Rote Wangen

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Stundenlang lagen wir noch aneinander gekuschelt im Bett, streichelten uns sanft und erkundeten den Körper des anderen, bis mir eine Frage auf der Seele brannte. Ich drehte meinen Kopf, der auf seinem Arm lag, in seine Richtung, um ihn genau anschauen zu können. Seine Augen waren geschlossen und er atmete langsam ein und aus, wirkte sichtlich entspannt. Kurz war ich mir unsicher, ob ich diese Atmosphäre stören wollte, doch ich musste es einfach wissen.

"War es dein erstes Mal?", fragte ich ihn unsicher, doch er grinste nur und machte langsam die Augen auf, um mich verwundert anzuschauen.
"Über sowas denkst du gerade nach?"

Das war mir Antwort genug, mehr wollte ich nicht wissen. Wäre es so, hätte er einfach ja gesagt und nicht mit einer Gegenfrage reagiert. Innerlich war ich eifersüchtig. Eifersüchtig auf etwas, das überhaupt nicht mehr aktuell war und trotzdem machte es mich sauer. Plötzlich fing er herzlich an zu lachen und nahm mit einer Hand mein Kinn, um mein Gesicht zu ihm zu drehen.
"Hör auf dir Gedanken zu machen. Es war mein erstes Mal und es war perfekt."
Liebevoll küsste er mir über das ganze Gesicht und ich musste davon kichern, denn seine Bartstoppel kitzelten mich überall.
"Hör auf", lachte ich und versuchte ihn von mir wegzudrücken, doch er schmiss sich auf mich und hörte nicht auf mich zu kitzeln, bis er nach einer Weile aufstand und ich endlich wieder zu Atem kam.

"Ich gehe duschen! Möchte Madame mich begleiten?", grinste er und schnappte sich eine Decke, um seinen nackten Körper darunter zu verbergen.
"Dusch lieber alleine, bei meinem Glück breche ich mir alle Knochen, wenn wir zu zweit in der kleinen Kabine stehen."
Lachend wandt er sich zum Schrank, um sich neue Klamotten zu nehmen und ging anschließend aus dem Zimmer, aber nicht, ohne mich vorher noch einmal verliebt anzuschauen.

Kaum war er aus der Tür, nahm die dünne Decke und legte sie über mich, um mich wunschlos glücklich in ihr einzukuscheln. Niemals hätte ich ihn vorher so eingeschätzt, wie er war. Er war nicht nur der Alpha, der hart und unberechenbar war. In ihm steckte so viel mehr. So viele Facetten, die mich alle faszinierten und mich glücklich machten.

Lächelnd stand ich kurz auf, um mir wenigstens Unterwäsche anzuziehen und mich anschließend wieder unter die Decke zu kuscheln. Nach diesem atemberaubenden Sex hatte ich endlich Zeit zu lesen und nach so einem schönen Tag wollte ich nicht über alles Schlimme nachdenken, also flüchtete ich mich lieber in ein neues Buch und kaum zwei Seiten gelesen, versank ich schon komplett in der Welt dieses Liebesromans.

***

Vor lauter Lesen bekam ich gar nicht mehr mit, dass es schon langsam dunkel wurde und mein Mate immer noch nicht zurück war. Ein wenig besorgt legte ich das Buch auf den Nachttisch, stand auf und zog mir eine weiße Jogginghose und das schwarze T-shirt meines Alphas an, das so gut nach ihm duftete, dass ich kurz innehielt und den Geruch tief einzog. Ein kurzer Blick in den Spiegel reichte, um festzustellen, dass meine Haare wie ein Vogelnest aussahen. Vorsichtig versuchte ich das Haargummi zu lösen und als ich es endlich geschafft hatte, bürstete ich sie ordentlich durch, sodass sie jetzt wellig bis über meine Schulter fielen. Zufrieden warf ich die Haarbürste auf das  Bett und tapste dann den dunklen Flur entlang, um an der Treppe Halt zu machen.

"Killian?", rief ich herunter, doch meine Antwort kam von oben.
"Ich bin hier."
Mit Blick nach oben nahm ich fröhlich Stufe für Stufe, um dann mit einem strahlendem Lächeln in sein Büro reinzuplatzen, in dem auch Damiano anwesend war. Mit roten Wangen verschwand mein Lächeln und ich schaute den Großen erschrocken an. Killian stand von seinem Schreibtisch auf und kam direkt auf mich zu.
"Komm, setz dich." Er schob mich sanft Richtung Sofa, auf dem auf der Beta saß und mir ein freundliches Grinsen entgegen warf. Meinen Blick auf ihn gerichtet, setzte ich mich neben ihn und überlegte kurz, wieso er so grinste, bis mir klar wurde, dass er als Killians bester Freund sicher wissen würde, was wir heute Mittag unten alles getan hatten.

"Hat dir das Buch bis jetzt zugesagt?", zog mein Mate meine Aufmerksamkeit auf sich und holte mich aus meinen peinlichen Gedanken. Er saß wieder auf seinem schwarzen Schreibtischstuhl an dem riesigen Tisch und wartete gespannt auf meine Antwort.

"Ja, es war bis jetzt recht spannend", stotterte ich leise, denn ich war von dieser Situation immer noch peinlich berührt. Ich wollte lieber alleine mit ihm sein. Ich war ja danach nichtmal duschen und saß jetzt weniger als einen Meter von Damiano entfernt. Beschämt stellte ich mir vor, dass er es vielleicht sogar riechen könnte, was meine Hände zum Schwitzen brachte und mich nervös auf dem Leder hin und her rutschen ließ.

Mein Alpha sah natürlich toll aus nach der Dusche, wie er anmutig da saß, mit den frisch gestylten Haaren und dem engen weißen Pullover, durch den ich seine Muskeln klar erkennen konnte. Und zack, das war es wieder mit meinem Verstand. Meine Gedanken waren wieder nur bei ihm und unserem ersten Mal, was mir Herzrasen und errötete Wangen verursachte.

"Ich gehe duschen", sagte ich lauter als gewollt und rannte schon fast aus dem Büro ohne einen von ihnen nochmal anzuschauen. Unten angekommen umfasste Killian plötzlich meine Taille und drehte mich zu ihm um.
"Was ist denn los?", fragte er besorgt, während er meine Wange streichelte und mir tief in die Augen blickte.
"Hast du Damiano das von uns erzählt?", flüsterte ich so leise es ging. Ich wollte vermeiden, dass der Werwolf oben uns hören konnte.
"Nein, wieso?", grinste er und schüttelte verneinend den Kopf.
"Weil er mich so komisch angegrinst hat."
"Quatsch", meinte er und gab mir einen kurzen, aber intensiven Kuss auf meine nach ihm süchtigen Lippen, um sich mir dann lächelnd wieder zu entziehen.
"Er hat sich nur gefreut. Er sieht, dass du mein T-Shirt trägst, was mich übrigens auch ziemlich verrückt macht und er ist glücklich, dass ich glücklich bin. Das ist alles."

Erleichtert über seine Worte atmete ich aus und umarmte ihn fest. Halb in seine Brust sprechend wollte ich noch eine Sache wissen.
"Was macht er so spät noch hier?"
Mein Blick richtete sich jetzt wieder auf ihn hoch.
"Nichts wichtiges. Wir versuchen Lösungen für alles zu finden. Seit meine Mutter wieder da ist, hat sich alles ein wenig beruhigt, doch wir wollen verhindern, dass etwas Schlimmes passiert. Wir kennen ihn alle, er wird sicher nicht locker lassen."

Darauf wusste ich nichts mehr zu sagen. Ich nickte ihm nur zu und gab ihm dann einen süßen Kuss auf die Wange, worüber er sich sichtlich freute und machte mich auf den Weg ins Badezimmer, um endlich zu duschen. Die Gedanken um Caleb zogen meine Laune zwar nach unten, aber ich versuchte sie zu verdrängen. Es brachte nichts, sich verrückt zu machen über etwas, das man sowieso nicht verhindern konnte. Außerdem war er alleine und wir waren ein ganzes Rudel. Dazu Damiano, der alleine wahrscheinlich zehn von Calebs Sorte auseinander nehmen konnte.

Ich schüttelte die Gedanken ab, genau wie meine Klamotten und sprang ins warme Nass, um mich den Klängen des prasselnden Wassers hinzugeben und alles andere auszublenden.



The Alphas Mate - Unter dem Schutz der Rosen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt