Haus am Strand

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Die Sonne stand hoch am Himmel und brachte eine unangenehme Hitze mit sich, die mich hechelnd aufwachen ließ. Erschöpft schleifte ich meinen Körper zum Wasser und versuchte mich darin abzukühlen, doch es brachte nicht den gewünschten Effekt.

Die Hälfte des Weges müsste ich geschafft haben. Jetzt ging es nicht mehr zurück in den Wald, sondern nur noch den Strand entlang, was mir zwar durch die Sonne anstrengender erschien, aber trotzdem noch besser war als der dunkle Wald mit seinen furchterregenden Geräuschen.

Gedankenverloren nahm ich meine Umgebung nicht mehr wahr und malte mir während des Weges aus, wie es sein würde, wenn mein Mate seine Mutter wieder in die Arme schließen konnte. Tränen stiegen mir in die Augen beim Gedanken daran, wie gerne ich meine Mutter kennengelernt und  sie nur einmal umarmt hätte. Ihr konnte damals keiner helfen, aber ich hatte die Chance, Linda zu helfen und sie aus den Fängen dieses Monsters zu befreien, um sie und ihren Sohn wieder zusammenzubringen. Und natürlich auch Noah. Er würde wahrscheinlich zusammenbrechen bei ihrem Anblick und endlich aufhören, den Schmerz mit Rotwein zu ertränken.

Das Bild vor Augen, alle glücklich machen zu können, ließ mich noch schneller laufen. Nie hätte ich gedacht, so schnell rennen zu können. Ich rannte nicht für mich, sondern für die Anderen, die so viel Leid ertragen mussten, ohne es verdient zu haben.

Der Tag zog wie Sekunden an mir vorbei. Viele Kilometer lagen hinter mir und die Sonne verschwand hinter dem Horizont, um mir die Dunkelheit zurückzubringen, die gleichzeitig die wohltuende kühle Luft, wie auch die Angst zurückbrachte.

Gerade, als ich mir einen Schlafplatz am Waldrand suchen wollte, sah ich in der Ferne plötzlich ein kleines, schwaches Licht. Ich kniff die Augen zusammen und konnte trotzdem nicht erkennen, was das Licht entstehen ließ, doch ich würde es herausfinden. Wieder auf den Beinen setzte ich schnell eine Pfote vor die andere und wurde erst langsamer, als ich ein kleines Haus erkennen konnte.

Das muss es sein.

Ich zögerte und versuchte die Kontrolle über meine heftige Atmung zurückzubekommen und meinen Herzschlag zu beruhigen, doch es brachte nichts. Ich war zu aufgeregt und lief schnell über den Sand hinüber zu den Bäumen.

Hinter einem Baum versteckend ließ ich meine Kleidung fallen und verwandelte mich zurück. Es fühlte sich seltsam an wieder Mensch zu sein, irgendwie schwerer, denn meine Beine schmerzten und meine Atmung wurde noch unkontrollierter, als sie vorher schon war.

Aufgeregt zog ich mich an und war dann bereit mich ihr zu stellen, um es endlich hinter mich zu bringen. Entweder würde sie in diesem kleinen Haus sein und mich anhören, oder Caleb wollte Noah nur quälen und Linda existierte überhaupt nicht mehr. Egal was vorher alles gesagt wurde, die Wahrheit würde ich bald herausfinden.

Langsam trat ich aus dem Wald heraus und unterdrücke meine panische Nervosität. Ich musste stark sein. Für Noah, für Linda und am meisten für meinen Mate und unsere gemeinsame Zukunft.

Lächelnd legte ich meine Hand auf seine Makierung. Als Wolf hatte ich sie nicht so intensiv gespürt, doch als Mensch brachte sie mir erneut die schönsten Gefühle. Sie war immer noch warm und brachte mein Herz zum rasen, während mein Bauch nur so vor sich hinkribbelte. Ich schloss kurz die Augen, denn ich wollte das Gefühl unserer Bindung mit allem was mich ausmachte genießen, bevor ich dann vorsichtig die letzten Meter der Verandatreppe hochschlich, tief durchatmete und leise anklopfte. Während des Wartens fiel mir die Gemütlichkeit dieses Hauses auf. Es stand perfekt zwischen Wald und Meer, ein wunderbarer Kontrast mit dem alten Holz aus dem es gebaut war.

Die Tür zog sich nach innen auf und riss mich damit aus dem Staunen. Ich grinste vor Vorfreude, doch das Grinsen würde mir jede Sekunde vergehen, denn es war nicht Linda, sondern Brando, der plötzlich vor mir stand und mir damit einen heftigen Schreck einjagte. Mit seinen dunklen Haaren und den blauen Augen sah er mich an, bereit seinen Frust an mir auszulassen und mir alles heimzuzahlen. Ich schluckte und fing zitternd an, einige Schritte rückwärts zu machen, doch bevor ich das Geländer der Treppe zu fassen bekam, kam er auf mich zu und riss mich am Arm ins Haus hinein. Ich schaute mich um, doch es war niemand außer uns beiden hier. Nur die kleine blaue Küche, der runde Glastisch, eine große gemütliche Couch und mehrere kleine Regale waren zu sehen und machten diesen Raum zu einem Zuhause. Brando führte mich am Arm zu dem Tisch und gab mir ein kühles Handzeichen, das mir signalisierte, ich solle mich hinsetzen.

Wir wechselten kein Wort und schauten uns nichtmal an. Ich versuchte meine Gefühle unter Kontrolle zu halten, um nicht vor Panik durchzudrehen. Als ich zu ihm hoch schaute, sah ich ihm an, dass auch er mit seinen Emotionen zu kämpfen hatte, denn immer wieder warf er mir wütende Blicke zu, als würde er mich zerstören wollen.

Diese stummen Emotionen waren das Einzige, das die Stille zwischen und füllte und es mir unmöglich machten, mich zu beruhigen. Ich schaute hinüber zum Fenster in die Nacht und versuchte den hin und her laufenden Brando zu ignorieren, was mir schwerer fiel, als gedacht.

Als ich nach draußen starrte, kam mir ein bitterer Gedanke. Egal ob Linda hier versteckt wäre oder nicht, Caleb wusste, das ich mich hier befand, sonst hätte mir kaum Brando die Tür aufgemacht. Es war eine Falle und sie hatte zugeschnappt.

Ich hatte keine Kraft mehr mir weiter den Kopf zu zerbrechen und ließ ihn in meine Hände fallen, während ich innerlich schrie. Vorwürfe machten sich in mir breit und zerrten an meinem Verstand. Ich wusste nicht mehr weiter und sah Noah und Killian vor Augen, die sicher nur enttäuscht von mir wären.

Die unangenehme Stille wurde plötzlich unterbrochen.
"Er hat dich also markiert. Bist du jetzt stolz, Teil seines Rudels zu sein? Ich meine, andere mussten ja gehen, um dir Platz zu machen", zischte er mir von hinten ins Ohr und ich zuckte nur zusammen und legte meine Hände zitternd auf meinen Schoß.

Ich antwortete nicht und würdigte ihn auch keines Blickes, was ihn dazu veranlasste, mich samt Stuhl zu ihm umzudrehen. Er schaute mir hasserfüllt in die Augen und ich wich seinem Blick aus, was dazu führte, dass er mit viel zu viel Kraft an meinen Haaren zog, was mir ein leises Wimmern entlockte. Sein fester Griff zwang mich dazu, ihn anzusehen, auch wenn ich versuchte mich zu wehren.

"Du kleine Bastardhündin hast mir gefälligst zu antworten, wenn ich dich etwas frage. Hast du das verstanden? Jetzt ist niemand da, der dir helfen kann und es wird auch niemand kommen!"
Er genoss seine Macht über mich, das  konnte man an seinem Ausdruck erkennen. Wegen mir wurde er verstoßen, zurecht, wie ich mittlerweile feststellen musste. Sein Kopf neigte sich weiter herunter und er sah mich an wie ein Stück Fleisch. Ein Stück Fleisch, das er unbedingt zerstückeln wollte. Ich riss mich von ihm los und rutschte mit meinem Stuhl nach hinten, was ihn nur zum Grinsen brachte.

Als ich dann Schritte hörte und die Tür hinter mir geöffnet wurde, rannte ich ohne darüber nachzudenken auf sie zu. Ich wollte nur zu meinem Retter, doch das war kein Retter, es war Caleb, der mir genau gegenüber stand. Meine letzten Stunden würde ich also mit Brando und ihm verbringen, der reinste Alptraum. Ich drehte mich um zu Brando und wollte einfach aufgeben, bis mir ein süßlicher Geruch in die Nase fiel und ich mich erneut neugierig zur Tür drehte, an der hinter Caleb eine zarte Silhouette aus der Dunkelheit heraustrat und mir die Luft zum Atmen raubte.

Linda ....


The Alphas Mate - Unter dem Schutz der Rosen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt