POV Shelby
Der gestrige Abend, war, obwohl ich gewissermaßen von meinem Vater rausgeschmissen wurde, doch recht schön. Das liegt an Toni. Sie konnte mich auf andere Gedanken bringen, obwohl ich mich gefühlt habe, als würde die Welt untergehen. Als ich die Treppe hinuntergehe, spüre ich, wie meine Hände und mein Gesicht mit jedem Schritt in ihre Richtung wärmer werden. Sie sieht mich an und man sieht wie ihre Augen leuchten. Als ich bei ihr ankomme, schließe ich meine Arme um sie und frage: „Na, ist das Frühstück schon fertig?" und schaue auf die Teller, die sie gerade auf den Tisch gestellt hat.
Sie nickt und ich setze mich auf einen der Stühle am Essenstisch. Sie setzt sich mir gegenüber hin. „Wie geht es dir? Hoffentlich wird das heute in der Schule nicht seltsam...", sagt Toni, bevor sie von ihrem Toast abbeißt. „Mir geht's in Ordnung. Ehrlich gesagt habe ich etwas Angst. Ich will nicht, dass ich alle meine Freunde verliere wegen Jane.", in diesem Moment wird mir meine Situation erneut bewusst. Ein kalter Schauer zieht sich über meinem Rücken entlang und meine Finger fangen leicht an zu zittern. Dann schaue ich aber Toni an und meine Sorgen rücken wieder in den Hintergrund. Zu schön ist das was ich sehe. „Es wird schon gut gehen.", sagt Toni dann.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf zur Schule. Es ist noch ein wenig dunkel. Die Sonne ist zwar schon längst aufgegangen, aber die dichte Wolkendecke lässt kaum Licht hindurch. Irgendwie ist alles still. Fast schon totenstill. Man hört keinen Menschen außer uns. Ich bin froh, dass ich das nicht allein durchstehen muss. Trotzdem sind gerade meine Gefühle total vermischt. Einerseits fühle ich mich unfassbar gut. Endlich kann ich frei sein und Toni lieben. Andererseits bin ich durchdrungen mit Angst. Vielleicht auch keine wirkliche Angst, aber dieses Gefühl ist sehr ähnlich. Vielleicht Furcht. Ich möchte mich nicht von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen. Mir ist meine Religion wichtig. Das will ich nicht verlieren müssen. Diese Gefühle vermischen sich in mir zu einem grauen Brei der Gefühlslosigkeit.
Dann kommen wir am Schulhof an. Schon jetzt schauen einige Schüler zu uns. Ein Mädchen, dass in einer Gruppe steht, zeigt auf uns und die anderen der Gruppe drehen sich daraufhin zu uns. Sie scheinen über uns zu reden. „Ich fühle mich beobachtet", flüstere ich Toni zu. „Lass dich nicht davon stören. Morgen haben die das schonwieder vergessen. Wirst du sehen". Mich beruhigen die Worte von Toni ein wenig, aber wirklich besser wird es nicht. Dann gehen wir in die Schule. Wie der Zufall es will, haben wir jetzt auch noch den gleichen Kurs in den ersten Stunden, also gehen wir schweigend nebeneinanderher, bis wir an unseren Schließfächern ankommen.
Ich nehme mein Physikbuch aus meinem Schließfach und stecke es in meine Tasche, als mich etwas oder jemand an der Schulter berührt. Ich erschrecke mich leicht und drehe mich schnell um. Es ist Olivia: „Stimmt das?". Wieder tu ich so, als wüsste ich nicht, worum es geht: „Stimmt was?". „Dass du lesbisch bist.", sagt sie, ohne zu zögern und ohne ihre Mine zu verziehen. Ich kann nicht mal ahnen was sie denken mag. Ihr Gesichtsausdruck ist so neutral wie nie zuvor. Aber ich will ehrlich sein. Ich schaue auf den Boden uns sage zögerlich: „Ja...". Meine Stimme verschwindet beinahe, als ich das von mir gebe.
Plötzlich kommt Olivia ein wenig näher und umarmt mich. „Das ist okay", sagt sie dann. Träume ich gerade, oder ist das die absurde Wirklichkeit, die gerade meine besten Erwartungen übertrumpft? Nach dem kurzen Schock fühlt es sich an, als würde mir ein Stein vom Herzen fallen. Ich fühle mich leichter. Trotzdem schaue ich Olivia fragend an und frage: „Meinst du das ernst?" „Ja. Du hast dir das sicher nicht so ausgesucht. Das ist kein Grund für Hass, aber du weißt, dass unsere Kirchengemeinde das anders sieht. Als Jane es mir erzählt hat, hat man gemerkt wie angewidert sie war. Wir sind aber nicht nur Freunde wegen des gemeinsamen Gottesdienstes." „Danke", sage ich erleichtert und ich fühle mich total warm und endlich akzeptiert. Ich umarme sie nochmal und dann sage ich: „So ich muss jetzt aber zum Unterricht".
Auf den letzten Metern in die Klasse – Toni ist schon drinnen, da sie vorgegangen ist – läuft mir Mary über den Weg und bleibt stehen. Ihr Gesicht ist komplett verzerrt, als sie mich sieht. Ich spüre ihre feindlichen Blicke auf meiner Haut. „Und ich dachte du würdest an Gott glauben! ... abscheulich sowas", spuckt sie fasst schon aus. Sie schüttelt langsam ihren Kopf und mustert mich noch einmal, bevor sie weitergeht. Tut ganz schön weh. Wir waren eigentlich echt gute Freunde. Wir kennen uns seit klein auf und jetzt scheint sie mich zu hassen. Und das Ganze nur wegen etwas, für das ich nichts kann.
Trotzdem lasse ich mir erstmal nichts anmerken und gehe in die Klasse. Toni sitzt schon, aber nicht da, wo sie sonst sitzt, sondern neben meinem Platz. Mir ist egal was die anderen denken, solange ich weiß, dass ich Toni habe und dass ich ihr vertrauen kann. Sie ist mir mittlerweile wichtiger als fast jeder andere Mensch. Ich setze mich zu ihr und sie nimmt meine Hand und wir halten unter dem Tisch Händchen, während der gesamten beiden Stunden. Ich fühle mich, als wäre Toni meine Heimat.
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Understood - The Wilds Fanfiktion
FanfictionDiese Geschichte ist eine Fanfiktion zur Serie "The Wilds" von AmazonPrime. Nachdem die Mädchen von der Insel nach hause kommen, tritt langsam der Alltag wieder ein. Toni und Shelby kommen, wie der Zufall es will, auf die selbe Schule, auch wenn sie...