Drückende Hitze umgab meinen Körper. Sie erschwerte mir das Atmen, ließ die wohlige Dunkelheit um mich schleierhaft werden und schließlich ganz verschwinden. Sie brachte mich um meinen Schlaf. Mit geschlossenen Augen kämpfte ich für die Müdigkeit – und verlor doch, als ich blinzelnd feststellen musste, dass die Wärme von einem rege knisternden Feuer ausging.
Im ersten Moment schreckte ich hoch, mich nach dem knackenden Holz umsehend, in der Furcht, es könnte ein Brand ausgebrochen sein. Als Konsequenz dieser abrupten Tat suchte mich sogleich Schwindel und ein unangenehmes Ziehen im Arm heim. Ich hielt mir die unbeschadete Hand an die Stirn, bis die schwarzen Punkte aus meinem Blickfeld verschwanden. Dann erst bemerkte ich die hektisch züngelnden Flammen im Kamin, die das noch nicht sehr verkohlte Holz verschlangen.
Einen Augenblick lang fragte ich mich, wer vor nicht allzu langer Zeit mein Zimmer betreten haben mochte, um das Feuer zu entzünden. Außer ihm gab es keine weitere Lichtquelle im Raum. Selbst vor den Fenstern lauerte nur undurchdringliche Dunkelheit, die mir mein Spiegelbild am Glas präsentierte.
Ich ließ meine Hand durch die verklebten, unansehnlichen Haare fahren, bis sie mir zumindest nicht mehr in der Stirn hingen. Dann schlug ich mir endlich die Felle und Zudecke vom Körper. Nur in einem Unterhemd bekleidet saß ich da und betrachtete einige kunstvolle blaue Flecken an meinen Beinen und eine Schürfwunde über mein gesamtes linkes Schienbein. Bis mir auffiel, dass ich ziemlich viel von meinen nackten Beinen sehen konnte. Mehr, als das Kleid vom Vorabend zugelassen hätte.
Die Frage, wer mich in diesen Zustand gebracht hatte, ließ mir erneut schwindlig werden. Als meine Hand erneut zur Stirn wanderte, traf sie dort auf Schweißperlen. Überhaupt war durch die Wärme mein ganzer Körper von Schweiß überzogen, sodass ich mich unwohl und unrein fühlte. Mit dem Bad auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors als Ziel stand ich also auf, humpelte mehr als ich ging zum Kleiderschrank, griff mir wahllos ein Kleid – von dem ich hoffte, dass es einfach passte – und humpelte dann weiter zu der Verbindungstür.
Nach einem Klopfen meinerseits hörte ich ein dumpfes „Ja?“. Ich musste lächeln. Feli schien den Sinn des Anklopfens noch nicht so wirklich verstanden zu haben.
„Ich gehe jetzt ins Bad,“ rief ich ihr durch die Tür zu. „Nur, dass du Bescheid weißt.“
„Ist okay,“ kam es von der anderen Seite durch das Holz gemurmelt. „Ich werde dich nicht stören.“
Ich schmunzelte. „Danke.“
Dann platzierte ich das Kleid so auf meinem verbundenen Arm, dass ich die andere Hand zum Abstützen frei hatte. So machte ich mich auf den Weg zum Badezimmer. Dort würde eine Wanne auf mich warten, die ich mit warmem Wasser füllen würde und in der ich mich endlich mal richtig würde entspannen können.
Etwas zu abrupt für mein aufgeschürftes Bein hielt ich an. „Du Feli?“, rief ich zurück und hoffte, sie würde es hören.
Es blieb still. Ich wollte mich schon umdrehen und den Weg zurück humpeln, als sich die Verbindungstür einen Spalt öffnete. „Ja?“, fragte eine Feli, die ihren Kopf in meine Richtung schob.
„Kannst du mir noch schnell mit dem heißen Wasser helfen?“
Sie grinste. „Klar kann ich das.“ Jetzt ging die Tür ganz auf und Feli trat an meine Seite, nahm mir das Kleid ab und bot mir ihren Arm als Stütze. Ich lächelte ihr dankbar zu.
Schließlich im Bad angekommen erwärmte meine Zeitgenossin zwei Kübel Wasser, ließ über eine Pumpe noch etwas kaltes in die Wanne laufen und träufelte ein paar Tropfen aus diversen Öl-Ampullen hinein.
„Was machst du da?“, fragte ich, sie neugierig musternd.
Feli hielt mir eines der Fläschchen hin, das ich entgegen nahm und genauer inspizierte. „Ich gebe ein paar Badeöle dazu. Lavendel und Rosenblütenextrakt entspannen. Baldrian beruhigt und Mohnblüte hilft gegen Verspannungen und oberflächliche Schmerzen,“ erklärte sie mir.
Ich sah von dem Lavendel-Fläschchen zu ihr auf. „Woher weißt du das?“
Sie zuckte nur mit den Schultern. „Ich experimentiere gerne mit Düften.“ Ich starrte sie wohl etwas perplex an, denn sie nahm das Fläschchen wieder aus meiner Hand und stellte es in das kleine Regal zurück, aus dem sie es genommen hatte. „Ich werde dann jetzt mal verschwinden, du willst bestimmt deine Ruhe.“
Ich nickte. Zuschauer beim Baden waren wirklich nicht das, was ich mir unter angenehm vorstellte. Da konnte ich ja noch nicht ahnen, was mir der Abend bringen würde.
Also zog ich mir das Unterkleid aus, ließ es achtlos auf den Boden fallen und widmete mich dem zugegeben betörend riechendem Nass. Bevor ich jedoch einen Fuß hinein setzen konnte, fiel mein Blick auf den Verband meines Armes. Ich erinnerte mich urplötzlich daran, wie fürsorglich der Graf ihn mir angelegt hatte. Bei dem Gedanken schlich sich ein wohliger Schauer über meinen Rücken.
Kopfschüttelnd löste ich ein Ende des Verbandes und wickelte ihn mir vom Ellenbogen. Auch dieser Stoff fiel lieblos zu Boden und blieb dort liegen. Die Augen auf meine Armbeuge gerichtet, offenbarte sich mir ein regelrechtes Kunstwerk. Blau mit Violetten Punkten, am Rand bereits mit leichtem Grünstich. Bei dem Versuch den Arm zu strecken zog sich ein dumpfes Pochen durch das bunt verzierte Gelenk. Viel bewegen würde ich es nicht, so viel stand fest.
Dafür konnte ich jetzt endlich meine Füße in das wonnig warme Wasser setzen. Es brannte dort, wo meine Haut mit Schürfwunden versehrt war. Doch der Schmerz ließ nach, je weniger ich mich konzentrierte. Und je weiter ich mich in mein Wohlfühlbad sinken ließ, bis ich schließlich bis zu den Schlüsselbeinen von dampfendem Nass eingehüllt wurde.
In völliger Zufriedenheit schloss ich die Augen und entspannte meine Glieder. Es tat gut, die Gedanken einfach mal abschweifen zu lassen, einfach mal abzuschalten. Auch wenn ich dadurch nicht mitbekam, wie sich in meinem Rücken eine Tür öffnete und schloss, sodass ein kühler Windhauch über meine Haut strich. Er roch nach Winter und Nacht, ein kompletter Gegensatz zu dem lieblich duftenden, dampfenden Wasser, in dem ich lag. So fühlte es sich ganz so an, als würde mich die Wärme einhüllen und umarmen, weit intensiver als jede Decke es vermochte.
Nur eine Umarmung hatte sich damit vergleichbar angefühlt. Die des Grafen.
Bei dem bloßen Gedanken kribbelte etwas in meiner Magengegend, breitete sich sogar ein wenig aus, als ich mich daran erinnerte, wie er meinen Nacken geküsst hatte. Ich fühlte eine gewisse Sehnsucht in meinem Herzen. Es war jenes Gefühl, das ich mir absolut nicht eingestehen wollte, dass ich aber ebenso wenig noch leugnen konnte. Weder vor mir, noch vor dem Grafen.
„Mir scheint, du bist dir doch noch über deine Gefühle bewusst geworden.“
Die dunkle, raunende Stimme überraschte mich dermaßen, dass ich scharf die Luft einzog und panisch meine Blöße bedeckte. Verdammt, wie war er herein gekommen?! Hitze, die nicht vom Dampf des Wassers kam, stieg mir ins Gesicht. Ich wollte augenblicklich im Wasser zerfließen, so peinlich war mir die Situation.
Dennoch konnte ich eine überaus unpassende Assoziation nicht verhindern. Jetzt befand ich mich in Sarahs Situation. In einer Badewanne. Dem Grafen nackt ausgeliefert. Mit dem kleinen Unterschied, dass die Wirtstochter wenigstens noch Schaum hatte, der sie bedeckte. Ich hingegen lag im klaren Duftwasser. Fehlte nur noch, dass er anfing zu singen, um mich zu seinem Ball einzuladen...
Prompt hatte ich die Stelle des Textes im Kopf, an der sich der Musicaldarsteller vor einigen Tagen – wie viele waren es überhaupt? - versungen hatte: 'Bis deine Sehnsucht, eine Frau aus MIR macht.'
Noch mehr der Schamesröte stieg mir ins Gesicht. Ich hörte das Geräusch von festen Schuhsohlen auf Fliesen, das sehr gemächlich näher kam. „Möchtest du das herausfinden?“, säuselte seine atemberaubend sanfte Stimme und jagte mir entgegen meiner Erwartung einen Schauer über den Rücken. Aber ich will mich nicht wohl fühlen. Ich bin nackt! Schutzlos! Verletzlich und obendrein bereits verletzt! Von meiner erneuten Zerrissenheit zwischen Gefühlen und Verstand überfordert schob ich mich weiter unter die Wasseroberfläche, in der Hoffnung, so zumindest einen Teil von mir verstecken zu können.
Als die Schritte direkt hinter mir stoppten schloss ich verzweifelt die Augen, während meine Muskeln unbewusst zu zittern begannen. Warum ich? Warum?
Ich hörte das Rascheln von Stoff, ohne es recht zu verarbeiten. Dann blieb es für einen Moment still. Erst als sich zwei kühle Hände auf meine Schultern legten holte ich abrupt Luft. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich sie angehalten hatte. Die schlanken Finger begannen Druck auf meine Muskulatur auszuüben, ganz vorsichtig und sanft. In kreisenden Bewegungen strichen seine Daumen hoch zu meinem Nacken und wieder herunter. Ich kam nicht umhin, dass mein Nacken sich zögernd entspannte und meine Schultern ein Stück weit herab sanken.
Während der rationale Teil meines Denkens noch immer Alarm schlug, war der emotionale Teil froh über die Zuneigung. Ich versuchte mich noch an den Gedanken zu klammern, dass der Graf gefährlich sei, doch die schweren Düfte von Baldrian und Lavendel ließen mir schwummrig werden.
Und eigentlich wollte ich ja gar nicht widerstehen. Eigentlich war ich sogar ganz glücklich über die Zuwendung des Grafen. Es war dumm von mir, aber ich fühlte mich zum ersten Mal in meinem Leben irgendwie begehrt. Und das ist ein so unbeschreiblich gutes Gefühl, dass man sich völlig freiwillig auf- und hingibt.
Ich entspannte mich und ließ mich gegen den Beckenrand sinken. Mein Scheitel lag an der Brust des Grafen, während seine Hände behutsam und federleicht von meinen Schultern glitten und meine Arme herab wanderten. Kleine elektrisierende Schauer durchfuhren mich. Ich seufzte vor Wonne, als seine Lippen sich wieder gegen meinen Hals drückten. Mit sanfter Bestimmtheit umfasste er meine Handgelenke, umarmte mich so für den Augenblick. Erst jetzt fiel mir auf, dass seine Ärmel hochgekrempelt waren. Die Haut an seinen Armen schien mir gar nicht mehr so bleich, nur hell. Doch ich sah gar nicht richtig hin, sondern schloss schon wieder die Lider, um das Gefühl genießen zu können.
Ich ließ zu, dass seine doch recht kräftigen Arme die meinen von meiner Blöße schoben. Und gleichzeitig hoffte ich, ihn nicht zu enttäuschen. Für einen Moment harrte ich still an den Beckenrand gelehnt, wartete auf eine Reaktion von ihm. Als seine Hände sich schließlich auf meinen Bauch legten und dieselbe besitzergreifende Geste wie auf dem Ritt ausführten, beschleunigte sich unweigerlich mein Puls. Mein Atem beschleunigte sich. Ich fürchtete, mich an der Explosion in meinem Magen zu verbrennen. In dem Versuch hinauf in seine Augen zu sehen wurde ich von Lippen unterbrochen, die erneut meinen Hals attackierten, drängender dieses Mal. Was meinen Atem nicht unbedingt beruhigte.
Als er schließlich einen Kuss auf meine Halsbeuge setzte, genau dort wo meine Halsschlagader verlief, und leicht an der Haut saugte, überlief mich ein Schauer der Angst. Unruhig versuchte ich der Berührung zu entkommen, dem Biss zu entkommen, den ich befürchtete. Im selben Moment verschwanden seine Lippen wieder. „Ich werde dir nicht wehtun, Laura,“ raunte er mir unendlich sanft ins Ohr. Aus der Umarmung gelöst wanderten seine Hände wieder zu meinem Nacken, den sie erneut mit kreisendem, angenehmem Druck verwöhnten.
Seltsamerweise glaubte ich ihm, was er sagte. Ich zweifelte nicht einmal daran, dass er lügen könnte, dass er die Situation ausnutzen könnte. Stattdessen entspannte ich mich wieder und lehnte den Kopf erneut gegen den Wannenrand, ungeachtet dessen, dass meine Kehle dadurch freilag. Als er mit den Fingern zärtlich über meinen Kehlkopf fuhr, entkam mir ein erregtes Seufzen, begleitet von einer wohligen Gänsehaut.
Fast schon enttäuscht war ich darüber, dass er die Massage für einen Augenblick unterbrach. Doch mein Unmut wurde kaum später wettgemacht, als er mit sanftem Griff mein Kinn umfasste, es zu sich herum drehte und seine Lippen völlig unerwartet auf den meinen lagen. Der Moment der ersten Schockstarre wurde schnell durch eine regelrechte Explosion von Hitze und Kälte gleichermaßen abgelöst. Und völlig entgegen jeder Vernunft erwiderte ich den Kuss, streckte mein Kinn seinem noch entgegen und ließ letztendlich zu, dass seine Zunge die meine fand.
Es war eine Welle der Euphorie und des Verlangens, die mich daraufhin überrollte und in einem Meer von ungeahnter Lust untergehen ließ. Ich drehte mich in dem plätschernden Wasser, das so nebensächlich geworden war und griff unbewusst mit einer Hand in seinen Nacken, zog mich an ihm noch dichter an seine Lippen. Er half mir dabei. Mit einem Griff unter meine Arme zog er mich aus dem Wasser. Eine fließende Bewegung später standen wir beide auf den Fliesen des Bades, noch immer in dem Kuss gefangen.
Als seine Hände von meinem Rücken schließlich hinab glitten, war mein Herz endgültig überfordert. Ich spürte, wie meine Knie weich wurden. Hätte der Graf mich nicht an sich gedrückt, wäre ich zu Boden gegangen. So unterbrach er jedoch nur schmunzelnd den Kuss, griff unter meine Knie und hob mich auf seine Arme. Inzwischen zitternd lehnte ich mich an seine Schulter. Er platzierte einen flüchtigen Kuss auf meine Stirn, ehe er in gleitenden Bewegungen das Bad verließ. Ich schloss die Augen wieder und öffnete sie erst, als er mich auf die weichen Decken meines Bettes legte.
Für einen Moment fürchtete ich, er würde gehen und sah verwundert zu ihm auf. Doch er lächelte nur, während er sich bereits zu mir herabbeugte und erneut Besitz von meinem Mund ergriff. Wieder schlang ich meine Arme um seinen Nacken, spielte mit den langen, dunklen Strähnen, die ihm über die Schulter fielen. Mit einer Hand stützte er sich auf dem Bett ab, die andere berührte so unerwartet meine Hüfte, dass mir ein leises Keuchen entkam. Trotz seiner geringen Körpertemperatur hinterließ jede seiner Berührungen brennende Spuren auf meiner Haut.
Und verdammt! Ich wollte seine Haut spüren! Mit der Hand, die eben noch an seinen Strähnen gespielt hatte, fuhr ich über den weichen Stoff seiner Weste. Ob dieser Berührung intensivierte er den Kuss, was meinen Atem zum rasen brachte. Meine Finger blieben an dem ersten Knopf hängen, den ich fand. Um mir die Sache zu erleichtern kam er dichter, stützte sich nun mit dem Unterarm neben mir ab, sodass unsere Körper sich fast berührten, während seine freie Hand von meiner Hüfte aufwärts wanderte und mir ein weiteres Stöhnen entlockte.
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Zukunft ist Vergangenheit
FanfictionTanz der Vampire (TdV) // Was soll schon schief gehen, wenn man sich eines seiner Lieblings-Musicals ansehen möchte? Nun, für Laura scheint das Schicksal nicht viel Humor übrig zu haben. Mit ihrer neuen Bekanntschaft Feli gerät sie in einen Strom de...