Mein Schutzengel

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Nachdem der Geländewagen nicht mehr zu sehen war, vergingen nur einige Minuten, bis Angst und Panik wieder alles in mir einnahmen. Die Geborgenheit, die Killian mir sonst immer übertrug, war mit ihm verschwunden, genauso wie Resul und Damiano.

Wie in Trance starrte ich aus dem Fenster, nahm Wind und Regen wahr und auch einzelne Menschen, die mit Regenschirmen bewaffnet unten auf den Straßen herum liefen. Ich wusste nicht, wieso ich immer noch aus dem Fenster schaute, doch es war wohl der kleine Funken Hoffnung in mir, der glaubte, der Geländewagen würde wieder zurückkommen. Doch jede weitere Minute, die verging, nahm mir immer mehr den Glauben daran und so musste ich mein Schicksal akzeptieren.

Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine Markierung und versuchte, so in Gedanken wenigstens bei ihm zu sein. Sie tat überhaupt nicht weh und strahlte sogar ein bisschen seiner Wärme aus, was mir ein Lächeln ins Gesicht zauberte, das aber sofort wieder verschwand.

"Wie ich sehe, sind wir jetzt allein."
Ich schaute herüber zur Haustür und sah einem strahlenden Caleb entgegen, der dabei war, seinen Regenschirm in einen Ständer zustellen.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals und schmerzte vor Angst, während ich wie angewurzelt da stand und unfähig war, mich zu bewegen. Diese ganze Atmosphäre erinnerte mich an den Abend des Balls, doch diesesmal würde keiner kommen, um mich zu retten.

Als er langsam auf mich zukam, wich ich seinem Blick aus und schaute erneut nach draußen, bis ich seine Hand auf meiner Markierung spürte und zusammenzuckte. Verwirrt schaute ich in sein grinsendes Gesicht und wäre ich nur ein wenig mutiger gewesen, hätte ich ihm auf jeden Fall eine geknallt. Alleine schon für seine hinterlistige Art.

"Ich werde uns etwas Tee aufsetzen", sprach er ruhig und drückte meine Schulter so fest, dass ein leises Wimmern über meine Lippen kam, denn es tat weh und das wollte er sicher auch mit seinem Händedruck bezwecken. Als er sich endlich von mir abwandte und schnellen Schrittes zur Küche lief, kam mir ein grausamer Gedanke, der sich ausbreitete wie ein Virus und alles in meinem Verstand einnahm.

Gift
 
Mit großen Augen drehte ich mich vorsichtig um und sah ihm dabei zu, wie er mit dem Rücken zu mir zwei Tassen bereitstellte und den Wasserkocher anschaltete, während er leise vor sich hin pfeifte und mit dem ganzen Körper wippte. Ich kam mir vor wie in einem schlecht gedrehten Psychothriller und versuchte mir vorzustellen, wie das Opfer sich in so einem Film verhalten würde und schaute dann herüber zur Haustür, um mir auszurechnen, wie lange ich brauchen würde und ob er mich einholen könnte.

Als ich seine Schritte auf mich zukommen hörte, rannte ich ohne weiter darüber nachzudenken los und riss panisch die Haustür auf, um anschließend, ohne auch nur einmal zurückzuschauen, den Hügel hinabzulaufen. Auch nach etlichen Straßen traute ich mich nicht, stehen zu bleiben, er könnte hinter mir her sein, das war mein mich antreibender Gedanke.

Ich kam wieder an dem Park vorbei, wo Tage zuvor noch gegrillt und gelacht wurde, doch an diesem Tag war niemand hier unterwegs. Wer würde sich auch schon freiwillig diesem Unwetter aussetzen.

Als meine Ausdauer mich langsam verließ, bog ich in eine kleine Nebenstraße ein, die außer drei Häusern und einer Sackgasse nichts zu bieten hatte. Kraftlos und außer Atem setzte ich mich auf den kalten Bordstein und versuchte mich zu beruhigen. Ich fühlte mich verloren und wäre am Liebsten zusammengebrochen und das wäre ich wahrscheinlich auch, wäre dann nicht mein Schutzengel aufgetaucht.

"Mädchen, was machst du denn hier?! Komm mit. Ich wohne gleich hier vorne", sprach eine vertraute Stimme und als ich dann nach oben schaute, sah ich direkt in Noahs besorgtes Gesicht. Er warf seinen Gehstock beiseite und hielt mir helfend seine Hand hin, die ich schweigend annahm und mir von ihm auf die Beine helfen ließ, um anschließend von ihm schützend unter seinen gelben Regenschirm gezogen zu werden.

The Alphas Mate - Unter dem Schutz der Rosen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt