Kapitel 18 Das Ding mit dem sturen Kopf

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Scheisse. Montag. Wiedermal.

Schule nervt so! Ich werde von einigen Schulkollegen belagert, doch ich habe keinen Bock, mit denen zu quatschen. Anastasia versucht es ebenfalls, doch auch sie blocke ich ab, und höre weiter Bekas Musik. Sein Mix beruhigt mich, und lässt mich an die guten Momente mit ihm denken. Wäre ich bloss nicht so blöd gewesen! Hätte ich diese Freundschaft bloss nicht kaputt gemacht! Endlich ist die Schule vorbei und ich kann wieder in die Eishalle trainieren gehen. Doch das Training läuft nicht sonderlich gut, irgendwie bin ich abgelenkt, unkonzentriert und steif. Aber ich habe mir in den Kopf gesetzt, dass ich die Biellmannpirouette hinkriege, in der durchgestreckten Variante. Es ist so schwer, den sauber hinzukriegen, noch kein Mann hat den im Wettkampf gezeigt. Und auch den rücklehnenden Ina Bauer will ich hinkriegen, ich will ihn so tief zeigen wie noch kein Mann zuvor. Schweiss läuft mir den Rücken herunter, selbst nach einigen Versuchen klappt es immer noch nicht ganz so, wie es sollte. Daher beschliesse ich, eine kleine Pause zu machen. Nützt ja eh nichts. Yuuri ist ebenfalls gerade am etwas trinken, und als er mich zur Seite fahren sieht kommt er auf mich zu: «Yuri, was ist denn los mit dir heute? Du bist doch sonst konzentrierter bei diesen Elementen?» «Ach halt die Schnauze, Schweinchen... Hab bloss schlechte Laune.» «Wieso denn das? Hast du viel nachzuholen in der Schule?», versucht er nachzuhaken, doch ich schnauze nur zurück: «Nee, nicht wegen der Schule.» Er legt den Kopf etwas schief, scheint zu überlegen, dann fragt er plötzlich: «Wegen Otabek?» Hääää? Wie kommt er jetzt auf den? Ich habe doch kein Wort verraten! «Ich habe also recht...», murmelt er mehr zu sich als zu mir «Tz, woher willst du das wissen?» «Naja, ich habe euch am Sonntag gesehen... Und ich kann eins und eins zusammenzählen.» Was auch immer er damit meint: «Egal... Hat sich eh erledigt.» «Habt ihr euch noch nicht ausgesprochen?» «Wozu soll das noch gut sein? Wir sehen uns eh erst wieder auf Wettkampf, da ändert sich nichts zwischen uns.» Doch der Japaner lässt nicht locker: «Das denkst auch nur du. Aber du musst dich wieder konzentrieren können. Es war schön, zu sehen, dass du Freunde findest. Mach das nicht wieder mit deinem sturen Kopf kaputt.» Warum rede ich überhaupt mit dem? Ich kann den nicht mal ausstehen! «Ach lass mich doch in Ruhe!» «Ich sags nur... sprecht euch aus. Was auch immer in der letzten Nacht geschah, so schlimm kann es nicht sein, dass du deswegen alles wieder hinschmeisst! Aber wie auch immer, das ist deine Entscheidung.» Und damit geht er und lässt mich einfach an der Bande zurück. Ach, die können mich alle mal. Nachdem das Training abgeschlossen ist, beeile ich mich, nach Hause zu kommen, um nicht noch Anastasia über den Weg zu laufen. Gerade habe ich so gar keinen Bock auf die Scheisse hier.
Zuhause angekommen gehe ich noch etwas zocken, ehe endlich Yakov nach Hause kommt. Sofort bin ich bei ihm: «Hey Yakov! Wegen dem Motorrad...!» Yakov schaut mich fragend an: «Was? Den Scheiss meinst du ernst?» «Ja, das meine ich!» «Yuri, du kannst auch hier ein Motorrad kaufen, du musst es nicht von dort kaufen!» Doch ich glaube Yakov versteht mich nicht ganz: «Es geht dabei nicht um ein Motorrad, es geht um DAS Motorrad. Ich will es!» Mein Trainer seufzt leise, dann meint er: «Weisst du was, wir rufen dort an und fragen einmal nach dem Preis, und was es kosten würde, das Ding hierher bringen zu lassen... dann überlegen wir es uns nochmal.» Wow, damit habe ich nicht gerechnet, dass er so leicht ja sagt. Sofort krame ich das Handy hervor und Google das Motorradgeschäft. Ich habe auch sofort die Nummer, doch um diese Zeit ist niemand mehr dort. Mist, verdammter. Dann muss ich wohl bis morgen warten.
Die Nacht und der darauf folgende Tag schleichen sich furchtbar langsam dahin. Otabek hat sich immer noch nicht bei mir gemeldet. Fick dich Otabek! Doch endlich ist es Zeit, und ich kann das schweizer Geschäft anrufen. Yakov ist bei mir, wir stehen zusammen in der Eishalle. Ich wähle die Nummer, es klingelt gefühlt 1000 Mal, dann endlich nimmt jemand ab. Ich verstehe kein Wort von dem was die Frau am Telefon sagt, aber nachdem ich auf Englisch etwas sagte, werde ich sofort weitergeleitet.
«Guten Tag, was kann ich für sie tun?», werde ich von einer Freundlichen Stimme begrüsst. «Guten Tag. Ich rufe wegen der Kawasaki an, die dieses Wochenende auf dem Eis für die Show stand. Ich würde sie gerne kaufen.» «Oh, das freut mich sehr, dass sie sich für dieses Bike interessieren, aber genau dieses Motorrad wurde direkt nach der Show verkauft. Aber falls sie wollen, wir haben Seriengleiche Modelle, und eine Umlackierung ist au...» Ich unterbreche ihn: «Nein, ich will genau dieses Motorrad, kein anderes. Wer hat es denn gekauft?» Das Bedauern schwingt in seiner Stimme mit: «Junger Herr, tut mir leid, aber selbst wenn ich es wüsste, dürfte ich es ihnen nicht sagen. Aber wie gesagt, wir können ihnen ein Identisches anbieten!» «Nein, vielen Dank, das will ich nicht. Auf Wiederhören»
Frustriert lege ich auf. War ja klar, wenn die Leute dieses geile Bike sehen, wollen sie es direkt haben! Scheiss Käufer! Ich könnte kotzen! Das erste mal, wo ich mir auch etwas mit dem Geld, das ich verdiene, kaufen will, und dann ist es nicht verfügbar. Doch ich drehe mich zu meinem alten um: «Yakov, ich will Motorradfahren lernen. Ich melde mich für einen Kurs an... Nimm dir Samstags Zeit, damit wir ein Bike kaufen gehen können, alleine kann ich es nicht kaufen!» Yakov verwirft die Hände und spricht ein kleines Stossgebet gen Himmel, ehe wir dann doch noch mit dem Training beginnen. Obwohl ich sehr wütend bin, laufe ich sehr gut, das Training lenkt mich super ab.

Die Woche ist wie Kaugummi gewesen, dick, zog sich immer länger und war mit einem Knall vorbei. Ana hat mich zwar täglich belagert, doch auch ihr ist aufgefallen, dass ich furchtbarer Laune bin. Sie versuchte mich zu trösten, doch das hat nicht viel geholfen. Und dieser Scheisskerl von Otabek hat sich auch nicht gemeldet. Am Samstag morgen wollen also Yakov und ich in ein Geschäft gehen, um mir was zu kaufen. Er heisst es immer noch nicht gut, aber weiss, dass wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, nichts mich wieder davon abbringen kann. Ungeduldig bin ich schon draussen und warte auf den alten Knacker, da klingelt mein Handy. Ana ist dran. Nee, keine Lust, ich ignoriere ihren Anruf. Gefühlte drei Sekunden später höre ich meinen WA Nachrichtenton, und weiss schon genau, dass mir Anastasia geschrieben hat. Genervt lese ich dennoch kurz die Nachricht. Sie langweilt sich und fragt mich deswegen, und ob sie nicht am Abend vorbei kommen und zocken könne mit mir. Noch weiss ich nicht, ob ich Bock drauf habe, und so schaue ich mir mal die Statis meiner Kontakte durch. Und natürlich stolpere ich über einen bestimmten. Den von meinem werten 'Freund' Otabek. Jaja, ich weiss, ich füge mir nur selbst Schmerzen zu, doch ich kann nicht anders und schaue mir das Video an, das er reingestellt hat. *Endlich ist mein Schatz da! Gleich mal ausfahren!* Wie gebannt schaue ich auf die 10 Sekunden, die zu sehen sind. Otabek steht auf einer Aussichtsplattform und zeigt sich und die Umgebung. Und man kann einen kleinen Teil seines neuen Schatz sehen... und ich will verdammt sein, wenn ich mich täusche! Immer und immer schaue ich das Video an, bis ich mir sicher bin, das ist das Bike von der Show. Mein Bike. Man sieht zwar nur den Lenker und die Verkabelung vorne, aber ich kenne das Motorrad zu gut, ich erkenne es auch am unlackierten Teil. Wut kocht in mir hoch! Nun weiss ich auch, wer das Bike gekauft hat! Aber, der steht doch gar nicht auf diesen Typ Motorrad! Hat er mir selbst gesagt! Und noch schlimmer, das Leomuster passt noch weniger zu ihm, er hat selbst gesagt, dass das nicht sein Style sei. Dieser Drecksack!  «So Yura, hier bin ich! Wir können los, bist du soweit?», endlich kommt Yakov. «Yo» Verwirrt schaut er mich an: «Hey, ich dachte, du freust dich?» «Dieser Scheiss Otabek hat es!» «Sag mal, wovon redest du denn bitte?» «Na von dem Bike, das ich unbedingt wollte! Er hat es gekauft!», erkläre ich aufgebracht. «Nun beruhig dich erst mal... wir gehen jetzt mal schauen, was wir für dich finden. Und wenn du mich weiter so anschreist, überlege ich es mir doch noch anders!» «Jaja, schon gut alter Mann. Ich bin ja ruhig.»



***Bild von Kanekiru, zu finden hier https://www.zerochan.net/2046464 ***

Otayuri Es begann im MärzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt