23 - Ginger

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Ich sehnte mich nach Marcus. Diese Lippen wollten mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen und es machte mich verrückt. Am liebsten würde ich es gleich nochmal tun, was vielleicht ungewöhnlich war. Von allen um mich herum hatte ich gehört, dass sie nach dem ersten Mal erstmal keine Lust mehr hatten, doch bei mir schien das Gegenteil der Fall zu sein. Meine Leidenschaft für diesen Jungen brannte. Mein ganzer Körper stand in Flammen, als Signalfeuer für Marcus, damit er zu mir fand und mich wieder so glücklich machte.

Die Zeit, in der ich ihn nicht sah, kam mir ewig vor, doch gerade als ich mit Abby und Norah zusammen stand und redete, kam Marcus zu mir und fragte, ob wir kurz reden konnten. Seine Stimme klang rau und so, als müsse er sich ziemlich zusammen reißen, was mich leicht zum Grinsen brachte.
Brav nickte ich und folgte dem Jungen, der mich am Handgelenk genommen hatte und mich schon fast hinter sich her schliff.

Schließlich befanden wir uns in der Turnhalle. Ich bekam nichts mehr mit. Nur mehr die tiefen, braunen Augen und die vollen Lippen. Mein Unterleib zog sich zusammen und ich küsste ihn. Ich küsste ihn, als wäre es mein letztes Mal. Luft holen war meiner Meinung nach überflüssig. Sanft wanderte meine Hand in die etwas längeren Haare von Marcus und krallten sich dort fest. Meine andere Hand packte das T-Shirt des anderen und fummelte daran herum, so als wäre ich mir unschlüssig, ob ich es ihm ausziehen soll oder nicht, was ich viel auch war. Immerhin hatten wir beide heute noch Unterricht.

Als jedoch plötzlich mit einem lauten Knall die Tür aufgeschlagen wurde, befand ich mich augenblicklich wieder in der Realität. Erschrocken zuckte ich zusammen und löste mich von Marcus. Ich sah direkt in das wütende Gesicht von Max und kniff meine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.
Scheiße! Ich wollte es ihr sagen. Sie sollte es erfahren, ja, aber nicht auf diese Weise! 

Ich verstand, dass sie wütend war. Immerhin war es ihr Bruder und ich ihr bester Freund.

„Ich glaub's nicht! Echt nicht!", zischte sie und ich schluckte.

 
„Max, bitte warte, ich kann dir alles erklären", fing ich an zu stammeln, bis mir bewusst wurde, dass ich nun genau den gleichen Satz verwendete, wie jemand, der einen Seitensprung begangen hatte.
„Spar dir deine Erklärungen, Ginger. Ich hab's schon gecheckt. Du hast mich nur benutzt, um an meinen ach so tollen Bruder ran zu kommen. Viel Spaß mit dem Kotzbrocken, aber komm ja nicht zu mir, wenn er dir das Herz bricht und glaub mir, das wird er tun", fauchte sie.

Ich sah zu Marcus, der nur seinen Blick gesenkt hielt und fühlte mich so hilflos wie noch nie. 

Er verteidigte mich nicht mal. War ich ihm etwa doch nicht so wichtig, wie ich immer gedacht hatte? Wollte er vielleicht nur seine angestaute Lust bei mir abladen?
Max rauschte davon und ließ mich mit einem Riesen Fragezeichen zurück. Ich verstand überhaupt nichts mehr, war mir bei gar nichts mehr sicher und vertraute mir selbst nicht mal mehr.

„Bitte geh nicht." Das war das erste, das Marcus zu mir sagte, als sie weg war. Verwirrt sah ich ihn an. Ich sollte also nicht gehen?

Mein Kopf war ein einziges Chaos, aber ich konnte Maxim doch jetzt nicht im Stich lassen!
„Ich sollte ihr aber hinterher gehen. Ich will sie nicht verlieren!", ich schüttelte den Kopf. Marcus war ganz blass geworden.

"Sie ist mir wirklich wichtig", sprach ich einfach weiter, "die einzige Freundin, die ich je in meinem Leben hatte. Ich möchte es nicht vermasseln" Meine Stimme klang gebrochen und so fühlte ich mich auch. Mein Signalfeuer war von der Feuerwehr eiskalt gelöscht worden.

Der Braunhaarige sah mir fest in die Augen und ich hatte schon wieder das Gefühl, in ihnen zu versinken. Sofort wurde mir wieder warm ums Herz und die Probleme schienen nicht mehr ganz so schlimm zu sein.

„Ich verstehe dich, aber ich kenne meine Schwester", flüsterte Marcus, "Und mich kenne ich auch. Ich will, dass du bei mir bleibst. Ich brauche dich, hörst du?", sein Blick war flehend auf mich gerichtet. 

"Max würde dich jetzt sowie nur anschreien. Warte, bis sie sich ein wenig abreagiert hat und versuch dann nochmal mit ihr zu reden, aber bitte geh jetzt nicht!"

 
Er sah mich so traurig an, als wäre ich seine letzte Hoffnung und es schmerzte, da ich wieder zwischen den Fronten stand. 

Ich hatte Max wirklich lieb gewonnen. Sie war die erste hier, die wirklich nett zu mir war und die ehrlich mit mir befreundet sein wollte und nun dachte sie, dass ich sie ausgenutzt hätte. So war ich nicht und das musste ich klar stellen und zwar jetzt, denn ich hielt es keine weitere Minute mehr aus.

„Ich muss gehen. Es tut mir leid", flüsterte ich und küsste ihn zärtlich. Noch einmal strich ich sanft über seine Wange, bewunderte seine zarte Haut und verließ dann die Sporthalle.

Ich war mir sicher, dass Marcus nicht böse war, dass ich ihn jetzt alleine lassen musste. Er würde es verstehen. Das hoffte ich zumindest. Nach der Schule würde ich auf ihn warten, damit wir zusammen nach Hause gehen konnten, aber zuerst wollte ich das mit Max regeln.

Verzweifelt suchte ich nach ihr, aber ich fand sie nicht, bis ich hörte, wie zwei Mädchen über jemanden sprachen, der im Mädchenklo herum weinte. Ich zögerte nicht lange sondern suchte dieses sofort auf.
Die Mädchen sahen mich empört an, aber das war mir egal. 

„Max, komm raus. Ich bin's", bat ich sie, doch die schniefte nur hinter der Tür.
„Verschwinde", schluchzte sie und ich schluckte schwer.
„Es tut mir leid okay? Das sollte nicht so aussehen. Ich hab dich nicht ausgenutzt, aber ich kann nichts dafür, dass ich mich verliebt habe."

Langsam schwang die Tür auf und sie sah mich traurig an.

"Verliebt?", presste sie mühsam hervor, ihr Eyeliner war verlaufen und meine beste Freundin sah wirklich elendig aus. Am liebsten hätte ich die Hände ausgestreckt und sie einfach umarmt, bis es ihr wieder besser ging.   

Ich nickte.

"Und du glaubst wirklich, gerade mein Bruder wäre die Person, die dich zurück lieben kann?"

Wieder nickte ich deutlich. 

Max seufzte, starrte mich Kopfschüttelnd an. 

"Verdammt Ginny!", keuchte sie.
„Ich... ich will doch auch einfach nur jemanden haben, der mich liebt, aber keiner will mich", wimmerte sie und da reichte es mir, sanft zog ich sie an mich und umarmte sie. 

Es dauerte bis ihre Tränen und das Schluchzen verklang. Ich hielt sie einfach fest und spürte dabei, dass sie bereit war mir zu vergeben. 
„Die sehen eben alle nicht", sagte ich schließlich, "was für ein tolles Mädchen du bist", Max schob sich etwas von mir und sah mich zweifelnd an.

"Du bist unglaublich Maxim, ehrlich!"

Zögerlich nickte sie. 

"Und du wirst jemanden finden, der zu dir passt, wenn so gar ich das schaffe!" Es war das erste Mal das sie wieder begann zu lächeln, hauchzart, aber immerhin. 
„Ich würde sagen, dass du und Marcus euch mal aussprecht. Vielleicht könnt ihr dann auch endlich aufhören zu streiten und wir können was zu dritt machen", schlug ich vor, woraufhin Max mit den Schultern zuckte. So ganz überzeugt war sie noch nicht, aber das würde ich hin bekommen. Ich gab jetzt nicht mehr auf, so wie ich es früher oft getan hatte. 

Marcus war ein ganz besonderer Abschnitt in meinem Leben. Ein Wirbelsturm, der alles durcheinander gebracht hatte, aber ich würde nichts ändernd, selbst wenn ich könnte. Ich war froh, dass alles so passiert war, wie es passiert war, sonst wären wir niemals zusammen gekommen. 


The Boy Next Door - Marcus Baker FF // BoyxBoy ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt