Kapitel 38

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3 Wochen Zeitsprung.

Uns dort liegt er begraben unter der Erde und wird wohl nie wieder zurückkehren. Es ist das Ende. Das Ende zwischen uns. Er wird nie wieder sagen können, dass er mich liebt. Dass ich ihn liebe. Ich werde nie wieder von ihm umarmt werden können.

Das Ende.

Meine Augen sind staar auf dem Graben gerichtet.

      Alessandro Amdi.
  * 28.3 1999
† 22.1. 2021

Er ist nicht mehr unter uns, sondern über uns. Vielleicht beobachtet er uns von dort. Wer weiß.

Keine einzige Träne fließt über meine Wange. Meine Wangen sind trocken. Nicht einmal die Einsamkeit oder Trauer spüre ich. Ich spüre nichts. Nur die Tatsache, dass es meine Schuld ist.

Nicht einmal weinen muss ich. Rein gar nichts. Nur die Kälte in mir. Ich fühle mich leer an, als befinde ich mich in eine Blase. Vielleicht tue ich es auch, nur spüre ich und sehe es nicht.

Ich schaue auf, als ich mehrere schluchzen höre. Sie weinen seinetwegen. Sie weinen, weil er nicht mehr hier ist und auch nicht mehr zurück kommen wird.

"Das kann nicht sein" sagt jemand traurig. Plötzlich fängt es an zu nieseln. Jeder holt seine Regenschirme raus, jedoch stehe ich da und tue nichts. Meine Haare beginnen nass zu werden. Mein schwarzer Mantel auch. Ich stehe da und tue immer noch nichts. Als seie ich eine kaputte Puppe.

Hinter mir trauern sie und werfen auf dem Grab Blumen hin, die jedoch total schlapp vom Regen werden. Einzelne Blüten fliegen weg. Sie fliegen weg in die Ewigkeit.

Er ist von uns gegangen.

Meine Schulter sind schlapp. Mein Kopf schmerzt, doch es ist mir egal.

Er ist nicht mehr hier und kann sagen, dass alles wieder okay ist. Dass er es regeln wird.

Er hat mir versprochen, mich nicht zu verlassen. Und was tat er? Er hat mich verlassen, wie es mein Bruder getan hat. Er hat sein Versprechen gebrochen. Wie es jeder tut.

Ich lege meinen Kopf in den Nacken. Der Regen prallte auf meinem Gesicht. Ich schließe für einen Moment die Augen.

"Du" knurrt plötzlich jemand und dann falle ich zu Boden. Ich öffne meine Augen und schaue auf.

"Es ist alles deinetwegen!" Sagt er wütend und kommt auf mich zu. Er packt mich an den Schultern. Seine Knie auf meine Arme, so dass ich nichts tun kann. Was soll ich denn überhaupt tun?

"Alles! Deinetwegen dass er von uns gegangen ist" brüllt er und schon fliegt mein Gesicht zur Seite. Ich tue nichts und lasse es zu. Er hat recht. Es war meinetwegen. Er ist gestorben und das, weil ich reingelaufen bin und nicht darauf gewartet habe. Aber ich konnte nicht.

"Jack" höre ich Lenda verzweifelt rufen. Sie ist so unschuldig. Sie versucht etwas zu tun, jedoch war sie verzweifelt. Ihre Augen blicken mich an. Sie wird nichts in meine Augen erkennen können.

"Ich hasse dich!". Mir kommen nicht einmal die Tränen. Ich schaue ihn in die Augen und sage nichts. Nicht einmal den Schmerz spüre ich, als er mir eine verpasst hat. Nicht einmal das.
Ich stecke meine Nägel im feuchten Gras.

Er rüttelt an meine Schulter,"Deinetwegen! Ich möchte dich hier nicht einmal sehen, du-". Er ballt seine Hände zu Fäusten und hebt sie schon hoch. Ich wage es nicht einmal die Augen zu schließen.
Doch es gibt kein schlag, denn er wird schon gepackt.

"Was tust du da? Möchtest du ins Gefängnis?" schreit jemand. Lenda schluchzt laut auf und packt Jack an der Schulter. Sein Gesicht schallt zur ihr. Ich merke, dass sein Atem langsamer wird. Sein Herzschlag regelmäßiger.
Er wird langsam weggezogen. Ich stehe auf und sage immer noch kein Wort. Ich habe nicht den Gedanken, den Dreck von meiner Hose wegzuwischen. Nicht einmal das.

Ich spüre die Blicke auf mich. Ich sage nichts dazu. Ich gehe an ihnen vorbei und sehe mir den Grab zum letzten Mal an. Alessandro.

Ich liebe dich. Hörst du?

"Verpiss dich, du Mörderin!" schreit Jack. Er ist wütend. Natürlich. Ich habe seinen besten Freund getötet. Sie haben alle so recht.

Ich gehe an ihnen vorbei und lasse sie dort stehen. Ich spüre alle Blicke auf mich. Mein Kopf auf dem Boden gerichtet, mache ich mich auf dem Weg von ihnen.

Ich steige ins Auto und fahre auch schon los. Wohin? Das weiß ich selbst nicht.
Ich betrachte mich um kleinen Rückspiegel. Meine Augen waren matt. Ich sehe keinen funken Gefühle. Sie sind schwarz. Mein Gesicht bleich. Meine Lippen habe ich etwas nachgeschminkt. Das wars.

Ich erkenne mich selbst nicht einmal, doch es ist in Ordnung. Ich habe es verdient, denn es war meinetwegen.

Ich habe ihn getötet.

Ende

I still remember the first day I met you (WIRD BALD ÜBERARBEITET)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt