Er ist weg

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Im Rudelhaus standen wir uns nun gegenüber. Den ganzen Heimweg über sagte er kein Wort mehr und ich war zu aufgewühlt, um auch nur irgendein Wort herauszubekommen, denn ich machte mir nur noch Sorgen um alles und jeden, vor allem um das, was jetzt kommen würde. Er nahm ruhig meine Hand, atmete einmal tief durch und suchte dann meinen Blick.

"Du wirst eine Zeit lang zu Noah gehen. Ich muss mein Rudel unterstützen und dort ist es sicherer für dich."
Entsetzt entzog ich ihm meine Hand und starrte ihn verwirrt an.
"Auf gar keinen Fall! Ich werde ganz sicher nicht mehr zulassen, dass alle sich wegen mir in Gefahr bringen, besonders nicht du", zischte ich ihn besorgt an, während ich ihm flehend in die Augen sah.
"Wir finden eine andere Lösung! Ich will auch nicht mehr, dass deine Rudelmitglieder angegriffen werden, aber dich selbst auch  noch in Gefahr zu bringen, hilft auch keinem weiter!"
Meine Stimme brach immer wieder. Ein Gemisch aus Wut und Trauer sprach aus mir heraus. Seine Hand suchte erneut meine und er sprach mit ruhiger Stimme auf mich ein.

"Geh erstmal duschen. Wir reden danach nochmal. Ich ziehe mich auch kurz um."
Mit einem Handkuss wandt er sich zur Treppe und verschwand im ersten Stock. Ich meinte kurz, Tränen in seinen Augen gesehen zu haben, war mir aber nicht sicher, war nur erleichtert, dass er das Gespräch auf später verschieben würde. Die Nacht hatte gerade erst angefangen, so Schlimmes ist schon passiert und ich wollte mich erstmal beruhigen. Erschöpft ging ich dann nach oben ins Bad, zog die blutigen Sachen aus und stieg wie betäubt in die Dusche.

Das Gesicht auf den Boden der Kabine gerichtet, sah ich Liams Blut, wie es im Abfluss verschwand. Wie gelähmt stand ich eine Weile da und beobachtete das Wasser dabei, wie es immer klarer wurde. In Gedanken spielte ich alles immer und immer wieder ab, konnte einfach nicht glauben, dass das alles wirklich passiert war, dass mein Leben so ein Chaos geworden war. Ich wünschte mich an den Tag meines letzten Schultages zurück. Wäre ich doch bloß nie auf den Ball gegangen, dann wäre das alles nie passiert.

Mit dröhnenden Kopfschmerzen griff ich mir ein Handtuch und zog es fest um mich, lief schnell ins Zimmer und wollte nur noch in Killians Nähe, um wieder etwas zu spüren, denn nach allem was geschehen war, fühlte ich mich ohne ihn innerlich leer und einsam.

Im Zimmer war er nicht, also zog ich mich schnell an. Schwarze Schlafhose und gelbes Top. Meine braunen Haare drehte ich mir zu einem hohen Dutt zusammen und lief dann zur Treppe und herunter in die Küche. Auf der untersten Stufe blieb ich dann wie angewurzelt stehen.

"Wo ist er?", fragte ich und war dabei fast schon am Schreien. Damiano stand mit einem Rucksack in der Hand an der Tür und schaute beschämt nach unten. Langsam und wütend ging ich auf den Großen zu.
"Du sagst mir sofort, wo er ist, Damiano!"
Er antwortete nicht, sah immer noch zu Boden und machte mit einer Hand die Tür auf. Gerade als ich mich umdrehen und zurück die Treppe hochgehen wollte, spürte ich seine Hand an meiner.
"Alicia, bitte komm mit. Er kommt erstmal nicht zurück und du bist da sicherer."
Ich wandt mich wieder zu ihm. Mein Inneres brannte vor Wut und am Liebsten hätte ich mich verwandelt, um die ganze Wohnung auseinander zu nehmen. Er hatte mich nicht nur alleine gelassen und sich in Gefahr gebracht, er hatte mich sogar noch belogen und mich damit im Glauben gelassen, dass wir nebeneinander einschlafen würden, um morgen alles weitere zu besprechen. Hätte ich gewusst, dass er nicht mehr da wäre, wäre ich in der Dusche geblieben und nie wieder heraus gekommen.

Widerwillig folgte ich Damiano zum Auto und stieg, ohne ihm einen Blick zu schenken oder ein Wort zu sagen, ein. Während der Fahrt schaute ich nur den vorbeiziehenden Häusern und Bäumen zu und wünschte mir nichts mehr, als ein reiner Werwolf zu sein. 

Angekommen bei Noah stand Resul vor der Tür und auch er schaute beschämt zu Boden. Anscheinend wusste jeder, dass der Alpha auf die Jagd gegangen war, außer mir. Ich wurde nur übel reingelegt und im Dunklen gelassen.

Damiano stieg aus, schnappte meinen Rucksack vom Rücksitz und hielt mir zuvorkommend die Autotür auf. Beim Aussteigen riss ich ihm wütend meinen Rucksack aus der Hand und ging, ohne beide nur eines Blickes zu würdigen, an ihnen vorbei zur Tür, die auch schnell von Noah geöffnet wurde. Er stand mit Linda im kleinen Flur und wollte meinen Rucksack entgegen nehmen, doch ich ging vorbei, lief in das Zimmer das ich schon kannte und knallte die Tür zu. Voller Hass und Trauer legte ich mich auf das kleine Bett und starrte die mir bekannte Wand an.

Mir gingen so viele Dinge durch den Kopf, dass ich nicht mehr wusste, was ich empfinden sollte und erschöpft schloss ich die schweren Lider. Ich wollte nur noch schlafen, am Besten wie Dornröschen und erst wieder aufwachen, wenn mein Prinz mich wachküssen würde.

The Alphas Mate - Unter dem Schutz der Rosen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt