Kapitel 6 Ballett or not Ballett

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Lachend. Gekrümmt. Steif.

«Nein nein nein nein nein nein nein! Nein!» Ich kann ienfach nicht anders! Lauthals habe ich losgeprustet. Otabek hat wirklich nicht zu viel versprochen! Er.kann.kein.Ballett! Aber so was von gar kein! Lilias Kopf ist hochrot, sie verzieht ihr komplettes Gesicht, die arme dreht beinahe durch, er kennt nicht mal mehr die Grundhaltungen, Beweglichkeit fürn Arsch! Ich glaube ich habe meine Ballettlehrerin noch nie so nahe den Tränen gesehen! Verzweifelt schaut sie mich an, offensichtlich erhofft sie sich Hilfe von mir. Denn von den Männern bin ich mit Abstand der beweglichste, sogar bei den Frauen gibt es nur eine, die an mich herankommt. Von wegen, ich bin steif, du alte Schachtel! Das ist meine Rache, ich schaue sie nur unschuldig an und zucke mit den Schultern. Das ist deine Strafe, dass du mich die Frau laufen lässt! Unterdessen bin ich mir sogar sicher, dass Otabek sich auch noch extra schlecht anstellt, um Lilia noch mehr zur Verzweiflung zu bringen. «Yuri, du musst das nochmals üben mit ihm! Bringe ihm wenigstens die Grundhaltungen bei!» Nee, nicht mit mir: «Aber kannst das nicht du machen? Dafür bist du doch hier?» Ich glaube, sie wird sogar noch röter, wenn das überhaupt möglich ist und wechselt auf Russisch: «Du Ausgeburt der Hölle! Bitte hilf mir doch! Ich kann ihm nicht alles beibringen, und euch auch noch unterrichten!» Ich seufze gekünstelt: «Na schön, mal schauen ob ich da was machen kann.» Otabek grinst mich heimlich triumphierend an. Wusst ichs doch, ganz so unfähig ist er nicht. Und so vergeht der Rest der Stunde, ich kann mich ein wenig vor dem eigenen Training drücken und trainiere stattdessen meinen Freund, bis endlich das Training für heute beendet ist. Ich freue mich auf die Dusche im Hotel, und hoffe, dass die dann auch frei ist. Hier im Stadium möchte ich ungern duschen in den Gesellschaftsduschen. Nach dem Umziehen ist Otabek plötzlich nicht mehr da, und so gehe ich alleine wieder Richtung Hotel. Leah versucht mich noch in eine Konversation zu zwingen, doch ich hab sowas von keinen Bock darauf, und so gibt sie es schnell wieder auf. Doch ich komme vom Regen in die Traufe. «Yuri! Yuuuuuri! Warte doch auf mich!» Kann ich sie einfach ignorieren? Anastasia greift nach meiner Jacke: «Hey Yuri, was meinst du? Wollen wir nach dem Essen noch was zusammen machen? Ich will nicht nur im Hotel rumsitzen!» So wie ich Anastasia kenne, wird sie mich nicht alleine lassen, also muss ich wohl oder übel mit ihr reden auf dem Rückweg: «Und, wie läuft es mit deinem Partner? Du hast ja diesen Italiener bekommen...!» Sie verdreht die Augen: «Ja, Michele. Der nervt. Er redet immer nur von seiner Sara. Mit ihr hat er auch schon Paarlauf gemacht, also müsste er wenigstens wissen, wie es geht, doch er gafft immer nur zum Nachbarfeld rüber. Echt nervtötend!» «Scheisse gelaufen.» «Und bei dir? Du musst ja den weiblichen Teil laufen?» Nun ist es an mir, mit den Augen zu rollen: «Tz... erinner mich bloss nicht daran!» «Aber mit Otabek bist du doch befreundet, ist das so schlimm?» «Nein, eigentlich nicht. Er hat echt krass Kraft, er kann mich wirklich hoch werfen! Das ist schon noch cool!» Ups, habe ich etwa gerade vor Anastasia zugegeben, dass es mir eigentlich ganz gut gefällt mit Otabek zu fahren? Scheisse...! Meine Kollegin beginnt zu schwärmen: «Oh, ich beneide dich so! Otabek ist echt mega süss! Sei froh, du hast den leichteren Teil abgekriegt! Aber ich würde sofort mit dir tauschen!» «Pf...» «Aaah, darf ich auch mal mit ihm trainieren? Nur so zum Spass? Ich finde er hat so eine Präsenz auf dem Eis, wie ein ungeschliffener Diamant! Ich glaube ich bin Schockverliebt!» Diese Schwärmerei geht mir gehörig auf die Eier: «Sag mal, geht's noch?» «Hää?» Ja, Häää? Was gebe ich da von mir? Bin ich etwa neidisch? Bisher hat sie immer nur von mir so geschwärmt, und jetzt plötzlich schwärmt sie von Otabek? «Was ist denn los? So unglücklich darüber, dass du mit nem Mann fahren musst? Reg dich nicht auf, es ist ja nur zum Training!», versucht sie mich aufzumuntern. Ich schaue Anastasia nur wütend an, und über ihren unschuldigen Gesichtsausdruck werde ich noch wütender! Was für eine Plage. Ich kann sie echt nicht ab. «Tz, lass mich doch in Ruhe! Ich gehe jetzt auf mein Zimmer, ich habe schon genug Zeit verschwendet!»
Wütend stapfe ich davon, und lasse die nach wie vor verwunderte Anastasia zurück. Soll sie doch mit Otabek fahren! Was sollte das überhaupt! Sie ist mein Fan, nicht seiner! Und überhaupt, was ist denn sooo toll an Otabek? Sauer stosse ich die Tür zu meinem Zimmer auf. Und wie ich befürchtet habe, die Dusche ist besetzt: «Georgi, ich bin wieder da! Mach hinne, ich will auch noch duschen!» Ich schreie durch das ganze Zimmer, ich kann das Wasser weiter rauschen hören. Er scheint wohl schon wieder länger unter der Dusche zu sein. Na toll, jetzt muss ich mich schon wieder mit ihm herumschlagen. Genervt schaue ich mich um, irgend etwas stimmt hier nicht, ich glaube Georgi hat seine Sachen alle eingeräumt. Tz. Nun muss ich auch noch mit einem Saubermann ein Zimmer teilen, wusste nicht, dass der so ordentlich ist. Ich hingegen reisse die Hälfte meiner Klamotten aus dem Koffer, um mein Lieblingsshirt und ne frische Boxer rauszusuchen, damit ich nachher auch noch Duschen kann. Mensch, das duscht dieser Kerl wieder so lange? «Georgi, jetzt mach mal! Ich will auch noch warm Wasser! Komm da endlich raus!» Keine Antwort. Hat der Scheisskerl etwa Wasser in den Ohren? Ich knalle mich aufs Bett und nehme mein Handy in die Hand. Die Betten schiebe ich später auseinander, der Kohlkopf soll mir dabei gefälligst dabei helfen. Ich stöbere etwas durch Instagram, viele Teilnehmer von heute haben Posts gemacht vom Training heute. Auf einem bin ich im Hintergrund zu sehen mit Otabek. Und wow, toll, in den Kommentaren darunter...
'Ist das Otabek mit Yuri?'
'Wow, die beiden sehen so cool aus!'
'Müssen wohl alle Paarlauf machen, und Plisetzky muss die Frau fahren!'
'Lol, das möchte ich sehen!'
Ich lese nicht weiter. Das kotzt mich so an. Und Georgi, der wohl immer noch unter der Dusche ist, kotzt mich auch an. Genervt öffne ich WA und schreibe Otabek.
Na toll, jetzt ist es auch noch auf Insta, dass ich die Frau fahre... und dieser Scheiss Georgi besetzt das Bad schon seit ner gefühlten Ewigkeit! Ich bin so sauer gerade!
Otabek ist nicht online. Ich drehe mich auf dem Bett um, und scrolle weiter durch Insta. Und dann endlich höre ich, dass die Dusche nicht mehr rauscht, und die Türe öffnet sich. Der Duft nach frischem Zedernholz und Zitrone strömt durchs Zimmer. Ich wusste gar nicht, dass Georgi so ein gutriechendes Duschgel hat. Ruckartig setze ich mich auf, um ebenfalls das Bad zu benutzen. Meinem angestauten Ärger will ich dennoch noch etwas Luft machen: «Verdammt noch mal, Georgi, was hat das so lang...e... WAS!?» Ich erstarre mitten in der Beschimpfung und reisse meine Augen weit auf. «Wow, du hast heute aber ne kurze Lunte! Ich war keine 5 Minuten im Bad!», grinst mich ein Halbnackter an. «O-otabek... wa-was?» Lässig kommt er mir entgegen: «Du hast dich so über ihn genervt, da habe ich ihm vorgeschlagen, das Zimmer zu tauschen. Yakov war einverstanden.» Mein ganzer Ärger ist wie weggeblasen. Das war es also, was komisch war, Georgis Sachen sind weg. Und Otabeks Jacke hängt auch an der Garderobe. DASS ICH DAS NICHT BEMERKT HABE! Am liebsten würde ich gerade im Boden versinken. Ich schaue an ihm nach unten. Er trägt nur ein Handtuch um die Hüfte gewickelt, ich kann seine definierten Muskeln sehen. Wenn ich seinen Körper so mit meinem vergleiche...! Lässig geht er zum Schrank und zieht sich eine frische Boxer raus. Immer noch sprachlos verfolge ich ihm mit meinen Augen. Dann dreht er sich plötzlich zu mir um: «Wir können nachher gerne noch die Betten auseinander schieben, kein Problem. Hilfst du mir dann? Danach können wir Abendessen gehen.» «Äääähm, das... das ist nicht nötig, wenn du auf deiner Seite bleibst...», irgendwie stört mich das Doppelbett bei ihm nicht. «Na dann ist ja super! Aber was ist mit dir? Wolltest du nicht so schnell wie möglich duschen gehen?» Ich spüre, wie mir die Schamesröte ins Gesicht steigt, daher senke ich schnell den Kopf und eile an ihm vorbei in die Dusche!



***Bild gehört mir nicht, konnte leider nichts über ihn (sie?) in Erfahrung bringen***

Otayuri Es begann im MärzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt