Kapitel 21 Ein Motorrad, einige SMS und...

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Ratlos. Unterhalten. Shit.

«Hallo Yuri»
«Hallo...»
Und jetzt? Verdammt, das kann doch nicht so schwer sein, eine Unterhaltung zu führen! «Ähm... was machst du hier?» «I-ich laufe ein wenig...» Ehm... okay, und weiter? Bitte sag doch was! Otabek! Sprich mit ihm! «Willst du was trinken?» Yuri nickt leicht: «Hmmm» Ich drehe mich um und gehe in das kleine Restaurant. Yuri läuft mir wortlos hinterher. Da er meine Sprache nicht spricht, und die Angestellten hier kein Englisch oder Russisch können, bestelle ich für ihn was. Schliesslich weiss ich ja, was er mag und was nicht. Zumindest ein wenig. Wir setzen uns an einen der leeren Tische und nippen schweigend an unseren Getränken. Diese Situation ist so surreal! Was mache ich hier bloss... und noch wichtiger, was macht er hier!? Yuri schaut mir auch nicht mehr in die Augen. «Wieso hast du meine Anrufe ignoriert?», ich kann ihn fast nicht verstehen, so leise spricht er. «Ich wusste nicht, was es da noch zu sagen gibt.» «Hmmm...»
...
...
«Du hast das Bike gekauft?» «Hast du ja gesehen...» «Ja...»
...
...
«Willst du eine Runde fahren gehen damit?» «Gerne...»
Was für eine seltsame Unterhaltung. Doch immerhin etwas. Wir stehen auf und verlassen die Halle. Ich gestikuliere dem Coach, dass ich nun gehe, er zeigt mir den Daumen nach oben. Er kennt mich zu gut und weiss, dass meine 'Unform' geklärt werden muss. Wortlos ziehen wir unsere normalen Schuhe an, und ich reiche ihm den Ersatzhelm, den ich immer in der Eishalle habe, da ich ab und zu mal meine Schwester mit nach Hause nehme. Er streift ihn über und wir gehen zur Kawasaki. Wohin wollen wir überhaupt fahren? Ich setze mich auf den Sattel, Yuri hinter mich, ich starte die Maschine und fahre los. Ohne ein Ziel vor Augen streifen wir durch die Strassen. Nach ungefähr einer Stunde kommen wir vor meinem Haus an. Meine Eltern haben mir ein eigenes kleines Haus in der Nähe der Halle gemietet, in dem ich alleine wohne. Ich schalte den Motor aus, Yuri steigt ab und zieht den Helm vom Kopf. Dann schaut er zum Haus hoch. «Hier wohnst du?» «Ja... und du?» «Weiss noch nicht, wollte mir heute Abend ein Hotel suchen für heute Nacht, muss morgen wieder zurück, bevor der alte Sack bemerkt, dass ich nicht mehr da bin.» Ich bin geschockt. Dass der Kleine verrückt ist, weiss ich ja, aber so verrückt? «Also bist du einfach abgehauen, ohne Ziel in den Flieger gestiegen und hierher geflogen? Das kannst du doch nicht machen?!» Er verzieht den Mund etwas: «Hab ich aber, siehst du doch!» «Du bist verrückt!» «Nein, Beka, ich werde verrückt wegen dir! Hättest du die Nachrichten gelesen und geantwortet hätte ich das nicht tun müssen!» Was? Nun soll ich Schuld daran sein, dass er einfach in den nächstbesten Flieger sitzt und zu mir fliegt? Ich krame mein Handy heraus und mache den Chat auf. Zeile für Zeile lese ich nun seine Nachrichten durch, die ich ignoriert habe.
Sa:

Hey, was soll der Scheiss? Geh ran!
Wieso nimmst du nicht ab!
Hey, ich habe was zu klären mit dir!
So:
Hast du fertig geschmollt? Jetzt nimm dein Scheiss Handy ab!
Was läuft falsch mit dir?
Kann man so stur sein? Jetzt antworte gefälligst!
Du kotzt mich so an...
Mo:
Kannst du jetzt endlich mein Anruf entgegennehmen?
Verdammt Beka, jetzt melde dich mal!
Di:
Nimm jetzt bitte dein Scheiss Telefon ab!
Muss das sein? Ana? Was hat Sie denn verbrochen, dass du Sie auch blockst?!
Können wir die Sache jetzt bitte klären?
Mi:
Ernsthaft jetzt?
Do:
Beka, jetzt ignoriere mich bitte nicht mehr! Ich kriege gleich nen Nervenzusammenbruch!
Melde dich doch endlich!
Bitte, nimm ab! Ich halte das nicht mehr aus, wir sind doch Freunde? Ich war nur erschrocken, als du das laut ausgesprochen hast, was ich eh schon die ganze Zeit vermutet habe!
Beka, ich weiss doch auch nicht, was ich fühle! Aber das hier zerreisst mich gerade innerlich!
Moment... wolltest du mir etwa sagen, dass du nen Freund hast? Dass du dich deswegen von mir abgewandt hast?
*Nachricht wurde gelöscht*
*Nachricht wurde gelöscht*
Fr:
Beka, bitte...
*Nachricht wurde gelöscht*
*Nachricht wurde gelöscht*

Ich schaue Yuri an, während er konzentriert weg schaut. Was wohl in denen, die er löschte stand? «Es geht gar nicht ums Motorrad?» «Ist es nie. Ja, ich war schon ziemlich pisst, als ich erfahren habe, dass es verkauft ist. Und nachdem ich erfahren habe, dass du es gekauft hast, wurde ich richtig wütend. Ich kenne mich selbst nicht mehr! Keine Ahnung halt...»
...
«Was hast du gelöscht?» «Wenn ich es dir jetzt sage, hätte ich sie nicht löschen müssen...»
...
«Hast du einen Freund?» Ich kann ihn kaum verstehen, so leise hat er gesprochen. Doch ich verstehe es trotzdem. «Und wenn ja?» Ein zucken geht durch Yuri,, als würde er geschlagen werden, er wird gefühlt nochmal 5 cm kleiner: «Dann lass ich dich in Ruhe» Was? Hat er etwa doch Gefühle für mich entwickelt!? Oder interpretiere ich das komplett falsch? Ich greife mit meiner Hand an sein Kinn, hebe es hoch und zwinge ihn, mir ins Gesicht zu schauen. In seinen wunderschönen Augen kann ich Tränen glitzern sehen, er ist kurz vor dem losheulen. Bitte nicht! Gerade kann ich seinen Gesichtsausdruck nicht lesen. Ist er jetzt angewidert? Erleichtert? Ich halte das nicht mehr aus! Ich schliesse die Lücke zwischen uns, und drücke sanft meine Lippen auf die seinen.



***Bild ist von 2Y, findet man auf https://www.pixiv.net/en/users/2382215 ***

Otayuri Es begann im MärzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt