ich und sah ihm in die braunen Augen. Ich war so wütend und gleichzeitig so voller Leidenschaft, dass ich sicher war, ich würde gleich platzen, doch nichts dergleichen geschah.

Im nächsten Moment legte ich meine Lippen auf seine, nahm dabei gekonnt den Kaffeebecher aus seiner Hand und ohne hinzusehen, stellte ihn auf dem Autodach ab.
Geschmeidig bewegten sich unsere Lippen gegeneinander und ich genoss es sehr. Es fühlte sich so gut an und auch seine Hände an meiner Hüfte taten gut.
Ich löste mich, bevor ich mich im Kuss verlor und hatte ein leichtes Grinsen auf meinen Lippen.
»Und das war dafür, dass du ein gutaussehender Idiot bist«, hauchte ich.
Dann drehte ich mich um und stolzierte davon. Tatsächlich fühlte ich mich besser, so als wäre ich etwas los geworden, dass mich belastet hatte.

Ich grinste in mich hinein und war zufrieden mit meinem Auftritt. Irgendwie gefiel mir das Spiel. Dieses ständige auf die Palme bringen machte mich so scharf, dass ich es kaum noch aushielt. Es fiel mir wirklich schwer, meine Hosen anzubehalten und das als Jungfrau. 

Vor Marcus hatte ich ja noch nichtmal jemanden geküsst. Ich war mehr als unschuldig gewesen, aber jetzt? Jetzt war alles anders und ja, ich war mehr als bereit für dieses Abenteuer!

The Boy Next Door - Marcus Baker FF // BoyxBoy ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt